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30. Oktober 2024
„Erste Führungserfahrung“ in Jobanzeige Altersdiskriminierung?
Keine Altersdiskriminierung: „Erste Führungserfahrung“ in Stellenanzeige

„Erste Führungserfahrung“ in Jobanzeige Altersdiskriminierung?

Der Text „erste Führungserfahrung“ in einer Stellenausschreibung verweist nicht auf einen bestimmten Lebenszeitkorridor und stellt somit kein Indiz für eine Benachteiligung wegen des Alters. Dies hat kürzlich das Landesarbeitsgericht Köln entschieden.

Der Begriff „erste Führungserfahrung“ wird in Stellenausschreibungen häufig verwendet. Die Formulierung zielt auf Kandidaten ab, die sich in der Anfangsphase ihrer Führungskarriere befinden, aber schon Grundkenntnisse und praktische Erfahrung in der Leitung von Teams oder Projekten mitbringen. Ob dieser Begriff altersdiskriminierend ist, damit hatte sich das Landesarbeitsgericht Köln (LAG) zu beschäftigen.

Ein Unternehmen suchte per Stellenausschreibung „eine/n Managementtrainer/-in mit Vertriebsverantwortung (m/w/d)“. Als erstes Kriterium stand die Formulierung „erste Erfahrung in Führungspositionen in der Stellenanzeige.

Bewerber fordert 10.000 Euro Schadenersatz wegen Altersdiskriminierung

Ein Mann, Jahrgang 1967 und damit 56 Jahre alt, bewarb sich auf die besagte Stelle. Er erhielt zuerst ein Eingangsschreiben und schließlich eine Absage. Der Bewerber bat das Unternehmen mit Berufung auf das AGG um Auskunft, an welcher Stelle seine Qualifikation nicht zu den Anforderungen gepasst habe. Das Unternehmen legte die Gründe für die Ablehnung aber nicht dar, führte aber die Suche fort.

Der Mann machte deshalb außergerichtlich einen Entschädigungsanspruch gegenüber dem Unternehmen geltend, blieb damit erfolglos und verfolgte sein Begehren schließlich vor dem Arbeitsgericht Bonn (ArbG) weiter. Er forderte eine Entschädigung aufgrund Altersdiskriminierung und klagte auf rund 10.000 Euro Schadensersatz. Das ArbG Bonn wies die Klage ab, auch die Berufung beim LAG Köln blieb schließlich erfolglos.

Beschreibt Formulierung Lebenskorridor zwischen 38 bis 42?

Der Kläger führte konkret an, dass das Kriterium in der Stellenanzeige „erste Erfahrungen in Führungspositionen“ nach seiner Auffassung zu einer unmittelbaren Diskriminierung wegen des Alters führe. Durch diese Vorgabe habe das Unternehmen einen gewünschten Alterskorridor vorgegeben, wonach die Bewerber rund 38 bis 42 Jahre alt sein sollten, während alle übrigen Bewerber, die also entweder jünger als der Zielkorridor oder – wie er – älter seien, direkt aus dem Bewerbungsverfahren aussortiert würden.

Jüngere Bewerber könnten in den deutschen stark von Hierarchie geprägten Unternehmen noch über keine Erfahrungen in Führungspositionen verfügen, dafür seien das Zeigen von Leistungen und zumindest mehrere Jahre Berufserfahrung Voraussetzung. Ältere Bewerber wie er würden nicht in die engere Wahl einbezogen werden, weil diese bereits über eine langjährige Berufserfahrung in Führungspositionen verfügten. Er selbst sei für die Stelle zu 100% geeignet und erfülle alle Anforderungen, welche in der Stellenanzeige gefordert würden. Die Absage ließe sich somit nur aufgrund des Aussortierens wegen des Alters des Klägers erklären.

Gericht kann Auffassung des Klägers nicht folgen.

Das LAG Köln entschied wie das ArbG Bonn, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung eines Schadensersatzanspruchs hat. Zwar habe der Kläger eine Maßnahme des beklagten Unternehmens dargestellt, die sich für ihn als nachteilig erweist, nämlich das auf seine Bewerbung ihm zugesandte Ablehnungsschreiben. Es sind aber keine Tatsachen erkennbar, aus denen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geschlossen werden könnte, dass im Motivbündel der Beklagten ein verpöntes Merkmal, also ein nach §§ 1, 7 AGG verbotenes Differenzierungskriterium, hier insbesondere das Alter, eine Rolle gespielt hätte. Die bloße Gleichzeitigkeit eines verpönten Merkmals mit einer nachteiligen Behandlung reicht als Indiztatsache im Sinne des § 22 AGG nicht aus.

Erste Führungserfahrung nicht abhängig vom Alter

Die Formulierung „erste Führungserfahrung“ verweist nach Ansicht des Gerichts nicht auf einen bestimmten Lebenszeitkorridor. Eine 18-jährige Soldatin könne als Gruppenführerin erste Führungserfahrung behaupten dürfen; ein 60-Jähriger, der 40 Jahre Selbstständigkeit hinter sich hat und seit einem Jahr im Angestelltenverhältnis mit fünf Mitarbeitenden tätig ist, hat unter dem Blickwinkel „Führungserfahrung“ nicht mehr zu bieten, aber gerade dies: erste Führungserfahrung. Insofern konnte das Gericht den Ausführungen des Bewerbers nicht folgen.

Zusammenfassend heißt es im Urteil: Es fehlt nach alledem bereits an einem Indiz für eine Diskriminierung im Sinne des § 22 AGG. Ein Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG scheidet daher aus. Da es wie gezeigt an einer Benachteiligung aufgrund eines gemäß § 1 AGG verpönten Merkmals, also an einer Diskriminierung fehlt kommt auch ein Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag nicht in Frage.

LAG Köln, Urteil vom 20.06.02024 – Az: 6 Sa 632/23

 

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