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4. November 2024
Sittenwidrig: Mietvertrag als Ersatz für geplatzten Wohnungskauf
Sittenwidrig: Mietvertrag als Ersatz für geplatzten Wohnungskauf

Sittenwidrig: Mietvertrag als Ersatz für geplatzten Wohnungskauf

Kann der Verkäufer einer Eigentumswohnung den Kaufvertrag aufgrund eigener Fehler nicht erfüllen, kann das Angebot eines Mietvertrags mit der Bedingung, auf Schadensersatz zu verzichten, als sittenwidrig gelten. Das entschied ein Gericht.

Das Amtsgericht Hanau (AG) hat entschieden, dass der Verkäufer einer Eigentumswohnung sittenwidrig handelt, wenn er die Wohnung nicht fristgerecht veräußern kann und den Käufern stattdessen einen Mietvertrag bei Verzicht auf alle Schadensersatzansprüche anbietet.

Aus Kauf wird ein Mietvertrag

Der Fall: Die Parteien schlossen einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung. Kurz vor dem vereinbarten Stichtag informierte die Verkäuferin die Käufer, dass aufgrund eines Fehlers in der Teilungserklärung die Vormerkung nicht ins Grundbuch eingetragen und der Vertrag daher vorerst nicht vollzogen werden könne. Stattdessen bot sie ihnen an, einen Mietvertrag über die Wohnung abzuschließen, unter der Bedingung, auf Schadensersatzansprüche wegen der Verzögerung zu verzichten. Die Käufer stimmten zu, da ihre bisherige Mietwohnung bereits gekündigt war und die Käuferin schwanger war. Sie zahlten die Miete zunächst vollständig, rechneten diese jedoch teilweise mit den Finanzierungskosten ihrer Bank auf, die den Kaufpreis weiterhin bereithielt

Schließlich kam es zur Klage vonseiten der Verkäuferin, weil die Mietzahlungen der potenziellen Käufer ausblieben. Sie beriefen sich darauf, dass der Vertrag sittenwidrig sei.

Mietvertrag und Verzichtserklärung sind sittenwidrig

Das AG Hanau entschied zugunsten der Käufer, dass die Verkäuferin keine weiteren Mietzahlungen verlangen kann. Sowohl der Mietvertrag als auch die Verzichtserklärung seien sittenwidrig. Es habe keinen Grund für die Käufer gegeben, diese Verträge abzuschließen, da die Verkäuferin für die Verzögerung verantwortlich war. Zudem hätten die Mietzahlungen zumindest auf den Kaufpreis angerechnet werden müssen. Die Verkäuferin habe vielmehr die Zwangslage der Käufer ausgenutzt. Zwar hätten die Käufer ohnehin die laufenden Kosten der Wohnung tragen müssen, diese waren jedoch durch die geleisteten Zahlungen gedeckt.

Der Verzicht auf Schadensersatz unterlag außerdem der notariellen Beurkundungspflicht, da er den Kaufvertrag inhaltlich veränderte.

AG Hanau, Urteil vom 15.03.2024 – Az: 32 C 243/21

 

Bild: © Paula – stock.adobe.com