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5. September 2024
Schlimmer Unfall: Keine Mithaftung für nicht angeschnallte Mitfahrerin

Schlimmer Unfall: Keine Mithaftung für nicht angeschnallte Mitfahrerin

Die Gurtpflicht soll auch eigene Mitfahrer schützen. Doch noch immer schnallen sich nicht alle an. Bei einem Unfall, der von einem entgegenkommenden Auto verursacht wurde, kam es so wohl zu schlimmen Verletzungen. Der Versicherer sah eine Mithaftung bei der nicht angeschnallten Insassin.

Das Oberlandesgericht Köln (OLG) hat mit Urteil vom 27.08.2024 entschieden, dass Fahrzeuginsassen, die entgegen der Gurtpflicht gemäß § 21a Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung nicht angeschnallt sind und dadurch andere Mitfahrer verletzen, selbst haftbar gemacht werden können. Bei der gesetzlichen Gurtpflicht handele sich um eine Norm, die auch die anderen Fahrzeuginsassen schützen solle. Trotz dieser grundsätzlichen Aussage scheiterte ein Haftpflichtversicherer mit seiner Klage, einer nicht angeschnallten Fahrzeuginsassin eine Mithaftung zuzuschreiben.

Betrunkener Autofahrer verursacht schlimmen Unfall

Im konkreten Fall ging es um einen schlimmen Unfall. Ein betrunkener Autofahrer kam auf der Landstraße aufgrund zu hoher Geschwindigkeit von seiner Spur ab und kollidierte mit einem entgegenkommenden Fahrzeug mit drei Insassinnen. Der Autofahrer verstarb, die Insassinnen des geschädigten Autos erfuhren schwere Verletzungen. Unter anderem bohrte sich das Knie einer nicht angeschnallten Frau auf der Rückbank des Autos durch den Vordersitz, was zu weiteren Schäden bei der Beifahrerin führte. Der Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers sah deshalb bei der Frau ohne Gurt eine Mithaftung für die Verletzungen der Beifahrerin.

Nicht angeschnallte Insassin verursacht Verletzungen an Beifahrerin

Der Versicherer nahm die Frau als behauptete Mitverursacherin der Verletzungen der Geschädigten auf Erstattung von 70% der von ihr bisher an diese in sechsstelliger Höhe erbrachten Leistungen sowie für künftige Zahlungen in Anspruch. Die Gesellschaft verwies auf Sachverständigengutachten, wonach die Nichteinhaltung der Gurtpflicht durch die Beklagte dazu geführt habe, dass deren Knie im Zeitpunkt des Aufpralls in die Rückenlehne des Beifahrersitzes eingedrungen seien und erhebliche Verletzungen der Geschädigten im Bereich der Lendenwirbelsäule und des Brustkorbs verursacht hätten. Das Landgericht Bonn (LG) wies die Klage ab und auch bei der Berufung beim Oberlandesgericht Köln (OLG) blitzte der Versicherer ab.

Strafwürdiges Verhalten des betrunkenen Autofahrers überwiegt

Beide lehnten eine Mithaftung der nicht angeschnallten Insassin für die unfallbedingten Verletzungen der Geschädigten ab. Die von § 21a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 StVO geregelte Gurtpflicht stelle zwar eine drittschützende Norm im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar, weil die Fahrzeuginsassen gerade auch vor den Folgen der Verletzung durch nicht angeschnallte andere Mitfahrer bewahrt werden sollten. Angesichts des strafwürdigen, grob verkehrswidrigen und rücksichtslosen Verhaltens des betrunkenen Autofahrers, also dem Versicherungsnehmer des klagenden Versicherers, trete eine mögliche Mithaftung der nicht angeschnallten Beklagten zurück.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Eine Revision hat das OLG zwar nicht zugelassen, aber dagegen kann der Versicherer noch eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen. (bh)

OLG Köln, Urteil vom 27.08.2024 – Az: 3 U 81/23

Vorinstanz: LG Bonn, Urteil vom 21.07.2023 – Az: 1 O 254/22

 

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