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19. August 2024
Streit über Leistungsausschluss in der Auslandskrankenversicherung
 Streit über Leistungsausschluss in der Auslandskrankenversicherung

Streit über Leistungsausschluss in der Auslandskrankenversicherung

Kann ein Versicherter erkennen, ob ein „bekannter medizinischer Zustand“ bei einer Auslandsreisekrankenversicherung zu einem Leistungsausschluss führt? Nein, sagt der BGH im Falle eines USA-Reisenden und erklärt die entsprechende Ausschlussklausel für intransparent.

Ein Versicherter, bei dem bereits bei Reisebuchung ein Diabetes Mellitus Typ 2 bestand und der während eines Florida-Urlaubs einige Tage stationär behandelt werden musste, unterhielt bei einem Versicherer eine Auslandskrankenschutzversicherung. Nach dessen Versicherungsbedingungen gehen, wenn im Schadensfall eine Entschädigung aus anderen Versicherungsverträgen beansprucht werden kann, diese Leistungsverpflichtungen vor (Subsidiaritätsklausel).

Gleichzeitig verfügte der Reisende über eine Kreditkarte (Miles & More Credit Card), die mit einem anderen Versicherer einen Gruppenversicherungsvertrag einschließlich einer Auslandsreisekrankenversicherung zugunsten der Kreditkarteninhaber abgeschlossen hatte.

Mehrfachversicherung - Hälftige Beteiligung an Kosten?

In den Bedingungen dieses zweiten Versicherungsvertrags gibt es einen Leistungsausschluss, wenn der versicherten Person bei Beantragung der Kreditkarte oder bei Reisebuchung ein medizinischer Zustand bekannt ist. Als nun der erste Versicherer, der für die Behandlungskosten von rund 35.000 Euro gegenüber dem Versicherten aufkam, hat von dem Versicherer, der der Risikoträger hinter der Kreditkarte war, Regressansprüche über etwa die Hälfte der Kosten geltend gemacht. Dieser wollte sich jedoch an den Kosten nicht beteiligen und berief sich auf den Leistungsausschluss aufgrund der bekannten Diabetes.

So kam es zum Rechtsstreit bis vor dem Bundesgerichtshof (BGH), bei dem die zahlende Versicherung Berufung eingelegt und mit der Revision Erfolg hatte. Der Fall geht nun erneut an die Vorinstanz, die nun unter der neuen Prämisse weitere Fragen klären muss. So muss etwa noch ein begründeter Mindestbetrag für die Ersatzansprüche ermittelt und Feststellungen zu Wechselkursen getroffen werden.

Intransparente Klausel: Was bedeutet „medizinischer Zustand“?

Der BGH entschied, dass sich der Anspruch aus § 78 Abs. 2 VVG ergebe, soweit er sich aus den für die Behandlung und den Transport erbrachten Zahlungen zusammensetze. Eine Mehrfachversicherung liege vor und die in den AVB enthaltene Subsidiaritätsklausel stehe einem Ausgleichsanspruch der Klägerin (der zahlende Versicherer) nicht entgegen; auch sei die Reise, obgleich für länger als 90 Tage geplant, versichert. Die Erkrankung des Versicherten, eine Bakteriämie auf Basis eines Harnweginfekts und eine Entgleisung seines Diabetes (Ketoazidose), sei unvorhergesehen gewesen. Die Ausschlussklausel zum „bekannten medizinischen Zustand“ verstoße gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die Klausel sei in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht verständlich. Bei einer den Versicherungsschutz einschränkenden Ausschlussklausel müssen dem Versicherungsnehmer zudem die damit verbundenen Nachteile und Belastungen, soweit nach den Umständen möglich, so verdeutlicht werden, dass er den danach noch bestehenden Umfang der Versicherung erkennen kann. In diesem Fall war nicht klar, was mit dem bekannten medizinischen Zustand gemeint ist. Welche Beziehung zwischen einer bereits vorher bekannten Erkrankung und dem Versicherungsfall damit erfasst werden solle, ergibt sich aus dem Wortlaut nicht, so das Gericht. (bh)

BGH, Urteil vom 10.07.2024 – Az: IV ZR 129/23

Vorinstanzen:

LG Köln, Entscheidung vom 09.11.2022 – Az. 20 O 710/21

OLG Köln, Entscheidung vom 16.06.2023 – Az. 20 U 360/22

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