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20. August 2024
Inflation begründet keine Mieterhöhung über Mietspiegel

Inflation begründet keine Mieterhöhung über Mietspiegel

Eine ungewöhnliche Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete über den Mietspiegel hinaus lässt sich nicht mit einem Anstieg des Verbrauchpreisindex begründen, so das Landgericht München. Es ist eine Entscheidung von grundlegender Bedeutung.

Der Stichtagszuschlag beschreibt eine Mieterhöhung, die zu einem festgelegten Zeitpunkt wirksam wird, um die Miete an gestiegene Marktpreise oder Kosten anzupassen. In der Praxis fordern Vermieter dabei mitunter Erhöhungen, die über die Anpassung der Miete anhand des Mietspiegels hinausgehen, und berufen sich auf die gestiegene Inflation seit dem Erlass des Mietspiegels. Das Landgericht München I (LG) hat in einem richtungsweisenden Urteil jedoch klare Grenzen für dieses Vorgehen gesetzt, was weitreichende Konsequenzen für zahlreiche Mietverhältnisse in München hat.

Beim Amtsgericht München (AG) wurden in Erstinstanz die Fragen rund um den Stichtagszuschlag bislang uneinheitlich beurteilt. Derzeit sind zahlreiche Berufungsverfahren beim Landgericht München I anhängig, in denen es darum geht, ob der Verweis auf den Verbraucherpreisindex allein ausreicht, um einen Stichtagszuschlag zu rechtfertigen. In anderen Städten dürfte es ähnlich sein.

Mit der Grundsatzentscheidung vom 17.07.2024 teilte die 14. Zivilkammer des LG München I, die so genannte Mietberufungskammer, erstmals ihre grundsätzliche rechtliche Einschätzung zum Stichtagszuschlag mit. In Kürze: Ein solcher lasse sich jedenfalls nicht mit dem Anstieg des Verbraucherpreisindex (Inflation) begründen.

Vermieter: Berücksichtigung der Stichtagsdifferenz sei sachgerecht

In dem betroffenen Fall begehrte eine Vermieterin vom Mieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung. Die Vermieterin vertrat insbesondere die Ansicht, es sei in Zeiten hoher Inflation die Berücksichtigung einer Stichtagsdifferenz sachgerecht. Sie forderte deshalb einen Zuschlag zu den Mietwerten des Mietspiegels 2023 wegen einer ungewöhnlichen Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete, die in der Zeit zwischen der Datenerhebung zum Mietspiegel und dem Zugang des Mieterhöhungsverlangens eingetreten sei.

Gericht steht weiter Beurteilungsspielraum zu

Der beim AG München zur Entscheidung berufene Richter ist dieser Auffassung nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Das LG München I teilte die Auffassung des Erstgerichts und führte insbesondere aus:

Zwar komme den Gerichten nach einem Urteil des BGH aus dem Jahr 2013 bei Beurteilung eines Mieterhöhungsverlangens in Fällen, in denen zwischen dem Erhebungsstichtag eines Mietspiegels und dem Zugang des Zustimmungsverlangens nachträglich „ungewöhnliche Steigerungen der ortsüblichen Vergleichsmiete“ festzustellen sind, ein weiter Beurteilungsspielraum zu. In dessen Rahmen ist das Tatgericht grundsätzlich auch befugt, einen Stichtagszuschlag vorzunehmen, wenn dies dem Gericht zur Bildung einer sachgerechten Einzelvergleichsmiete angemessen erscheint.

Nach Einschätzung des LG hat das Erstgericht vorliegend seinen Beurteilungsspielraum eingehalten. Insbesondere habe es eine ungewöhnliche Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete zutreffend verneint. Dies wurde auch damit begründet, dass ein Anstieg nach dem Index für Nettokaltmieten in Bayern von nur wenig mehr als 3% keinen außergewöhnlichen Mietanstieg bedeutet.

Verbraucherpreisindex trifft keine Aussage zu Wohnungsmieten

Zudem weist das Gericht ausdrücklich daraufhin, dass dem Verbraucherpreisindex für den spezifischen Anstieg der Wohnungsmieten und erst recht für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete keine belastbare Aussage entnommen werden. (bh)

LG München I, Hinweisbeschluss vom 07.07.2024 – Az.: 14 S 3692/24

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