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9. August 2024
Wechsel von der PKV in die GKV bei kurzzeitigem Teilrentenbezug?

Wechsel von der PKV in die GKV bei kurzzeitigem Teilrentenbezug?

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat sich in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob Rentner durch die vorübergehende Wahl einer Teilrente von der privaten Krankenversicherung dauerhaft in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln können.

Ein Wechsel von der privaten Krankenversicherung (PKV) dauerhaft in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist im höheren Alter kaum mehr möglich. Zuletzt hatten Medien allerdings vermehrt von „Schlupflöchern“ berichtet. Ein Wechsel ist nämlich unter Umständen möglich, wenn man eine versicherungspflichtige EU-Auslandstätigkeit ausübt. Nun sind allerdings zweifelhafte Anbieter aktiv, die wohl eher mit Schein- denn mit realen Tätigkeiten aufwarten. Diesem Treiben will das Bundesgesundheitsministerium nun aber Einhalt gebieten.

Raus aus der PKV nach Renteneintritt

Einen anderen Weg, um noch im Rentenalter von der PKV in die GKV zu wechseln, suchte ein 1954 geborener Mann in Brandenburg. Er ist seit 2008 privat krankenversichert und seit Juli 2019 verheiratet. Zum 01.05.2020 trat er in den Ruhestand, meldete zum 15.05.2021 sein Gewerbe ab und beendete damit die Ausübung seiner hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit.

Von der PKV in die Familienversicherung der Ehefrau?

Der Mann bezieht neben einer Betriebsrente auch eine Rente von der Deutschen Rentenversicherung. Zum 01.09.2021 beantragte er, nur einen Teil seiner Rente auszahlen zu lassen. Anschließend stellte er den Antrag, aufgrund seines nun unter der maßgeblichen Einkommensgrenze liegenden Monatseinkommens in die beitragsfreie gesetzliche Familienversicherung seiner Ehefrau aufgenommen zu werden. Dabei informierte er die Krankenkasse, dass er nach drei bis vier Monaten wieder seine volle Rente beziehen wolle, aber dennoch in der GKV bleiben möchte.

Die Krankenkasse seiner Ehefrau lehnte dies jedoch ab. Sie argumentierte, dass die Teilrente nur vorübergehend sei und bei der Berechnung der Einkommensgrenze der Jahresdurchschnitt berücksichtigt werden müsse. Daher sei auch die deutlich höhere Vollrente, die der Mann später erhalten werde, in die Berechnung einzubeziehen.

Die Entscheidung der Krankenkasse gefiel dem Ehepaar nicht, es klagte. Vor dem Sozialgericht Neuruppin blieb die Klage jedoch ohne Erfolg. Die missbräuchliche Wahl der Teilrente eröffne nicht den Weg in die GKV. Der Rentner ging in Berufung und verwies darauf, dass er lediglich sein legitimes gesetzliches Gestaltungsrecht gegenüber der Rentenversicherung genutzt habe.

Doch auch vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg blitzte der Mann ab. Das Gericht bestätigt, dass eine Teilrente für nur drei bis vier Monate regelmäßig keinen Wechsel von der PKV in die gesetzliche Familienversicherung ermögliche. Die Wahl einer Teilrente sei zwar zulässig, ein nur vorübergehender Bezug stelle jedoch kein regelmäßiges Einkommen dar. Vielmehr sei prognostisch für die kommenden zwölf Monate ein Durchschnittseinkommen zu bilden aus derzeitiger Teilrente und beabsichtigter Vollrente. Bezieher von Renten seien nur dann in der Familienversicherung zu versichern, wenn dieses Durchschnittseinkommen geringer sei als die maßgebliche Einkommensgrenze.

Diese Auslegung sei zum Schutz der Solidargemeinschaft der Krankenversicherung geboten. Die Familienversicherung solle Familien entlasten. Daher seien nur solche Familienangehörige beitragsfrei mitzuversichern, die gegenwärtig und in absehbarer Zukunft bedürftig seien und blieben.

Rentenbezieher seien nur dann in die Familienversicherung aufzunehmen, wenn ihr durchschnittliches Einkommen unterhalb der relevanten Einkommensgrenze liegt. Diese Interpretation ist zum Schutz der Solidargemeinschaft der Krankenversicherung notwendig. Die Familienversicherung dient der Entlastung von Familien und sollte daher nur solche Familienmitglieder beitragsfrei versichern, die aktuell und voraussichtlich auch in Zukunft bedürftig sind.

Richter lassen Revision vor Bundessozialgericht zu

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Kläger kann beim Bundessozialgericht die Revision einlegen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der Senat die Revision zugelassen und auf die beabsichtigte Gesetzesänderung verwiesen, wonach der Weg in die Familienversicherung durch den Bezug einer Teilrente ausgeschlossen werden soll.

LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.07.2024 – Az. L 14 KR 129/24

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