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2. August 2024
Bestandsverkäufe: Warum gibt es nur positive Berichte?

Bestandsverkäufe: Warum gibt es nur positive Berichte?

Berichte von Unternehmensnachfolgen oder Bestandsverkäufen erscheinen fast ausschließlich als Erfolgsgeschichten. Warum ist das so? Mit dieser Frage hat sich Andreas Grimm in seiner Kolumne beschäftigt.

Ein Artikel von Andreas Grimm

Liest man Berichte von Unternehmensnachfolgen oder Bestandsverkäufen, erscheinen sie fast ausschließlich als Erfolgsgeschichten. Fotos zeigen strahlende Gesichter: erleichterte Seniormakler, die sich auf den nächsten Lebensabschnitt und den kommenden Kontoauszug freuen, sowie Käufer, deren Blick vor Stolz und Tatendrang nur so sprüht.

Entspricht dieses positive Bild der breiten Realität?

Warum fehlen Berichte beispielsweise über den Verlust eines Großteils des Kundenbestands bei der Bestandsübertragung? Warum kein Wort über Versicherer, die Bestände partout nicht courtagewirksam umschlüsseln wollen? Weshalb kein Hinweis darauf, dass manchem Makler zehntausende Euro an Stornoreserven vorenthalten werden oder vom Kaufpreis abgezogen werden? Warum gibt es keine Erwähnung einer Maklerrente, die nach drei Jahren nur noch ein Drittel der ursprünglich erhofften Höhe beträgt, weil „unerwarteterweise“ andere Courtagesätze angesetzt werden und beispielsweise Kfz-Bestände sehr schnell erodieren können? Und warum kein Sterbenswörtchen über einen Maklerpool, der seinen langjährigen Partnern einredet, mit einem Kaufpreisfaktor von 2,5 ein faires Geschäft gemacht zu haben, obwohl der Markt teilweise mehr als das Vierfache bezahlt?

Warum scheint es nur positive Berichterstattung zu geben?

Es müsste an ein Wunder grenzen, würden alle Bestandsverkäufe positiv verlaufen und alle Verkäufer den optimalen Kaufpreis erzielen und ihre Lebensplanung uneingeschränkt umsetzen können.

Fakt ist: Verkäufer von Beständen dürfen aufgrund der Verschwiegenheitsklauseln in den Verträgen grundsätzlich nicht über ihre Nachfolgeprojekte berichten – sie würden Vertragsstrafen, Schadensersatz und langjährige Rechtsstreitigkeiten riskieren. Akzeptiert werden von den Käufern – wen wundert es – nur Erfolgsberichte.

Auf der anderen Seite neigt die Branche leider nicht zu besonders solidarischem Verhalten: Wer seine Nachfolge „verbockt“ hat, läuft Gefahr, sich zum Gespött seiner Kollegen zu machen. Das wird ein stolzes „Alpha-Tierchen“, zu dem doch der eine oder andere aus der Branche zählen dürfte, ungerne erleben wollen. Dann lieber stolz und heroisch nichts erzählen.

Und zuletzt hat ein Verkäufer nachträglich auch kein Bedürfnis zu erfahren, ob seine Nachfolgelösung tatsächlich gut oder schlecht war. Ändern lässt sich eh nichts. Da ist es vermutlich besser, im Glauben zu verharren, dass man die bestmögliche Lösung erreicht haben könnte. Da ist das gute Gefühl mehr wert als die faktenbasierte schlechte Erkenntnis.

Thema Maklernachfolge wird weiterhin unterschätzt

Das Resultat für die Branche aus diesen positiven „Storys“ ist leider fatal: Es gibt keine echt lehrreichen Erfahrungsberichte und damit viele Makler, die das Thema Maklernachfolge und Bestandsverkauf weiterhin grandios unterschätzen. Makler, die viel zu spät bestenfalls suboptimale Lösungen wählen und sich von manchen Käufern tatsächlich einreden lassen, die beste Lösung gewählt zu haben.

Wenn wir vom Resultate Institut Geschichten erzählen von Nach­folgen, die nicht optimal geklappt haben, schimpft man uns, wir würden Ängste schüren. Ich könnte natürlich einfach ein paar positive Geschichten erzählen, aber die liest ja keiner oder mancher Leser denkt dann wieder, es wäre ein Kinderspiel.

Über den Autor

Andreas W. Grimm ist Gründer des Resultate Institut und beleuchtet an dieser Stelle regelmäßig Aspekte zur Nachfolgeplanung. Gemeinsam mit AssCompact hat er den Bestandsmarktplatz initiiert.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 08/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Ranta Images – stock.adobe.com