Cousins sind nicht Teil einer Familie. Dieser Satz mag einige Menschen, die enge Bindungen zu den Söhnen und Töchtern ihrer Onkel bzw. Tanten haben, überraschen, ist aber juristisch nun mal so anerkannt. Das war er in Teilen sogar vorher schon, nun jedoch auch in einem Sonderfall des Mietrechts, den der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich verhandelt hatte.
GbR spricht Eigenbedarfskündigung aus
Dem Streit lag eine Eigenbedarfskündigung zugrunde. Dieses Instrument, verankert in § 573 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), erlaubt es einem Vermieter von Wohnraum, seinem Mieter zu kündigen, wenn er ein eigenes Interesse daran hat, die Wohnung zu nutzen. Ein solches Interesse kann darin bestehen, dass er die Wohnung selbst nutzen möchte, aber auch darin, dass er dort Familienangehörige unterbringen will.
Konkret hatte im vorgelegten Einzelfall allerdings eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eine Wohnung in Berlin erstanden und Eigenbedarf für einen Gesellschafter angemeldet. Sie forderte dann von den derzeitigen Mietern, die Wohnung zu räumen. Dabei berief sich die Gesellschaft auf eine Ausnahme von der Ausnahme: Die Kündigungsbeschränkung des § 577a Abs. 1a BGB gelte nämlich nicht, wenn die Gesellschafter im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs derselben Familie angehörten. Hier waren es es zwei Cousins, die zum Gesellschafterkreis gehörten.
BGH: Cousins zählen nicht zur Familie
Dem Landgericht Berlin reichte dieses Verwandtschaftsverhältnis aus und es gab der Räumungsklage der GbR statt, nachdem das Amtsgericht sie zuvor noch abgewiesen hatte. Der BGH revidierte dies nun jedoch wieder und stellte klar: Dieselbe Familie im Sinn der Ausnahme in § 577a Abs. 1a S. 2 BGB umfasst keine Cousins. Der Begriff der „Familie“ sei vielmehr deckungsgleich mit dem der „Familienangehörigen“ in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Davon seien ausschließlich diejenigen Personen umfasst, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gemäß § 383 Zivilprozessordnung (ZPO), § 52 Strafprozessordnung (StPO) zustehe, so der Senat. Ein entfernterer Verwandter – wie ein Cousin – gehöre damit nicht zu diesem privilegierten Personenkreis.
So begründeten die Karlsruher Richter das Urteil
Die Karlsruher Richter begründeten die Entscheidung damit, dass der Grund der Privilegierung die Annahme des Gesetzgebers sei, dass innerhalb einer Familie „aufgrund enger Verwandtschaft typischerweise ein Verhältnis persönlicher Verbundenheit und gegenseitiger Solidarität besteht“. Der Gesetzgeber habe damit klargestellt, in welchen Fällen er eine solche Verbundenheit vermutet, so etwa in den Zeugnisverweigerungsvorschriften. Dort, so der BGH, habe der Gesetzgeber „objektive Kriterien nach dem Grad der familiären Beziehung aufgestellt und hierdurch den Personenkreis definiert, innerhalb dessen nach seiner Auffassung typischerweise eine persönliche Nähebeziehung besteht“. Es sei daher sachgerecht, diese Wertung auch in dieser Rechtsfrage heranzuziehen. (as)
BGH, Urteil vom 10.07.2024 – Az. VIII ZR 276/23
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