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21. Mai 2024
Versicherungsvertrag: Schweigen ist keine Zustimmung

Versicherungsvertrag: Schweigen ist keine Zustimmung

Das Schweigen eines Verbrauchers ist keine Willenserklärung, das entschied das Landgericht Baden-Baden und beschied einem Versicherungsvertreter unlauteren Wettbewerb und Irreführung eines Kunden mit bestehender Wohngebäudeversicherung.

Ein Versicherungsvertreter wollte Preise und Leistungen einer bestehenden Wohngebäudeversicherung automatisch erhöhen, wenn der Kunde nicht innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt eines entsprechenden Briefes widersprach. Das sei nicht rechtlich, urteilte kürzlich das Landgericht Baden-Baden (LG): Das Schweigen eines Verbrauchers sei keine Willenserklärung. Die Klage hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg erhoben, nachdem der Versicherungsvertreter keine Unterlassungserklärung unterschreiben wollte.

Versicherungsvertreter bietet Mehrleistungen des Versicherers an

Der Versicherungsvertreter ist Bezirksdirektor einer Versicherung und leitete seinem Kunden ein Schreiben zu, in dem er zusätzliche Leistungen des Versicherers für die bestehende Wohngebäudeversicherung anbot. Im Schreiben hieß es: „Für die deutlichen Mehrleistungen, wird jedoch ein jährlicher Mehrbetrag von 35 Euro brutto notwendig. Sollten wir innerhalb der nächsten 14 Tage keine anderslautende Rückmeldung von Ihnen erhalten, werden wir die Umstellung Ihres Vertrages zum 31.12.202 für Sie veranlassen.“ Daraufhin wurde der Vertreter von der vom Kunden eingeschalteten Verbraucherzentrale im Mai 2023 abgemahnt – es wurde ihm im Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro angedroht – und schließlich verklagt. Die Klägerin vertritt dabei die Auffassung, die Beklagte verstoße mit ihrem Schreiben gegen § 5 a) Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 1; § 5 Abs. 2 Nr. 7; Abs. 2 Nr. 3; 3 a); § 3 UWG.

Der beklagte Versicherungsvertreter führte zunächst an, dass die Verbraucherzentrale nicht zuständig sei, da es sich bei dem Kunden um keinen Verbraucher handele. Das Gericht sah das anders, da aus dem Versicherungsvertrag ersichtlich sei, dass es sich um ein selbst genutztes Wohngebäude handele.

Verstoß gegen UWG und Irreführung des Verbrauchers

Kernpunkt des Urteils war der Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Das Schweigen eines Verbrauchers sei eben keine Willenserklärung. Das Urteil führt unter anderem aus: In dem Schreiben wird als Folge des Schweigens eine kostenpflichtige Vertragsumstellung festgelegt. Dies ist unzulässig, weil es eine Irreführung darstellt. Der Beklagte täuscht den Verbraucher über die diesem zustehenden Rechte, was gegen § 5 Abs. 2 Nr. 7 und § 3 UWG verstößt. Er suggeriert Rechte, nämlich die bestehende Beauftragung zur Umstellung des Vertrages, die ihm nicht zustehen, was gegen § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 3 UWG verstößt. Der Beklagte verschafft sich durch seine unzutreffenden Ausführungen einen Vorsprung durch Rechtsbruch gegenüber seinen rechtstreuen Mitbewerbern, was gegen das UWG verstößt. Zudem komme es auf die möglicherweise eingetretene Verjährung nicht an, da die Erstbegehungsgefahr allein schon den Unterlassungsanspruch rechtfertigte. Anzuführen ist, dass der Versicherungsvertreter sich weiterhin im Recht sieht.

Klage in vollem Umfang stattgegeben

Das Gericht entschied dagegen, dass die Abmahnung berechtigt war. Die Abmahnkosten müssen demnach vom beklagten Versicherungsvertreter übernommen werden. Der Klage wurde in vollem Umfang stattgegeben. (bh)

LG Baden-Baden, Urteil vom 06.03.2024 – Az. 5 O 26/23 KfH

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