Ein Artikel von Andreas Grimm
Ich höre immer nur, dass andere Bestände kaufen! Ich selbst habe noch nie einen Bestand gefunden, den ich hätte übernehmen können“, hat kürzlich ein Makler sein Leid geklagt. Maklerbestände sind rar, die großen Bestandskäufer dominieren den Markt und dennoch hat der eine oder andere Glück, einen Bestand angeboten zu bekommen. Bevor man aber zugreift, sollte man ein paar Punkte beachten.
Wer zum ersten Mal einen Bestand kaufen will, neigt dazu, die Risiken überzubewerten und durch allzu viel Sicherheitsbedürfnis den Seniormakler zu vergraulen. Dennoch sollte man nicht vorschnell zugreifen, auch wenn man Gefahr läuft, dass risikofreudigere Käufer einem den Bestand vor der Nase wegschnappen.
Rechnet sich der Kauf?
So sollte der gewünschte Kaufpreis nicht einfach blind akzeptiert werden. Ob sich ein Kauf lohnt, hängt nicht in erster Linie vom Preisniveau am Markt, sondern von der individuellen Ausgangslage des Käufers ab. So sollte der Käufer auf jeden Fall einen Business Case mit realistischen Annahmen unter Einrechnung der zu erwartenden Steuern und des Kapitaldienstes für die Finanzierung aufstellen und den Kauf und dessen Folgen für die kommenden Jahre durchrechnen. Am besten auch gleich noch ein pessimistisches Szenario, um zu wissen, wie die Folgen bei einem negativen Verlauf sein dürften. Nur was sich für einen persönlich wirklich rechnet, sollte gekauft werden. Ein negativer Verlauf sollte einen nicht in Existenznöte bringen können. Was sich mit realistischen Annahmen allerdings nicht rechnet, wird auch durch Schönrechnen nicht besser!
Wichtig: Nie die Katze im Sack kaufen, auch wenn der Verkäufer noch so nett und zuvorkommend und das „Target“ noch so toll erscheint. Gier ist ein sehr schlechter Ratgeber. Vertrauen ist gut, Kontrolle besser. Sträubt sich ein Seniormakler gegen eine Prüfung oder gibt er Informationen nur unwillig heraus, hat das Gründe. Meist keine guten!
Gründliche Prüfung
Prüfen Sie die Gewinn- und Verlustrechnung oder Einnahmenüberschussrechnung der letzten drei Kalenderjahre – die sollten zusammenpassen. Ebenso sollte sich aus den Courtage- und Honorarabrechnungen der jeweiligen Jahre der ausgewiesene Umsatz der Gewinn- und Verlustrechnung herleiten lassen. Und die anonymisierten Bestandslisten sollten möglichst vollständig vorliegen und irgendwie zu den Courtageabrechnungen passen. Differenzen in den Werten sollten geklärt werden.
Auch die Maklerverträge, Vollmachten und Datenschutzvereinbarungen und Dokumentationen sollten zumindest stichprobenartig geprüft werden. Werden größere Mängel oder Lücken entdeckt oder wurden gesetzliche Vorgaben nicht eingehalten, ist große Vorsicht geboten.
Nur wenn nach dieser Prüfung das gute Gefühl immer noch passt und man alle unklaren Punkte entweder schriftlich klären konnte oder deren resultierende Risiken durch einen erfahrenen Fachanwalt über sogenannte Garantien und Freistellungen im Kaufvertrag behandelt werden konnten, sollte dann tatsächlich ein Kaufvertrag unterschrieben werden.
Über den Autor
Andreas W. Grimm ist Gründer des Resultate Institut und beleuchtet an dieser Stelle regelmäßig Aspekte zur Nachfolgeplanung. Gemeinsam mit AssCompact hat er den Bestandsmarktplatz initiiert.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 10/2023 und in unserem ePaper.
Bild: © patpitchaya – stock.adobe.com
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