Die Finanzentwicklung in der sozialen Pflegeversicherung (SPV) ist schlecht. Und die gegenwärtige Bundesregierung verkennt die Zeichen der Zeit, um entsprechend zu handeln. Das sind die Schlussfolgerungen eines Fachgespräches zur Finanzlage der SPV, das vom Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) und dem Wissenschaftlichen Institut der PKV (WIP) veranstaltet wurde. Anlass dieses Austauschs zwischen Verband, Institut und anwesenden Pressevertretern sind die am Mittwoch, 29.03.2023, im Bundeskabinett anstehenden Beratungen über eine weitere Pflegereform durch das sogenannte Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG). Die Reform sieht unter anderem eine Leistungsausweitung in der stationären und häuslichen Pflege vor, verbunden mit Beitragserhöhungen für die rund 73,3 Mio. SPV-Versicherten (AssCompact berichtete: Pflegeversicherungsbeiträge und Pflegegeld sollen bald steigen).
Seit 1996 haben sich die Pflegefälle verdreifacht
Doch die Rahmenbedingungen in der SPV verschlechtern sich zusehends. Demnach kommen in der sozialen Pflegeversicherung nach Aussagen des WIP jedes Jahr zwischen 200.000 und 300.000 neue Pflegefälle hinzu. 1996, kurz nach Einführung der SPV, betrug die Zahl der Pflegefälle laut WIP 1,6 Millionen; 2021 und damit 25 Jahre später hat sich die Zahl auf 4,5 Millionen fast verdreifacht. Der Grund: Die voranschreitende Alterung der Bevölkerung in Deutschland. Gleichzeitig scheiden die sog. Babyboomer – also die geburtenstarken Jahrgänge seit Kriegsende bis Mitte der 1960er-Jahre – aus dem Erwerbsleben aus. Einer steigenden Zahl an Pflegebedürftigen steht daher eine abnehmende Zahl an Beitragszahlern gegenüber.
Einnahmen und Ausgaben laufen zunehmend auseinander
Doch was bedeuten diese Entwicklungen für die Einnahmen und Ausgaben sowie für die Beitragsstabilität in der SPV? Nichts Gutes, wie das WIP in einer aktuellen Studie nun veröffentlicht hat. Doch zunächst ein kurzer Blick zurück: Seit 2001 nahmen laut WIP die Einnahmen in der SPV um durchschnittlich 1,8% pro Jahr zu. Im gleichen Zeitraum allerdings kletterten die Ausgaben um rund 5,8%. Einnahmen und Ausgaben entwickelten sich auseinander, und das sogar mit zunehmender Dynamik in der jüngsten Vergangenheit, wie das WIP festgestellt hat. Dabei führte nicht nur die stetig steigende Anzahl an Pflegebedürftigen zu höheren Ausgaben, sondern auch Leistungserweiterungen und andere Reformen wie 2017, als der Kreis der Pflegebedürftigen per Definition ausgeweitet wurde. Wenig überraschend daher, dass der Beitragssatz in der SPV nur eine Richtung kennt: nach oben. Lag der Beitragssatz 1996 bei 1,7%, betrug er 2022 mit 3,4% für kinderlose Personen bereits das Doppelte. Der Vergleich mit anderen Sozialversicherungszweigen zeigt: Der SPV-Beitragssatz wächst am schnellsten. Selbst in der gesetzlichen Krankenversicherung ist im gleichen Zeitraum nur ein Beitragssatzanstieg von rund 25% zu beobachten, erklärt das WIP.
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Seite 2 Im optimistischen Fall steigt der Beitrag nur wenig über 4%
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