Das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) hat auch in zweiter Instanz einen Schadenersatzanspruch von früheren Anlegern des insolventen Zahlungsdienstleisters Wirecard gegenüber der nationalen Aufsichtsbehörde BaFin abgelehnt. Begründung: Die Aufsichtsbehörde nehme ihre Aufgaben alleine im öffentlichen Interesse wahr.
DAX-Mitglied war über Nacht pleite
Kurzer Rückblick: Der Kläger kaufte 2019 und 2020 Aktien der Wirecard AG. Der 1999 gegründete Zahlungsdienstleister unterlag der Finanzaufsicht der BaFin. Der seinerzeit im DAX gelistete Zahlungsdienstleister Wirecard war dann im Sommer 2020 zusammengebrochen, nachdem der Vorstand eingeräumt hatte, dass angeblich auf Treuhandkonten verbuchte 1,9 Mrd. Euro nicht auffindbar waren – der Beginn des sogenannten Wirecard-Skandals (AssCompact berichtete: Wirecard-Skandal: Die nächste Runde ist eingeläutet).
Das Aufsichtsverhalten der BaFin rückte ins Rampenlicht
Und auch die BaFin gab im Zuge der Aufarbeitung des Finanzskandals kein gutes Bild ab. So hatte die Aufsichtsbehörde wegen Verdacht auf Insiderhandel Anzeige gegen einen Mitarbeiter erstattet (AssCompact berichtete: Verdacht auf Wirecard-Insiderhandel: BaFin zeigt Mitarbeiter an). Und auch der damalige BaFin-Präsident Felix Hufeld und die BaFin-Vizepräsidentin und Exekutivdirektorin für Wertpapieraufsicht, Elisabeth Roegele, mussten ihre Posten räumen, um nach dem Wirecard-Debakel einen personellen Neustart an der Spitze der Aufsichtsbehörde zu ermöglichen (AssCompact berichtete: Wirecard-Skandal: Weitere personelle Konsequenzen bei der Bafin). Für den Kläger Gründe genug, um die BaFin wegen vermeintlicher Aufsichts- und Informationsversäumnissen sowie Amtsmissbrauch auf Schadensersatz für die erlittenen Kursverluste in Anspruch zu nehmen, obwohl die zuständige Vorinstanz, das Landgericht Frankfurt am Main, bereits einen Schadenersatzanspruch gegen die BaFin ablehnte (AssCompact berichtete: Kein Schadensersatzanspruch gegen BaFin in Sachen Wirecard).
Erlittene Kursverluste können nicht eingeklagt werden
Doch die Behörde habe nicht gegen die ihr obliegenden Amtspflichten bei der Bilanzkontrolle verstoßen, entschieden auch die Richter des OLG. Nach damaliger Rechtslage erfolgte die Bilanzkontrolle laut OLG in einem zweistufigen System: zunächst durch eine private Prüfstelle und danach durch die nationale Aufsichtsbehörde – in diesem Fall durch die BaFin selbst. Die BaFin habe dieses System eingehalten und im Februar 2019 eine Sonderprüfung durch eine private Prüfstelle veranlasst. Der Kläger habe damit keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme vorgetragen, die belegen, dass die BaFin bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine solche Sonderprüfung hätte beauftragen müssen, argumentierten die Richter. Und auch einen Anspruch wegen Amtsmissbrauch verwarfen die Richter mit Verweis, dass ein solches missbräuchliches Verhalten bei den Mitarbeitern nicht festgestellt werden konnte. „Die von der BaFin seit 2019 ergriffenen Maßnahmen seien pflichtgemäß erfolgt“, erklärt das OLG. Erlittene Kursverluste könnten somit nicht eingeklagt werden. Der Gerichtsbeschluss ist aber noch nicht rechtskräftig. Im Falle einer Nichtzulassungsbeschwerde würde der Sachverhalt beim Bundesgerichtshof (BGH) landen, teilte eine Sprecherin des OLG mit. (as)
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