Eine mittlerweile verstorbene Frau war von 2016 an vollstationär in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht. Die vertraglich vereinbarte Unterbringung der Frau in dieser Pflegeeinrichtung begann am 15.02.2016. Der Einzug erfolgte jedoch erst am 29.02.2016.
Reservierungsgebühr für Zeit vor dem Einzug
Da der Pflegevertrag vorsah, dass vom Vertragsbeginn an bis zum Einzugstermin eine Platzgebühr in Höhe von 75% der nach Einzug anfallenden Kosten für Pflege, Unterkunft, Verpflegung etc. zu entrichten wäre, verlangte der Einrichtungsträger für die zwei Wochen vor dem Einzug eine Gebühr von ungefähr 1.130 Euro. Diese Reservierungs- oder Platzgebühr bezahlte der Sohn der Frau zunächst. 2018 forderte er die Gebühr jedoch wieder zurück – erfolglos.
Ab wann greift die Vergütungspflicht
Da der Mann jedoch weiterhin überzeugt davon war, dass eine Vergütungspflicht laut § 87a SGB XI erst ab dem tatsächlichen Einzug besteht, klagte er gegen den Einrichtungsbetreiber und konnte vor dem BGH auch einen Erfolg verbuchen.
Platzgebühr nicht zulässig
Die Bundesrichter entschieden, dass die Vereinbarung einer Platz- bzw. Reservierungsgebühr nicht mit den einschlägigen gesetzlichen Regelungen – unter anderem § 87a SGB XI – vereinbar ist. Die Vertragsklausel sei somit unwirksam. Die Regelungen bezögen sich auch nicht nur auf gesetzlich Pflegeversicherte, sondern auch auf Verbraucher, die Leistungen einer privaten Pflegepflichtversicherung erhalten.
Leistungen in gesetzlicher und privater Pflegeversicherung gleichgestellt
Dafür sprächen nach Ansicht der Bundesrichter zum einen der enge systematische Zusammenhang und die leistungsmäßige Gleichstellung der sozialen und der privaten Pflegeversicherung, aber auch der in der Gesetzesbegründung eindeutig zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers.
Leerstände könnten doppelt abgerechnet werden
Mit § 87a Abs. 1 Satz 1 SGB XI ist eine Platz- oder Reservierungsgebühr auf der Basis des vertraglichen Leistungsentgelts für die Zeit vor der Aufnahme des Pflegebedürftigen unvereinbar. Solch eine Gebühr widerspreche nicht nur dem Prinzip der Abrechnung der tatsächlichen Leistungserbringung auf Tagesbasis, sondern begründe auch die Gefahr, dass Leerstände im Anschluss an einen Auszug oder das Versterben eines Heimbewohners doppelt berücksichtigt würden.
Verfahren an Landgericht zurückverwiesen
Da noch weitere Details in dem Fall zu klären sind, hat der BGH das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Landgericht wird nun im Einklang mit dem Urteilsspruch des BGH zu einer abschließenden Entscheidung kommen müssen. (tku)
BGH, Urteil vom 15.07.2021 – III ZR 225/20
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