Eine Frau wollte ihre Tochter vom Fußballtraining abholen. Das Training der Kindermannschaft war bereits beendet. Die Altherrenmannschaft war als nächste an der Reihe und wärmte sich in der Halle auf. Die Frau wartete im Bereich des Fußballtores auf ihre Tochter. Ein Mitglied der Altherrenmannschaft schoss während des Aufwärmtrainings in Richtung Tor und traf die Klägerin dabei ins Gesicht.
Landgericht weist Klage ab
Die Frau forderte im Anschluss an den Vorfall Schadensersatz und Schmerzensgeld von dem Fußballer. Das Landgericht Oldenburg wies die Klage der Frau ab. Im Rahmen des Hallensports – auch beim Aufwärmen – sei nicht zu vermeiden, dass Bälle auch einmal fehlgingen. Die Klägerin hätte erkennen können, dass die Altherrenmannschaft bereits mit dem Spiel begonnen habe und ihr Aufenthalt am Tor daher gefährlich gewesen sei. Die Frau wollte diese Entscheidung aber nicht akzeptieren und ging in Berufung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg.
Oberlandesgericht gibt der Frau teilweise recht
Das OLG wiederum kam zu einem anderen Urteil. Das Gericht befand, dass beiden Parteien eine Teilschuld zuzurechnen ist und legte eine Haftungsquote von 70% zu 30% zugunsten der Klägerin fest. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Frau von einem festen, also mit einiger Kraft ausgeführten, Schuss getroffen wurde – und der Beklagte den Ball nicht nur in Richtung Tor gelupft hatte. Außerdem sei sie durch den Schuss erheblich verletzt worden. Der Beklagte habe fahrlässig gehandelt und sich nicht im Rahmen eines erlaubten Risikos bewegt. Die Altherrenmannschaft sei noch beim Aufwärmtraining gewesen, während das eigentliche Training noch nicht begonnen habe. Der Mann hätte daher auf die anwesenden Personen in der Halle Rücksicht nehmen müssen.
Klägerin trägt Mitschuld
Der Klägerin sei aber ein Mitverschulden von 30% zuzurechnen. Ein solches Mitverschulden komme in Betracht, wenn jemand die Sorgfalt außer Acht lasse, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eines eigenen Schadens anzuwenden pflege. Die Klägerin habe sehen können, dass die Altherrenmannschaft bereits mit dem Ball spielte. Es habe keine Notwendigkeit bestanden, sich gerade in der Nähe des Tores aufzuhalten. (tku)
OLG Oldenburg, Urteil vom 29.10.2020 – 1 U 66/20
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