Interview mit Dr. Ernesto Knein und Simon Nörtersheuser, beide Geschäftsführer der Policen Direkt Maklergruppe GmbH
Herr Dr. Knein, es schien schon fast so, als ob die Dynamik der Konsolidierung im Maklermarkt etwas nachgelassen hätte. Das scheint aber doch noch nicht so zu sein?
Dr. Ernesto Knein Richtig, es wurden im Jahr 2021 zwar mehr Übernahmen von größeren Maklerhäusern veröffentlicht, allerdings stehen die Zeichen weiter auf Konsolidierung und wir glauben, dass insbesondere die Übernahme mittlerer und kleinerer Maklerhäuser weiter Fahrt aufnehmen wird.
Immer noch sind also Maklerunternehmen weiterhin in der Abwägung, eigenständig zu bleiben, sich Kooperationspartner zu suchen oder zu verkaufen?
Simon Nörtersheuser Ja, diese Optionen haben Maklerunternehmen. Jede Option hat ihre Vor- und Nachteile, aber wir sehen, dass gerade für kleine und mittelgroße Maklerhäuser der Verkauf häufig die beste Variante ist. Insbesondere für Maklerhäuser, in denen keine interne Nachfolgeregelung besteht, ist der Verkauf häufig die einzige Option.
Was sind denn aus Ihrer Sicht die Hauptgründe für die Entwicklung?
EK Hier gibt es aus unserer Sicht drei Haupttreiber: Erstens die Digitalisierung: Maklerhäuser müssen ein großes Investment tätigen, um mit der Digitalisierung der Branche Schritt halten zu können. Abgesehen vom häufig fehlenden Know-how ist es für ein kleines Maklerhaus im Vergleich zu einer großen Maklergruppe relativ teuer, das Thema alleine stemmen zu wollen. Zweitens das Thema Personal: Es ist für größere Maklergruppen deutlich einfacher, qualifiziertes Personal für sich zu begeistern und zu gewinnen, als für ein einzelnes Maklerhaus. Auch das Thema Personalentwicklung kann in einer Gruppe ganz andere Perspektiven für die Mitarbeiter eröffnen. Drittens das Thema der demografischen Entwicklung: Es findet sich schlichtweg häufig kein geeigneter Nachfolger, der sowohl den „Drive“ hat, ein Maklerhaus zu führen, als auch die finanziellen Mittel hat, ein bestehendes Unternehmen zu übernehmen.
Wir sehen am Markt die unterschiedlichsten Modelle bei den Übernahmen. Wohin tendiert der Markt?
SN Wir sehen, dass in den letzten zwei Jahren insbesondere die sogenannten „Rentenmodelle“ aufgekommen sind. Diese sind für den klassischen Einzelkämpfer-Makler mit Privatkundenfokus auch sehr gut geeignet. Aber bei Maklerhäusern mit mehreren Mitarbeitern, die dann auch häufig eher einen Gewerbekundenfokus haben, ist weiterhin der Unternehmenskauf – also der Share Deal die übliche Variante. Wir beispielsweise übernehmen immer gerne das gesamte Unternehmen mit Standort und Team und betreuen die Gewerbekunden weiter vor Ort.
Eng damit verknüpft ist die Frage nach der Finanzierung. Private-Equity-Gelder spielen hier eine Rolle – entweder über Maklergruppen oder über Pools – es kommt aber auch Geld von Versicherern und anderen Zusammenschlüssen. Interesse haben auch ausländische Maklerhäuser. Haben wir was vergessen?
EK Ja, das sind die häufigsten Eigenkapitalfinanzierungsgeber. Zu nennen sind in dieser Kategorie auch noch Privatinvestoren, die sich signifikant von den genannten institutionellen Investoren unterscheiden.
Neben Eigenkapital gibt es natürlich auch noch die klassische Bankenfinanzierung mit Fremdkapital. Insbesondere aber Private-Equity-Investoren haben in den letzten Jahren den deutschen Maklermarkt für sich entdeckt.
Sie gehören ebenso zu den Aufkäufern. Vermutlich argumentieren auch Sie mit Besonderheiten Ihres Modells?
EK Das ist richtig, wir unterscheiden uns natürlich von anderen Übernehmern. Wir bauen eine mittelständische Maklergruppe auf, bei denen die Maklerhäuser aktiv die Strategie unserer Gruppe mitformen und die Makler weiter unternehmerisch agieren. Hierbei pflegen wir eine sehr kooperative Unternehmenskultur: Die Maklerhäuser ergänzen und unterstützen sich gegenseitig, um den Kunden sowohl noch bessere Produkte als auch einen noch besseren Service bieten zu können. Zudem helfen sich unsere Maklerhäuser auch bei den alltäglichen Herausforderungen eines Maklers.
Auch unterstützen wir die Maklerhäuser aus Frankfurt heraus bei den Themen Digitalisierung und Personalgewinnung und bringen somit das nötige Know-how und die erforderliche Zeit mit ein. Außerdem entlasten wir die Maklerhäuser von vielen administrativen Themen wie Rechnungswesen oder Personaladministration, sodass die Makler sich wieder auf ihr Kerngeschäft, nämlich die Kundenbetreuung, fokussieren können.
Und wie sieht Ihr Finanzierungsmodell aus? Sie geben an, dass das Unternehmen zu 100% in privater Hand ist. Sie sprechen auch von einem Privatinvestor. Wer ist das?
SN Ja, wir haben uns bewusst gegen eine Private-Equity-Finanzierung entschieden. Wir wollen unabhängig von den häufig kurzfristigen Interessen solcher Investoren sein und eben nicht nach den in der Private-Equity-Branche üblichen fünf bis sieben Jahren weiterverkaufen. Policen Direkt ist seit nunmehr 20 Jahren erfolgreich am Markt und davon seit zehn Jahren zu 100% in privater Hand. Daher möchten wir dieses Erfolgsmodell gerne fortführen.
Bei dem Privatinvestor, den wir für unsere Maklergruppe gewinnen konnten, handelt es sich um Björn-Hendrik Robens, ehemals Vorstand der BHF Bank und zuletzt Partner bei der Merchant Bank BDT. Neben seinem langfristigen Investmenthorizont bringt er auch einen sehr großen Erfahrungsschatz im Führen von großen Finanzdienstleistern und Asset-Managern sowie im Aufbau von großen Maklergruppen mit ein, von dem unsere Maklergruppe profitieren kann.
Policen Direkt kannte man als Zweitmarktaufkäufer von Lebensversicherungen. Wie kam es eigentlich zu dem Geschäftsmodell der Unternehmenskäufe?
SN Versicherungsmakler waren schon immer eine sehr wichtige Vermittlergruppe für den Zweitmarkt. Vor einigen Jahren haben wir dann vermehrt Anfragen von älteren Maklern bekommen, ob wir nicht jemanden kennen, der das Unternehmen oder den Bestand übernehmen kann. Da wir damals schon wie ein mittelständisches Maklerhaus mit eigenem Rechnungswesen, IT, Marketing, Personalabteilung, Aktuar und Syndikus aufgestellt waren, haben wir gesagt: „Lasst es uns doch einfach probieren“, und haben angefangen, selbst Maklerunternehmen zu übernehmen.
Sie haben in diesem Jahr bereits einige Deals vollzogen. Wo stehen Sie jetzt aktuell?
EK Wir haben dieses Jahr bereits sechs Makler übernommen und uns auf insgesamt neun Standorte deutschlandweit vergrößert. Wir sind auch noch mit vielen weiteren Maklern in fortgeschrittenen Gesprächen. Mit unserer aktuellen Größe sollten wir schon unter den Top 20 der inhabergeführten und in privater Hand befindlichen Maklergruppen in Deutschland sein.
Und wo wollen Sie hin?
EK Insgesamt wollen wir eine der führenden deutschen Maklergruppen für den Mittelstand werden. Hierzu möchten wir deutschlandweit etwa 15 bis 20 Standorte aufbauen, die wir sukzessive zu „regionalen Champions“ ausbauen, um auch weiterhin Kunden des Mittelstands vor Ort und persönlich beraten zu können. Insbesondere die großen Ballungsgebiete Berlin, München, Hamburg und Köln sind hierfür natürlich spannend für uns.
Sehen Sie auch Grenzen und ein Ende der Konsolidierung?
SN Wenn man sich den angelsächsischen Raum einmal anschaut, sieht man, dass eine Konsolidierung auf wenige große Maklergruppen hinauslaufen kann. Wir glauben, dass dies auch in Deutschland der Fall sein wird. Zwar wird es immer noch vereinzelt Maklerhäuser geben, die nicht Teil einer großen Gruppe sind, allerdings wird in den nächsten 10 bis 15 Jahren, wenn die Generation der „Baby-Boomer“ in den Ruhestand geht, der Markt noch einmal deutlich näher zusammenrücken. Wir sehen uns für diese nächste Phase exzellent positioniert.
Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 10/2022, S. 110 f., und in unserem ePaper.
Bild: Dr. Ernesto Knein (l.) und Simon Nörtersheuser (r.), Policen Direkt Maklergruppe GmbH
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