Guten Versicherungsschutz gibt es dann nur noch mit guter Prävention?
Ich würde eher sagen, wer gute Prävention betreibt, bekommt in der Regel einfacher besseren Versicherungsschutz, da die erwartbaren Schadenkosten sinken. Nun steht es aber natürlich jedem Unternehmen frei, wie es seine Investitionen priorisieren möchte. Man kann höhere Prämien – falls verfügbar – für mehr Kapazität zahlen, auf höhere Selbstbehalte setzen oder eben in Prävention investieren. Für uns bei FM Global ist Letzteres der bevorzugte Weg, da wir glauben, dass die Mehrzahl aller Schäden vermeidbar ist.
Nun stehen deutschen Unternehmen mit Klimawandel, geopolitischen Verwerfungen und Lieferkettenengpässen große Herausforderungen bevor. Wie verändern sich damit Ihre Anforderungen an das Risikomanagement der Unternehmen?
Wir sehen hier nicht nur eine quantitative Ausweitung von Risiken, sondern auch neue Qualitäten. Kommt es beispielsweise aufgrund von Naturkatastrophen zu Produktionsausfällen oder gestörten Lieferketten, kann das Schäden nach sich ziehen, die weit über materielle Verluste hinausgehen. Hier müssen wir etwa an langfristigen Kundenverlust durch Lieferprobleme denken. Solche Schäden sind in ihren Auswirkungen kaum kalkulierbar und Versicherer können derartige Risiken nicht zu marktverträglichen Bedingungen zeichnen, was bedeutet, dass die Versicherbarkeit infrage steht. Prävention ist hier also umso mehr entscheidend. Lieferbeziehungen müssen transparent gemacht werden, um Alternativen zu suchen, falls es zu Störungen kommt. Zudem sollten Produktionsstandorte in gefährdeten Lagen abgesichert werden – beispielsweise durch bauliche Maßnahmen in Überschwemmungsgebieten. Prinzipiell müssen Verantwortliche immer mehr Parameter in ihr Risikomanagement einbeziehen.
Mit welchen Mitteln unterstützen Sie dabei?
FM Global kann Kunden auf verschiedene Wege unterstützen. Zum einen wäre unser Resilience Index zu nennen, ein Tool, das Unternehmen dabei hilft, die Geschäftsumgebungen von fast 130 Ländern in Bezug auf ihre Resilienz besser zu verstehen. Im diesjährigen Ranking erreicht Deutschland dabei den 4. Platz. Mitteleuropa ist in der Wertung insgesamt sehr gut aufgestellt.
Außerdem verfolgt FM Global einen sogenannten Engineering-Ansatz. Das bedeutet, dass wir eigene Forschungen betreiben und beispielsweise Hochwasserbarrieren oder Sprinkleranlagen in eigenen Laboren testen. Darauf basierend können unsere Field Engineers, die viele Kundenstandorte individuell analysieren, fundierte Empfehlungen zu wirkungsvollen Präventionsmaßnahmen geben. Derzeit sind wir auch mobil unterwegs mit unserem Resilienz-Truck, der Schadenprävention quasi auf den Hof der Kunden fährt.
Mit dem Einsatz von KI kommt die nächste Transformation in die Unternehmen. Welche Rolle wird das beim Versicherungsschutz spielen?
Was wir bereits heute sehen, ist, dass KI-Tools genutzt werden, um die Bearbeitung von Schadenmeldungen zu automatisieren und zu beschleunigen. Zukünftig werden die Analysekapazitäten von KI-Modellen sicherlich auch immer mehr zur Verbesserung von Prognosen genutzt werden.
Seit etwa einem Jahr leiten Sie das Deutschlandgeschäft von FM Global. Was planen Sie mit Blick nach vorne?
Wir wollen die Beziehungen zu Bestandskunden aufrechterhalten und weiter stärken und neue Kunden gewinnen, um unsere Präsenz im deutschen Markt insgesamt und nachhaltig zu erweitern. Für FM Global als Unternehmen liegt mir besonders die Förderung von Diversität und die Unterstützung von talentiertem Nachwuchs am Herzen.
Sie sind auch eine der Preisträgerinnen des „Women to Watch“-Programms von Business Insurance. Spielt es für Sie eine Rolle, als eine der immer noch wenigen Frauen im Industriegeschäft tätig zu sein?
Solche Programme wie zum Beispiel „Fidi“ in Deutschland sind auf jeden Fall ein sehr guter Weg, um Sichtbarkeit zu erzeugen und eine Plattform für den Austausch zu schaffen. Einen ähnlichen Weg gehen wir auch intern, indem wir beispielsweise selbst Networking-Events organisieren. Dabei geht es nicht ausschließlich um die Förderung von Frauen: Wir wollen junge Menschen gleich welchen Geschlechts oder welcher Herkunft für eine Karriere in unserer Branche gewinnen, um diese breiter aufzustellen.
Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 02/2024 und in unserem ePaper.
Bild: © Hannah Witzel, FM Global
Seite 1 „Wichtig, die Schadenprävention kontinuierlich voranzutreiben“
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