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17. November 2023
„Sehen Trend hin zu Serviceentgelten“
„Sehen Trend hin zu Serviceentgelten“

„Sehen Trend hin zu Serviceentgelten“

Seit Juni dieses Jahres ist Jan Schepanek Geschäftsführer der FIL Fondsbank (FFB), einem der größten Fondsanbieter in Deutschland. Es sind schwierige Zeiten, um solch ein Unternehmen zu lenken. Im Interview verrät er unter anderem, wie sich die FFB im Markt schlägt und was für die Zukunft geplant ist.

Interview mit Jan Schepanek, Geschäftsführer der FIL Fondsbank
Herr Schepanek, die FIL Fondsbank zählt zu den größten deutschen Fondsplattformen. Wie schlagen Sie sich in dem volatilen Marktumfeld? Und welche Kennzahlen können Sie uns dazu geben?

Die FFB schafft es, sicher und erfolgreich durch das aktuelle Umfeld zu navigieren und schlägt sich sehr gut. In den vergangenen Jahren ist unser Geschäft erfreulich stark gewachsen. Nach zwei Rekordjahren (2021 und 2022) im Nettomittelaufkommen, in denen wir verglichen mit dem Markt überdurchschnittlich gewachsen sind, steuern wir 2023 auf unser drittbestes Ergebnis zu. Mit dieser Entwicklung sind wir mehr als zufrieden. Zum Ende des dritten Quartals administrieren und verwalten wir bei der FFB ein Vermögen von über 35Mrd. Euro in mehr als 650.000 Kundendepots.

Woher kommt das meiste Geschäft? Und welche Rolle spielen Pools?

Der Großteil unseres Geschäfts stammt aus dem sogenannten Advisory-Bereich, also aus der Zusammenarbeit mit freien Vermittlern. Diese betreuen rund 600.000 Endkundinnen und -kunden mit einem Fondsdepot bei der FFB. Pools spielen hierbei eine maßgebliche Rolle, da viele Vermittler einem Pool angeschlossen sind. Folglich zählen Pools zu unseren wichtigsten Geschäftspartnern, mit denen wir die Kooperation noch weiter ausbauen wollen, u. a. über die Optimierung der vertikalen Integration mit unseren Partnern durch passende Schnittstellen. Zudem planen wir, vermehrt auf Co-Kreation zu setzen und Produktlösungen für Finanzanlagenberater und Endkundinnen und -kunden gemeinsam mit unseren Geschäftspartnern zu entwickeln.

Die Kleinanlegerstrategie der EU-Kommission ist immer wieder in aller Munde, auch wenn ein Provisionsverbot vorerst wohl nicht geplant ist. Wie bewerten Sie diese Entscheidung?

Zuallererst möchte ich darauf hinweisen, dass Provisionen seit der Einführung von MiFID II nur noch unter bestimmten Qualitätskriterien erhoben werden dürfen. Im Rahmen der Kleinanlegerstrategie der EU-Kommission ging es darum, ob ein komplettes Provisionsverbot, unabhängig von Qualitätskriterien, umgesetzt werden soll. Hiervon sollte lediglich die Anlageberatung ausgeschlossen werden. Ob dieses generelle Verbot provisionsabhängiger Vergütung kommt, ist meiner Meinung nach noch nicht endgültig entschieden. Die EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness hat ihre Pläne eines Verbots „vorerst“ zurückgenommen, wie sie sagt. Im Laufe des Gesetzgebungsprozesses wird hierüber sicherlich noch diskutiert werden. Aber selbst wenn es kein direktes Verbot geben wird, sehen wir einen Trend hin zu Service­entgelten. Dieser Trend wird durch das steigende Bedürfnis der Endanlegerinnen und -anleger nach Transparenz getrieben. Ich persönlich glaube, dass Vermittler von der höheren Transparenz und folglich auch von einem möglichen Provisionsverbot profitieren würden.

Ist die Branche – Fondsplattformen, Berater, Fondsgesellschaften – heute überhaupt noch abhängig von Provisionen?

Es gibt durchaus alternative Vergütungsmodelle, sodass weder Fondsplattformen noch Finanzberater oder Fondsgesellschaften von Provisionen abhängig sind. Unseren Beobachtungen zufolge befinden wir uns bereits in einer Übergangsphase von Provisionen hin zu Serviceentgelten. Unsere Daten stützen dies: Heute wird knapp jedes zweite neue Depot auf unserer Plattform mit einem Serviceentgelt-Modell eröffnet. Vor fünf Jahren war es noch etwa jedes fünfte Depot.

Da es Stand heute kein generelles Provisionsverbot in Deutschland gibt, sind auch Kombinationsmodelle aus Serviceentgelten und Provisionen denkbar. Wichtig ist für Finanzberater meines Erachtens, dass sie sich Gedanken über ihr Preismodell machen und auf Rückfragen der Kundinnen und Kunden vorbereitet sind. Denn diese legen, wie schon erwähnt, einen hohen Wert auf Transparenz. Wir als Depotbank begleiten unsere angeschlossenen Finanzberater gerne bei diesem Prozess, indem wir ihnen Aufträge über Serviceentgelte bereitstellen und auch die Abrechnung übernehmen.

Auch die Fondsplattformen trifft eine Konsolidierungswelle. Mit FNZ entsteht gerade eine große Gruppe und auch über den potenziellen Verkauf der FIL Fondsbank wurde schon gesprochen. Käme dies für Sie infrage?

Die merkliche Konsolidierung auf dem Markt für Fondsplattformen liegt darin begründet, dass es sich um ein Skalengeschäft handelt. Auch wir waren seinerzeit mit der Übernahme von Depots vom Bankhaus Metzler erfolgreich an der Konsolidierung beteiligt. Wir können uns aktuell über starkes Wachstum freuen, das auf unseren engen Beziehungen zu unseren Geschäftspartnern beruht. Unserer Meinung nach ist der Bedarf an Unterstützung und Beratung bei Privatkundinnen und -kunden immens, da wir eine erhebliche finanzielle Bildungslücke in Deutschland beobachten und gleichzeitig die Komplexität bei den Anlagemöglichkeiten zunimmt. Folglich sind die Fundamentaldaten für Fondsplattformen sehr gut. Da wir sowohl einen steigenden Beratungsbedarf seitens Endkundinnen und -kunden als auch eine erhöhte Nachfrage nach Anlagen in Publikumsfonds erwarten, sehen wir auch für unser Geschäft weiteres Wachstumspotenzial. Derzeit evaluieren wir, wie wir unsere Möglichkeiten, weiter zu wachsen, beschleunigen können.

Werden derartige Veränderungen oder auch die neuen Player wie Neobroker mehr Menschen den Zugang zu Vermögensaufbau und Altersvorsorge erleichtern?

Kundinnen oder Kunden haben einen bestimmten Bedarf. Diesen müssen Anbieter erkennen und konkret adressieren. Will eine Privatperson zum Beispiel fürs Alter vorsorgen oder kontinuierlich Vermögensaufbau betreiben, eignen sich Fonds oft als Lösung. Wir gehen davon aus, dass sich der Anteil von Fonds am Haushaltsvermögen in den kommenden Jahren noch deutlich erhöhen wird.

Die Fundamentaldaten für Fondsplattformen sind also gut. Wir dürfen allerdings nicht isoliert auf die Lösungen schauen, sondern müssen auch andere Faktoren wie die Digitalisierung im Auge behalten. Jüngere Anlegerinnen und Anleger erwarten eine digitale Lösung, um fürs Alter vorzusorgen oder Vermögen aufzubauen. Das ist auch einer der Gründe, warum sich Neobroker insbesondere bei der jüngeren Zielgruppe großer Beliebtheit erfreuen. Ich bin allerdings der Meinung, dass Finanzberater aufgrund der gering ausgeprägten Finanzbildung in Deutschland weiterhin eine wichtige Rolle spielen werden.

Die FFB bietet nun volldigitale Vermögensverwaltung an. Wie wichtig ist dieser Schritt und Digitalisierung allgemein für Ihr Geschäft?

Wie bereits erwähnt, ist es wichtig die Kundenbedürfnisse in den Vordergrund zu stellen, um relevante Services anbieten zu können. Mit der VermögensverwaltungPlus haben wir eine Lösung lanciert, die wir gemeinsam mit unseren Vertriebspartnern entwickelt haben. Sie ermöglicht es Finanzberatern aufgrund der attraktiven Kostenstruktur, eine neue Zielgruppe zu erschließen, und eignet sich folglich auch für Anlegerinnen und Anleger mit kleineren Anlagevolumina und für Sparpläne.

Die Digitalisierung ist aber auch wichtig, um Skaleneffekte zu erzielen. Denn diese erreicht man nur mit hochautomatisierten und -digitalisierten Prozessen. Folglich ist die Transformation hin zu einem digitalen Geschäftsmodell eine unserer höchsten Prioritäten. Hier haben wir bereits einige relevante Schritte unternommen und im vergangenen Jahr beispielsweise einen Chatbot für unser Direktgeschäft eingeführt.

Die Reform der Altersvorsorge geht schleppend voran, wird aber so langsam angeschoben. Wie sehen Sie mögliche Reformschritte?

Unserer Meinung nach war es höchste Zeit, eine zusätzliche kapitalmarktorientierte Finanzierungskomponente wie das Generationenkapital in die gesetzliche Rentenversicherung einzuführen. Um eine nachhaltige Entlastung zu ermöglichen, müssen regelmäßige Mittelzuweisungen stattfinden. Grund­sätzlich sollten wir meiner Meinung nach jedoch noch weit mehr Anreize zur privaten Altersvorsorge am Kapitalmarkt im Sinne einer gerechten Partizipation schaffen. Ebenso sollte Deutschland die finanzielle Bildung verbessern, um informierte Anlageentscheidungen zu ermöglichen.

Welche Unterstützung bieten Sie Vermittlern als weiterführende Services und Tipps an?

Wir arbeiten sehr eng mit den uns angeschlossenen Vermittlern zusammen und bieten ihnen schon lange in unterschiedlichsten Formaten Informationen zu relevanten Themen an. So initiieren wir beispielsweise einmal pro Jahr eine Roadshow, bei der wir in verschiedenen Städten haltmachen und im direkten Kontakt in einen intensiven Austausch mit unseren Partnern gehen. Ebenso publizieren wir seit diesem Jahr einmal pro Quartal das Print-Magazin „Insights“. Darin beleuchten wir pro Ausgabe ein Thema, das für das tägliche Geschäft relevant ist. Natürlich sind wir auch digital unterwegs und stellen auf dem Infoportal „FFB Fondsgespräche online“ Marktanalysen, Neuigkeiten, Praxistipps oder auch die Anlagestrategien unserer Fondspartner vor.

Des Weiteren bieten wir auch Web-Seminare mit Fondspartnern, Video-Tutorials zu unserem FFB Frontend und Experten-Trainings an. Da wir hier eine sehr positive Resonanz hatten, wollen wir diese interaktiven Maßnahmen zukünftig weiter ausbauen. Unser Ziel ist, den Beratern in ihrem Berufsalltag mit wertvollen Informationen zur Seite zu stehen und sie beim Geschäftsausbau zu unterstützen.

Frauen werden immer mehr als Zielgruppe genannt und angesprochen. Es gibt weiterhin ein Gender Pension Gap. Sehen Sie dies auch als eine Ihrer Aufgaben, hierauf aufmerksam zu machen?

Die Altersvorsorge und Finanzbildung sind zwei zentrale Themen für uns. Wir sehen es als eine unserer zentralen Aufgaben, die Menschen zu befähigen, ihr Vermögen langfristig sinnvoll zu verwalten und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man am besten für den Ruhestand vorsorgt.

Es ist wahr, dass Frauen andere finanzielle Bedürfnisse haben. Das belegt unsere jährliche Umfrage zu Frauen und Finanzen. So haben Frauen beispielsweise oft weniger Rente zur Verfügung als Männer. Wir machen unsere Kundinnen auf diesen Umstand aufmerksam, damit sie diese Rentenlücke mit langfristigen Investitionen bestmöglich schließen können. Ebenso haben wir anhand unserer Umfragen herausgefunden, dass Frauen eine persönliche Beratung wichtiger ist als Männern. Diese und weitere Informationen aus unserer Umfrage haben wir an unsere Vermittler weitergegeben, damit sie Frauen zielführend beraten können.

Entfernt damit verbunden ist die Frage, ob Diversität in Fondsmanager-Teams bessere Ergebnisse erzielt und vielleicht auch Kundinnen mehr anspricht, weil die Titelauswahl dann anders ausfallen würde?

Uns liegen Diversität und Inklusion sehr am Herzen und auch ich setze mich persönlich stark für dieses Thema ein. Hierzu gehört jedoch viel mehr als nur die Geschlechtervielfalt, sondern beispielsweise auch die Vielfalt in Bezug auf Alter, geografische Herkunft, sexuelle Orientierung oder Weltanschauung. Wir sind der Überzeugung, dass eine vielfältige Belegschaft für unseren Geschäftserfolg von zentraler Bedeutung ist. Auch Studien belegen, dass gemischte Teams einen größeren unternehmerischen Erfolg erzielen. Dies gilt sicherlich auch im Fondsmanagement.

Ihre nächsten großen Schritte und Pläne sind?

Es ist uns ein wichtiges Anliegen, die Partnerschaften mit unseren Vertriebspartnern weiter zu stärken. Aus diesem Grund haben wir unser Vertriebsteam ausgebaut und entwickeln unsere Produkte stetig weiter. Ein weiteres übergeordnetes Ziel ist, ein noch besseres Erlebnis zu kreieren. Um dies zu erreichen, fokussieren wir uns auf die vertikale Integration mit unseren Partnern und verbessern die Schnittstellen. Außerdem wollen wir unser Angebot für Sparerinnen und Sparer ausbauen und ein eigenes Angebot für Tagesgeld auf den Markt bringen. Dieses soll unsere bestehenden Lösungen ergänzen. Insgesamt haben wir uns viel vorgenommen und freuen uns darauf, neue Lösungen für Finanzberater und Endkundinnen und -kunden einzuführen.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 11/2023 und in unserem ePaper.

Bild: © Jan Schepanek, FIL Fondsbank

 
Ein Interview mit
Jan Schepanek