Herr Janes, der Bereich der Tierversicherung galt in den vergangenen Jahren als Wachstumsmarkt. Wie hat sich die Sparte Ihrer Wahrnehmung nach zuletzt entwickelt?
Die Anzahl der Tiere in den Haushalten steigt und es gab einen Effekt durch Corona. Natürlich gibt es einen Riesenbedarf an Absicherung im Bereich Tierkrankenversicherung. Mich irritiert der Begriff Wachstumsmarkt. In der Sparte Tierkranken gibt es eine Erwartungshaltung der Kunden: Rechnungen der Tierärzte sollen am besten schnell und ohne Abzüge bezahlt werden. Diese Erwartung trifft in der Realität auf das Verhalten der Versicherer. Ohne Abzüge gibt es nur in den Werbeversprechen der Gesellschaften, in der Praxis kommen die Gemeinheiten des Kleingedruckten ins Spiel.
Und schnelle Schadenbearbeitung würde einen durchdachten Schadenprozess und fachliches Know-how bei den Anbietern voraussetzen. Wenn Wachstum auch bedeutet, dass die Kundenerwartungen erfüllt werden, dann müssen die Anbieter umdenken.
Mit der neuen Gebührenordnung für Tierärzte, die seit nunmehr fast zwei Jahren in Kraft ist, sind die Kosten für tiermedizinische Behandlungen teils deutlich gestiegen. Inwiefern hat dies die Nachfrage nach Tierkrankenversicherungen beeinflusst?
Sehr, denn jetzt merken die meisten Tierhalter, dass Arztbesuche existenzbedrohend sein können. Viele Tierhalter können sich den Tierarzt nicht mehr leisten.
Und gab es auf Produktseite spürbare Auswirkungen?
Und wie. Viele Anbieter haben massiv die Beiträge angezogen. Teilweise wurde die gesamte Beitragskalkulation komplett überarbeitet, was Anpassungen bei manchen Anbietern von mehr als 100% zur Folge hatte. Auch die Annahmepolitik der Gesellschaften hat sich verändert. Im Bestand kommt es aufseiten des Versicherers viel schneller zu schadensbedingten Kündigungen.
Worauf kommt es denn bei den Bedingungen im Bereich der Tierkrankenversicherungen vor allem an?
Die meisten Kunden, aber auch die Tierärzte gehen von falschen Voraussetzungen aus. Deshalb sind klare und verständliche Bedingungen wichtig. Nicht nur die Einschlüsse und versicherte Leistungen sind wichtig, auch Ausschlüsse und Wartezeiten müssen mit dem Kundenwunsch übereinstimmen.
In welchen Fällen reicht für Hunde und Katzen eine herkömmliche Tierkrankenpolice und wann ist zusätzlich ein Tier-OP-Schutz zu empfehlen? Lässt sich das pauschal beantworten?
Das kommt einzig und alleine auf die persönliche Situation des Kunden an. Ich bin ein großer Freund der Tier-OP. Eine OP kommt unverhofft und kann sehr teuer werden. Die Prämie ist, vergleichbar mit der Tierkrankenversicherung, überschaubar.
Mit welchen Kosten ist denn in der Regel zu rechnen, um eine adäquate Absicherung zu erhalten?
Die Zeiten billiger Policen sind vorbei. Die Anbieter, die damit werben, werden morgen die Prämien anpassen müssen. Die Prämien variieren je nach Rasse und Alter, sodass pauschale Angaben recht schwierig sind. Unter 50 Euro monatlich gibt es auch für jüngere Hunde keinen vernünftigen Krankenvollschutz mehr.
Lassen Sie uns noch auf die Hundehalterhaftpflicht eingehen. Worin unterscheidet sich denn bei den Angeboten die Spreu vom Weizen? Wie teuer oder günstig bekommen Hundehalter heute einen angemessenen Versicherungsschutz?
Bei der Tierhalterhaftpflicht kommt es wie bei allen anderen Sparten auf die Bedingungen an. Und diese müssen mit den individuellen Bedürfnissen übereinstimmen. Braucht der Kunde verschiedene Formen von Mietsachschäden, wie sieht es mit der Forderungsausfalldeckung aus, sind Schäden der mitversicherten Personen untereinander vernünftig geregelt? Und viel wichtiger als die Prämie ist die Schnelligkeit im Schadenfall. Viele Anbieter sind hier viel zu langsam. Eine vernünftige Deckung bekommt ein Hundehalter schon ab etwa 50 Euro pro Jahr, mit dem Einbau einer Selbstbeteiligung kann es auch etwas preiswerter werden.
Wie bewerten Sie denn generell das Angebot im Bereich der Tierkrankenversicherung auf dem Markt?
Die Tierkrankentarife des Marktes sind stark verbesserungswürdig. Und besonders schlecht ist die Schadenbearbeitung der Anbieter. Viele Kunden warten wochenlang auf ihr Geld und viele Abrechnungen sind inhaltlich falsch.
Nun sind in den vergangenen Jahren etliche Player bzw. Marken hinzugekommen. Sorgt dies für eine Marktbelebung und steigert es die Produktvielfalt?
Konkurrenz sollte das Geschäft beleben. Aber ein bloßes Mehr an dem, was es schon gibt, erzeugt ja keine Produktvielfalt. In der Branche entsteht nicht wirklich etwas Neues. Es sieht so aus, dass die Anbieter voneinander abschreiben. Es ist auch kein Geheimnis, dass Tarife nicht am Bedarf des Kunden entstehen, sondern für Suchmaschinen gebaut werden. Man sollte einfach mal den Kunden fragen und dann eigene Ideen umsetzen. Und das paart man dann noch mit Ehrlichkeit, Einfachheit und Transparenz. Dann würde etwas Neues entstehen.
Sie bieten auch Versicherungslösungen für Kleintiere und Weidetiere. Welche Tierarten lassen sich versichern?
Bei den Kleintieren können Kaninchen versichert werden im Bereich Tierkrankenversicherung. Für Weidetiere aller Art bieten wir unterschiedliche Formen der Tierhalterhaftpflicht an.
Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 01/2025 und in unserem ePaper.
Bild: © Oliver Janes, Puntobiz
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