Gegenwärtige Studien zeichnen ein Bild davon, dass beim Thema „Abfragepflicht“ unter den Vermittlerinnen und Vermittlern große Unsicherheit herrscht. Gibt es überhaupt Anlass dafür, sich durch die Einführung verunsichern zu lassen?
Natürlich müssen sich Vermittlerinnen und Vermittler jetzt mit dem Thema befassen, daran führt kein Weg vorbei. Für Sorge oder Verunsicherung bei der Abfrage besteht aber kein Grund. Viele werden merken, dass die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenz das Beratungsgespräch sogar bereichert, den Kunden eine neue Perspektive auf das Thema Vorsorge und Versicherung eröffnet und richtig gemacht eine echte Chance im Aufbau der Kundenbeziehung sein kann.
Wer sich jetzt Know-how zum Thema Nachhaltigkeit in der Geldanlage aneignet, um offen und transparent über nachhaltige Produkte zu beraten, wird bald vom Kunden als Ansprechpartner mit einem besonderen Vertrauens- und Empfehlungsbonus belohnt werden. Aus eigener Erfahrung kann ich jedem Berater nur ans Herz legen, sich aus der reaktiven Rolle in eine proaktive Position zu begeben und sich dem Kunden gegenüber als Spezialist für nachhaltige Produkte zu positionieren.
Zur Verunsicherung könnte es höchstens führen, wenn Vermittler in ihrem bisherigen Angebotsportfolio kein Produkt finden, das zu den Präferenzen des Kunden passt. Aber auch das ist eher eine Chance sich mit attraktiven, alternativen und meist passenderen Angeboten zu beschäftigen, die mitunter bisher links liegen geblieben sind.
In den Vordergrund der Vermittlung rückt ja dann das nachhaltige Versicherungsprodukt. Welche Kriterien – Kapitalanlage und Tarifmerkmale betreffend – machen ein Produkt denn überhaupt nachhaltig und wer definiert das?
Zunächst sind hier die drei Klassifizierungen nachhaltiger Anlageprodukte zu nennen: die Taxonomieverordnung, die Transparenzverordnung und die sogenannten PAI (Principle Averse Impact), also Nachhaltigkeitsrisiken bzw. nachteilige Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit. Ein Problem, das wir mit Klassifizierungen wie zum Beispiel der Transparenzverordnung jedoch haben, ist, dass Produktgeber ihre Fonds bislang weitgehend nach eigenem Gutdünken zum Beispiel als Artikel-9-Fonds einstufen können – ohne unabhängige Überprüfung und mitunter auch aus Kundensicht nicht nachvollziehbar. Das untergräbt Glaubwürdigkeit. Der Faktor Transparenz vonseiten der Versicherer wird daher noch wichtiger. Das zeigt auch unsere Studie, die wir kürzlich beim Meinungsforschungsinstitut YouGov über Präferenzen der Kunden in der nachhaltigen Geldanlage in Auftrag gegeben haben: Neben Sicherheit und Rendite rangiert der Faktor Transparenz bei Kunden sehr weit oben.
Was bedeutet diese Erkenntnis für das Vermittlungsgeschäft?
Vermittler sollten deshalb dem Kunden bei allen nachhaltigen Investmentprodukten plausibel erklären können, was mit dem angelegten Geld passiert und wie die Anlage auf nachhaltige Ziele aus den Bereichen Ökologie und/oder Soziales einzahlt. Je konkreter Berater den nachhaltigen Nutzen aufzeigen können, desto besser. Solche Transparenz lässt sich natürlich bei Produkten leichter herstellen, die wie zum Beispiel unsere Fonds der Pangaea Life in konkrete Sachwerte aus verschiedenen nachhaltigen Sektoren investieren. Nachhaltigkeit definiert sich für uns aber auch durch Ganzheitlichkeit. Das bedeutet: Wir wollen über das Thema Finanzen hinausdenken und unsere Kunden umfänglich auf dem Weg in einen nachhaltigeren Alltag begleiten. Deshalb integrieren wir nach und nach weitere Leistungen in unsere Vorsorgeprodukte – sei es eine Energieberatung, eine CO2-Fußabdruckmessung oder auch soziales Engagement über die Corporate-Volunteering Plattform „lets“.
Viele Kunden wünschen aber aus Risikoerwägung heraus eine breite Streuung des investierten Kapitals, beispielsweise in große Fonds oder ETFs. Was gilt hier?
Bei großen Aktienfonds oder ETFs mit jeweils mehreren hunderten oder tausenden Unternehmensbeteiligungen wird es schwieriger. Hier sollten Vermittler den Kunden transparent Auskunft darüber geben können, welche Unternehmen prozentual die größte Gewichtung im jeweiligen Portfolio aufweisen. Denn während es für manche Kunden vollkommen in Ordnung ist, auch aus nachhaltigen Gesichtspunkten in Tech-Giganten wie Amazon oder Apple zu investieren, erwarten sich andere Anleger deutlich mehr.
Der regulatorische Rahmen rund um Nachhaltigkeit ist komplex. Welche Gütesiegel können Maklerinnen und Maklern bei der eigenen Marktanalyse zur Bewertung der Nachhaltigkeit weiterhelfen?
Entscheidend ist, dass ein Gütesiegel einen transparenten und plausibel nachvollziehbaren Bewertungsprozess bietet. Für Aktien- und Publikumsfonds kann ich das FNG-Siegel positiv hervorheben. Hier können Berater auch nach speziellen Präferenzen des Kunden filtern. Spezielle Sachwerte-Fonds, wie Pangaea Life sie im Bereich erneuerbare Energien und nachhaltiges Wohnen bietet, sind dort jedoch – zumindest aktuell – nicht gelistet.
Die bereits erwähnte Unsicherheit unter Maklerinnen und Maklern ist stets auch eine Folge von Wissens- und Informationsdefiziten. Wie unterstützt Pangaea Life die Maklerinnen und Makler bei der Anpassung an die Abfragepflicht?
Wir haben die Wichtigkeit des Themas Nachhaltigkeit in der Vorsorge früh erkannt und bieten unseren Vertriebspartnern daher schon länger spezielle Schulungen zum Thema an. Um nur ein Beispiel zu nennen: Mit der Deutsche Makler Akademie (DMA) haben wir bereits 2019 den Ausbildungsgang „Experte für nachhaltige Versicherungen und Finanzen“ durchgeführt. Das ist ein praxisbezogener Lehrgang, der dem Vermittler tiefe Einblicke in das Thema Nachhaltigkeit gewährt.
Eine echte Weiterbildungsoffensive haben wir dieses Jahr gestartet: In unserer „Zukunftswerkstatt Nachhaltige Finanzberatung“ vermittelten einige der renommiertesten Experten der Branche in vier Themenmodulen die wichtigsten Kenntnisse, die Vermittler zum Thema wissen müssen – vom nachhaltigen Maklerbüro über die neuen Beratungspflichten bis zur perfekten Kundenansprache. Das Format steht heute auch digital zum Abruf auf unserer Homepage.
Am 29.06.2022 steht ein weiteres Highlight in der Weiterbildung zum Thema nachhaltige Finanzberatung bevor: Bei unserem „Nachhaltigkeitstreffen Digital“ bilden wir Vermittler zu allen neuesten Fragen zum Thema aus – von der aktuellen Regulatorik über die Marktsituation bis hin zu den besten Lösungen in der Nachhaltigkeitsberatung.
Teil einer ganzheitlichen Qualifikation ist bei uns aber auch, dass wir Beraterbüros selbst auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit begleiten. Dies tun wir zum Beispiel über unser neues CO2-Fußabdruck-Tool, das Vermittler aktiv dabei unterstützt ihren eigenen Geschäftsalltag in puncto Nachhaltigkeit zu optimieren.
Zentral bei der Vermittlung von Versicherungslösungen ist immer auch eine angemessene Kundenansprache. Wie also können Vermittlerinnen und Vermittler trotz „Pflicht“ den Kundinnen und Kunden Lust auf nachhaltigen Versicherungsschutz machen?
Indem wir Spaß und Motivation am Thema Nachhaltigkeit wecken. Wir sollten davon wegkommen, Nachhaltigkeit immer nur mit Verboten und Verzicht in Verbindung zu bringen. Nehmen wir einen Kunden, der auf dem Land für den Arbeitsweg auf sein Auto angewiesen ist, einmal im Jahr mit der Familie in den Süden fliegt und am Wochenende gerne ein Steak auf dem Grill brutzelt. Dieser fühlt sich vom aktuellen Diskurs schnell in die Enge getrieben. Aus einer Blockadehaltung heraus, verlieren wir so einen Menschen am Ende vielleicht ganz für das Thema.
Können Sie das bitte konkretisieren?
Wie wäre es, unserem Kunden stattdessen zu vermitteln, dass Nachhaltigkeit viel mehr Facetten hat? Dass er sein Leben nicht von heute auf morgen auf den Kopf stellen muss? Dass er gemeinsam mit seinem Berater im Rahmen einer nachhaltigen Zukunftsvorsorge einen ersten wichtigen Beitrag für ein besseres Morgen leisten kann? Wir bieten unseren Kunden die Chance, selbst Teil der Lösung zu werden – das ist der Kern unserer blauen Ökologie.
Nachhaltigkeit ist für uns als Versicherungsbranche eine riesige Chance, unsere Dienstleistungen anfassbar zu machen und unsere Verantwortung der Gesellschaft gegenüber mit Leben zu füllen. Motivation und positive Emotionen rufen wir hervor, indem wir transparent zeigen, was eine nachhaltige Geldanlage bewirken kann. Bei Pangaea Life hat uns diese Überzeugung dazu gebracht, in Blockbuster-Manier eine digitale Investmentreise quer durch Europa zu den Windparks, Wasserkraftwerken und Solarparks unseres Sachwerte-Fonds „Blue Energy“ zu produzieren. Per VR-Brille machen wir nachhaltige Investments für Kunden und Berater somit hautnah erlebbar.
Was erwarten Sie in den kommenden Jahren beim Themenkomplex „Nachhaltigkeit“ in der Versicherungswirtschaft?
Nachhaltige Vorsorgeprodukte werden schon in fünf Jahren nicht mehr Ausnahme sondern Standard sein. Die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit in der Beratung wird nicht verschwinden. Über Erfolg und Misserfolg entscheidet dann, wer seine Kunden beim Thema Nachhaltigkeit zielgerichtet abholt – andernfalls sind Kunden schnell woanders. Nachhaltigkeit wird zur Selbstverständlichkeit, wenn es das vielleicht sogar nicht schon ist.
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Bild: © Romolo Tavani – stock.adobe.com
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