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10. Februar 2025
Wohngebäude: Ausschluss von Schwammschäden unwirksam?
Wohngebäude: Ausschluss von Schwammschäden unwirksam?

Wohngebäude: Ausschluss von Schwammschäden unwirksam?

Wohngebäudeversicherungen schließen Schäden durch Schwamm regelmäßig aus – eine Praxis, die nun auf den Prüfstand kommt. Der BGH entschied, dass der generelle Ausschluss möglicherweise unwirksam ist, wenn Schwammbefall eine typische Folge von Leitungswasserschäden darstellen sollte.

In der Wohngebäudeversicherung ist ein Schwammbefall meist ausgeschlossen, weil Sanierungskosten aufwändig und teuer sind. Immer wieder kommt es aber trotzdem zum Streit bezüglich der Kostenübernahme für die Sanierung von Hausschwammschäden. Erst vor Kurzem hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) damit zu beschäftigen, ob eine entsprechende und marktübliche Ausschlussklausel wirksam ist. Fachanwalt Stephan Michaelis hat sich das Urteil näher angesehen und erläutert dessen Bedeutung für die Beratungspflicht des Versicherungsmaklers.

Leitungswasser trifft auf Holzbauweise – Folge: Schwammschaden

In dem BGH-Fall machte eine Klägerin Ansprüche aus einer Wohngebäudeversicherung aufgrund eines Leitungswasseraustritts geltend. Bei dem versicherten Wohnhaus handelte sich um eine Holzständerbauweise im sogenannten Holzrahmenbau, was dem Versicherer auch bekannt war. In einer Klausel der Versicherungsbedingungen stand, dass ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden durch Schwamm nicht versichert sind.

Nun führte der Leitungswasserschaden aber zu einem Befall mit weißem Porenschwamm und der Versicherer verweigerte die Regulierung unter Berufung auf den Leistungsausschluss. Die Versicherungsnehmerin hielt dagegen und vertrat die Auffassung, dass die Ausschussklausel eine unangemessenen Benachteiligung sei, weil der Ausschluss von Schwammschäden wesentliche Rechte des Versicherungsnehmers in einer die Erreichung des Vertragszwecks gefährdenden Weise einschränke.

Das Landgericht Bonn gab der Klage dann nur hinsichtlich der Nässeschäden statt, die keinen kausalen Bezug zu Schwamm aufwiesen. Das Oberlandesgericht Köln (OLG) wies die Berufung der Klägerin zurück. Der BGH hob nun die Entscheidung des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache an dieses zurück.

Ist Schwamm eine typische und zwangsläufige Folge von Leitungsschaden?

Die Entscheidung des OLG stelle eine Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG dar, so der BGH. Dieser Anspruch verpflichte das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und erhebliche Beweisanträge zu berücksichtigen. 

Im Urteil heißt es, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer von seiner Wohngebäudeversicherung einen umfassenden und lückenlosen Schutz erwarte, die Ausschlussklausel schränke aber gerade diese berechtigte Erwartung ein. In der Urteilszusammenfassung vonseiten der Kanzlei Michaelis heißt es: „Eine Gefährdung des Vertragszwecks liege allerdings erst dann vor, so der BGH weiter, wenn die Einschränkung den Vertrag seinem Gegenstand nach aushöhle und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos mache. Der Vertragszweck könne durch den Ausschluss dann gefährdet werden, wenn Schwammschäden regelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufige und kennzeichnende Folge des Austritts von Leitungswasser wären, weil sich der Versicherungsnehmer mit dem Abschluss einer Leitungswasserversicherung vorwiegend vor solchen Schwammschäden schützen wolle und sich der Versicherer mit der Ausschlussklausel von der Kardinalpflicht des Versicherungsvertrages, Leitungswasserschäden zu entschädigen, freizeichnen würde.“ Der BGH stellt des Weiteren klar, dass die Frage, ob Schwammschäden regelmäßig oder zwangsläufige Folgen von Leitungswasseraustritten sind, grundsätzlich durch Sachverständigenbeweis zu klären sei.

Abkehr von früherem Urteil zu einem Schwammschaden

Ein abschließendes Urteil zu der Ausschlussklausel ist das nicht. Nach Einschätzung von Stephan Michaelis ist dies aber eine Abkehr früherer Rechtsprechung: In seinem ersten Urteil zu Schwammschäden aus dem Jahre 2012 (BGH – Az: IV ZR 212/10 habe der BGH noch entschieden, dass die Schwammschadenklausel nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung führe und damit wirksam sei.

Nun heißt es vonseiten des BGH, dass es in dem früheren Verfahren keine Anhaltspunkte dafür enthalten waren, dass Schwammschäden typische Folge eines Leitungswasseraustritts seien. Da dies in diesem Verfahren jedoch vorgetragen und unter Beweis gestellt worden sei, hätte der angebotene Sachverständigenbeweis auch erhoben werden müssen. 

Orientierung gibt es allerdings an einem weiteren Urteil aus dem Jahr 2017 (BGH – Az: IV ZR 151/15). Dort machte der BGH die Wirksamkeit des Ausschlusses von Schimmelschäden davon abhängig, ob Schimmelschäden typische Folge eines bestimmungswidrigen Leitungswasseraustrittes seien. Dieser Grundsatz ist auf den Ausschluss von Schwammschäden zu übertragen. Und dies muss nun das OLG Köln durch Einholung eines Gutachtens prüfen.

Versicherungsmakler sollten Vorsicht walten lassen

Ein grundsätzlich positives Urteil, stellt Michaelis dar, aber: „Vergessen Sie im Zusammenhang mit Schwammschäden keinesfalls Ihr Haftungsrisiko. Denn solange die Typizität von Schwammschäden nicht nachgewiesen wird, ist die Klausel wirksam. Der Kunde ist vermutlich überrascht und nicht wirklich glücklich.“ Insofern müssten Versicherungsmakler auf die Ausschlüsse aufmerksam machen und die tatsächlichen Gegebenheiten des Gebäudes berücksichtigen. Der BGH weist nämlich, so Michaelis, in seinem Beschluss darauf hin, dass möglicherweise ein Verstoß gegen die Beratungspflicht des Versicherers vorliege, da diese die Holzbauweise des Hauses kannte und dennoch einen Vertrag mit generellem Schwammausschluss abschloss. Denn Schwamm befällt bevorzugt verbautes Holz, insofern gilt es in der Beratung darauf zu achten. Eine gute Dokumentation schützt zudem vor späteren bösen Überraschungen, rät Michaelis. (bh)

BGH, Beschluss vom 13.11.2024 – IV ZR 212/23