Diese Entscheidung lässt die Vermittlerbranche ordentlich aufhorchen: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat in einer Mitteilung an den VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V. (VOTUM) bestätigt, dass 34f-Vermittler von der von August an beginnenden Abfragepflicht von Nachhaltigkeitspräferenzen bei Kunden befreit werden. VOTUM-Vorstand Klein erklärt dazu: „Im Austausch mit dem BMWK hat man uns nun offiziell bestätigt, dass die maßgebliche Delegierte Verordnung 2017/565 in der ab August geltenden Fassung ausschließlich von Wertpapierfirmen im Rahmen der Geeignetheitsprüfung berücksichtigt werden muss und keine direkte Anwendung auf § 34f-Vermittler findet.“
Auch die Finanzanlagenvermittlerverordnung begründet keine Abfragepflicht
Auch die Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV), die zwar auf Artikel 54 der Delegierten Verordnung verweist, führe nicht zu einer Verpflichtung zur Erfassung der Nachhaltigkeitspräferenzen, da es sich um einen starren Verweis auf den Stand der Verordnung mit den Änderungen durch die Verordnung (EU) 2017/2294 handele und somit spätere Änderungen der Verordnung nicht durch die Verweisung erfasst seien, heißt es von VOTUM. „Die Auskunft des Ministeriums ist damit eindeutig: Finanzanlagenvermittler sind weder auf Grund von direkt geltendem EU-Recht noch durch die FinVermV rechtlich verpflichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden zu ermitteln“, schreibt VOTUM daher in einer Pressemitteilung. „Wir begrüßen diese Klarstellung seitens des Ministeriums, welche der VOTUM Verband in engem Schulterschluss mit weiteren Vermittlerverbänden wie dem AfW nun erwirkt hat“, bewertet der VOTUM-Chef prompt die Entscheidung.
BMWK setzt auf Freiwilligkeit
In der BMWK-Mitteilung an VOTUM sei aber auch die Hoffnung geäußert worden, dass 34f-Vermittler die Anforderungen zur Abfragepflicht von Nachhaltigkeitspräferenzen in der Beratung freiwillig erfüllen mögen. Allerdings: Laut EU-Verordnung sind EU-Mitgliedsstaaten, die nun von dieser sogenannten Bereichsausnahme Gebrauch machen, aus Verbraucherschutzgründen dazu verpflichtet, die gleichen Wohlverhaltensregeln umzusetzen, wie sie eben für Wertpapierfirmen gelten. Daher erwartet Klein, dass es bei diesem Appell zur Freiwilligkeit nicht bleiben wird, sondern man davon ausgehen müsse, dass der Gesetzgeber an dieser Stelle bald aktiv werde.
Paradoxe Situation für den Vertrieb
Insbesondere die Durchführung einer vollständigen Geeignetheitsprüfung gehöre schließlich zu den zentralen Wohlverhaltensregeln von Wertpapierfirmen, so dass der deutsche Gesetzgeber hier gezwungen sein wird, die FinVermV auch kurzfristig anzupassen, schreibt VOTUM weiter. Es sei jedoch nicht zu erwarten, dass diese Anpassung, bei der auch der Bundesrat beteiligt werden müsse, vor dem 02.08.2022 abgeschlossen sein werde, schätzt Klein. Und diese nächste Sitzung des Bundesrates findet bereits am 08.07.2022 statt. Allerdings ergibt sich in der Vermittlerbranche nun die paradoxe Situation, dass „ein Versicherungsvermittler gesetzlich verpflichtet ist, Nachhaltigkeitspräferenzen zu ermitteln, sofern er eine fondsgebundene Lebensversicherung vermittelt – der gleiche Vermittler hierzu jedoch nicht verpflichtet ist, wenn er einen Fondssparplan vermittelt“, erklärt Klein. Nichtsdestotrotz teilen VOTUM und der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW e.V. weiterhin die Überzeugung, dass die Vermittler so früh wie möglich die Einführung einer Abfragepflicht von Nachhaltigkeitspräferenzen im Beratungsgespräch angehen. Denn: Früher oder später kommt die gesetzgeberische Anpassung der Verordnung und damit auch die ESG-Abfragepflicht für 34f-Vermittler. (as)
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