Ein Interview mit den Beteiligten darüber, was ist, wenn der schlimmste Fall eintritt und ein theoretisches Risiko Realität wird.
Herr und Frau Rechmeier, durch die Flutwelle wurden die Räume ihrer radiologischen und nuklearmedizinischen Arztpraxis im historischen Kurhaus in Bad Neuenahr-Ahrweiler vollständig zerstört, auch die sehr teuren Magnetresonanz- und Computertomographen (MRT und CT). Konnte mittlerweile alles wiederhergestellt und die Praxis wiedereröffnet werden?
Wolfgang Rechmeier: Wir hoffen, dass wir unsere Praxis im November wiedereröffnen können. Wer nicht vor Ort war, kann sich nicht vorstellen, was das Hochwasser bedeutet. Der Boden war kriegsartig drei bis vier Meter zerstört und die ganze Infrastruktur von Kanalisation und Strom vernichtet.
Der Wiederaufbau unserer Praxis ist das Eine, der Wiederaufbau des Kurhauses das Andere. Es hat gedauert, das alte Kurgebäude nach der Flut für dieses Gewicht wieder zu ertüchtigen. Denn ein MRT-Gerät wiegt etwa 25 t und ist auch nicht einfach so auf- und abgebaut. Man benötigt Experten, die die zerstörten Geräte fachmännisch entsorgen und die neuen Geräte installieren können, damit es nicht zu Verletzungen kommt.
Liliana Rechmeier: Bei dem Hochwasser 2021 muss man in ganz anderen zeitlichen Dimensionen denken. Noch hinzugekommen sind Lieferprobleme in allen Bereichen. Solche Szenarien waren bisher nur reine Theorie, bei uns wurden sie Realität.
Der Wasserstand in den Räumen betrug zwischenzeitlich bis zu vier Meter. Allein die Elektronikversicherung ist mit einem Schaden von 1,3 Mio. Euro dotiert, weitere Erstattungen erfolgten aus der Gewerbeinhalts-, der Betriebsunterbrechungs- und der Hausratversicherung. Die Alte Leipziger hat ein Volumen von 2,8 Mio. Euro entschädigt. Wie verlief die Zusammenarbeit mit dem Versicherer?
Wolfgang Rechmeier: Wir hatten bis im vergangenen Jahr kaum einen Versicherungsschaden, höchstens einmal eine Beule im Auto. Freunde sagten uns: Ihr braucht auf jeden Fall einen Anwalt. Den haben wir uns direkt genommen, aber es ging nicht richtig voran. Irgendwann haben wir den direkten Kontakt zum Versicherer gesucht. Und gemerkt: Alle sind sehr engagiert, sehr freundlich. Es gab zwei Gespräche, eines im Oktober und eines im Februar. Danach hatten wir eine feste Vereinbarung und wussten: Wir erhalten eine Entschädigung in Höhe von 2,8 Mio. Euro. Das war für uns von großem Wert. Wir hatten die Arbeit vom Tisch, wir hatten das finanzielle Thema aus dem Kopf. Wir hatten feste Zahlen für den Wiederaufbau.
Liliana Rechmeier: Danach hat sich auch psychologisch unheimlich viel getan. Mir war danach der Blick nach vorn wieder möglich. Das Signal für den Wiederaufbau brachte uns Zuversicht.
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können