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30. September 2024
Wie lässt sich die GenZ für die Versicherungsbranche gewinnen?
Wie lässt sich die GenZ für die Versicherungsbranche gewinnen?

Wie lässt sich die GenZ für die Versicherungsbranche gewinnen?

Um den Fachkräftemangel in der Assekuranz aufzuhalten, muss das klischeehafte Bild des verstaubten Versicherungsvermittlers mit Aktentasche aus den Köpfen. Besonders bei der Gen Z sehen Andreas Wollermann, der GENfluenZer®, und Toygar Cinar noch viel Potenzial, den Schritt in die Versicherungswirtschaft zu wagen.

Ein Beitrag von Andreas Wollermann, Berater und Trainer für Versicherer und Finanzdienstleister unter der Wortmarke GENsurance®, und Toygar Cinar von RHEINWEST HR Solutions, Experte im Bereich HR

Die Versicherungswirtschaft in Deutschland verändert sich ständig, doch eines bleibt konstant: Das Image der Branche innerhalb unserer Gesellschaft ist vor allem bei jungen Menschen oft verstaubt und bürokratisch, und der Beruf, den die meisten kennen, ist der des Verkäufers. Diese Wahrnehmung und Wirkung widerspricht der Realität, denn ohne moderne Technologien und innovative Geschäftsmodelle, die immer mehr an Bedeutung gewinnen, wären Versicherungsunternehmen nicht dort, wo sie heute stehen. Wir sind die Branche der hundert Berufe. Doch kaum jemand in unserer Gesellschaft schafft es, mehr als fünf Berufsbezeichnungen innerhalb die­ser Branche zu benennen. Gerade für die Generation Z, die in einer digitalisierten Welt aufgewachsen ist, bietet die Branche vielfältige und spannende Karrierechancen. Doch warum scheitert es oft an der Wahrnehmung und was kann die Versicherungswirtschaft tun, um ihr Image zu verbessern?

Die GenZ und ihre Erwartungen

Die Gen Z, geboren zwischen 1997 und 2012, ist die erste Generation, die vollständig mit digitalen Technologien aufgewachsen ist. Sie ist anspruchsvoll, gut informiert und sucht nach sinnstiftenden Tätigkeiten. Diese junge Generation legt großen Wert auf Work-Life-Balance, Diversität und Nachhaltigkeit. Für viele ist die Versicherungsbranche jedoch ein Buch mit sieben Siegeln, das mehr nach trockenen Vertragswerken oder aufdringlichen Verkäufern scheint, als es nach dynamischen Karrieremöglichkeiten klingt.

Im Weiteren haben wir als Branche die Herausforderung, mit den Fehlern der Vergangenheit auch offen und konstruktiv zu arbeiten. Viele Eltern haben schlechte Erfahrungen gemacht, welche sich auch auf die Haltung ihrer Kinder unserer Branche gegenüber bemerkbar macht. In der Summe dieser und vieler weiterer Faktoren liegt die größte Herausforderung hier: Die Branche muss sich nicht nur modernisieren, sondern auch lernen, ihre Geschichte besser zu erzählen.

Imageprobleme: Altbacken und langweilig?

Jedes Jahr erhalten wir die Ergebnisse der Studie zur Beliebtheit diverser Berufe und sie zeigt, dass die Versicherungsbranche in der Öffentlichkeit oft als wenig attraktiv wahrgenommen wird. Den letzten Platz bei einer Umfrage zu belegen, hat die Branche nicht verdient! Klischees von aufdringlichen Beratern, die in blauen Anzügen und endlosen Papierstapeln vor allem an Neuabschlüssen und Umsatz interessiert sind, dominieren das Bild. Doch das ist längst nicht mehr die Realität. Versicherungsunternehmen sind heute Vorreiter in Bereichen wie Big Data, künstlicher Intelligenz (KI) und digitalen Services. Sie bieten eine Vielzahl von Berufsbildern, die weit über den klassischen Versicherungsberater hinausgehen. Von Data Scientists über UX-Designer bis hin zu Nachhaltigkeitsexperten – die Bandbreite ist enorm und wird noch weiter wachsen.

Bildung und Bekanntheit: Der Schlüssel zur Veränderung

Eine der größten Hürden, die wir innerhalb der Gesellschaft haben, um das Image zu wandeln, ist die mangelnde Bekanntheit der verschiedenen Berufsbilder. Viele Jugendliche und junge Erwachsene wissen schlichtweg nicht, welche spannenden Karrieremöglichkeiten die Versicherungswirtschaft bietet. Hier sind nicht nur die Unternehmen selbst gefragt, sondern auch die Verbindung zu Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen. Eine enge Zusammenarbeit im Rahmen von Berufsorientierung kann z. B. durch Erlebnisse in der Schule dazu beitragen, das Bild der Branche in den Köpfen von jungen Menschen zu modernisieren und das negative Bild zu einem positiven zu verändern.

Recruiting: Authentizität und Transparenz

Ein besonders wichtiger Punkt ist das Recruiting. Die Gen Z legt großen Wert auf Authentizität, schnelle Reaktionen und Transparenz. Unternehmen müssen sich ehrlich und offen präsentieren, um diese jungen Talente für sich zu gewinnen. Ein Karriereportal voller toller Bilder reicht nicht mehr aus. Es braucht echte Einblicke in den Arbeitsalltag, authentische Mitarbeitergeschichten und klare Aussagen zu Karrierechancen und Weiterbildungsmöglichkeiten, die im Nachgang auch eingehalten werden. Auch die Themen Diversität und Inklusion spielen eine zentrale Rolle. Unternehmen, die sich hier klar positionieren, haben einen entscheidenden Vorteil im Wettbewerb um die besten Köpfe der Zukunft.

Die Rolle von Social Media

Social Media ist das Fenster zur Welt und der direkte Zugang zur Gen Z. Hier informieren sie sich, relaxen, tauschen sich aus und entdecken neue Karrieremöglichkeiten. Unternehmen, die auf Plattformen wie Instagram, LinkedIn oder TikTok präsent sind und dort proaktiv in der Sprache und durch junge Menschen kommunizieren, erreichen diese Zielgruppe viel direkter und authentischer, als es klassische Kommunikationsmedien je schaffen könnten. Gerade bei jungen Menschen zählen Empfehlungen und Erfahrungsberichte von Gleichaltrigen mehr als Hochglanzbroschüren oder Versprechungen. Hier können Versicherungsunternehmen zeigen, dass sie moderne Arbeitgeber sind, die spannende und sinnvolle Karrieren in den unterschiedlichsten Berufsbildern bieten.

In der aktuellen AssCompact Studie TRENDS III/2024 haben sich Versicherungsmakler intensiv mit der Zukunft ihrer eigenen Branche auseinandergesetzt. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Nur 15% der Befragten würden den Beruf des Versicherungsmaklers mit voller Überzeugung weiterempfehlen. Weitere 36% sind sich nicht sicher und antworten mit einem zögerlichen „Eher ja“. Doch die wirklich alarmierende Zahl ist diese: Über 50% würden jungen Menschen abraten, eine Karriere als Versicherungsmakler einzuschlagen.

Diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache und werfen eine entscheidende Frage auf: Wenn diejenigen, die die Branche von innen heraus kennen, so wenig Vertrauen in ihre Zukunft haben, wie sollen wir es dann von Außenstehenden erwarten?

Digitalisierung als Chance

Die Digitalisierung bietet der Versicherungsbranche große Chancen zur Optimierung von Prozessen und zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Ein Beispiel: Unternehmen nutzen KI in der Schadenregulierung, um Bearbeitungszeiten zu verkürzen und die Effizienz zu steigern. Um das volle Potenzial der Digitalisierung auszuschöpfen, sollten Unternehmen in digitale Infrastruktur und die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter investieren. Offenheit gegenüber neuen Technologien und kontinuierliches Lernen steigern die Attraktivität als Arbeitgeber.

Erfolgsgeschichten authentisch kommunizieren

Eine Idee: Erfolgsgeschichten und Best Practices aktiv zu kommunizieren, kann das Image der Branche verbessern. Diese Transparenz zeigt die vielfältigen Karrierechancen und vermittelt ein realistisches Bild der Arbeitswelt. Interaktive Formate wie Webinare oder Podcasts machen Erfolgsgeschichten lebendig und spannend. Es lohnt sich auch, mit Corporate Influencern zusammenzuarbeiten. Mitarbeiter, die die Unternehmensmarke repräsentieren und diese Geschichten teilen, können das Image des Unternehmens positiv beeinflussen.

Fazit: Wandel möglich und notwendig

Die Versicherungswirtschaft befindet sich auf einem Weg der Erneuerung. Um Talente der Gen Z für sich zu gewinnen, muss die Branche ihr Image deutlich modernisieren, die Nähe zu Schulen zu suchen und die Vielfalt ihrer Karrieremöglichkeiten sichtbar machen. Dies erfordert nicht nur eine Überarbeitung der Kommunikationsstrategien, sondern auch eine echte kulturelle Transformation innerhalb der Unternehmen. Die jungen Menschen von heute sind die Führungskräfte und Entscheider von morgen. Es liegt an der Versicherungswirtschaft, ihnen eine attraktive und sinnstiftende berufliche Heimat zu bieten. Der Wandel ist nicht nur möglich, sondern dringend notwendig, um die Zukunft unserer Branche zu sichern.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 09/2024 und in unserem ePaper.
Informationen zur im Beitrag erwähnten und zu allen weiteren AssCompact Studien sind unter asscompact-studien.de zu finden.

Bild: © Tierney – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Toygar Cinar
Andreas Wollermann