Interview mit Holger Schröm, Leiter Vertrieb für unabhängige Finanzberater und Versicherungen, und Stefan Wörfel, Internal Client Advisor bei J.P. Morgan AM
Herr Schröm, Herr Wörfel, J.P. Morgan AM ist in Deutschland einer der stärksten Anbieter von aktiven ETFs. Wie wird das Geschäft bislang angenommen?
Holger Schröm Wir bieten die aktiven ETFs in Deutschland bereits seit 2018 an und in den letzten ein bis zwei Jahren hat die Nachfrage sehr stark zugenommen. Das liegt unter anderem daran, dass ein Teil der aktiven ETFs nun einen Track Record von sechs Jahren vorweisen kann, aber auch, dass die Vorteile von aktiv gemanagten Strategien im ETF-Mantel nach und nach verstanden und von immer mehr Kundengruppen genutzt werden. Und nun haben wir ein sehr breites Angebot von 33 aktiven ETFs für unterschiedliche Investmentbedürfnisse, das hilft sicherlich auch. Zahlreiche Awards – zuletzt ein Scope-Award für Finanzinnovationen – und immer mehr Aufmerksamkeit auch von Medienseite helfen natürlich ebenfalls.
Die Nachfrage wird sicher weiter wachsen. Werden aktive ETFs die passiven Lösungen irgendwann überholen?
HS Wenn wir uns die USA anschauen, die in der Entwicklung ja bereits ein paar Jahre vor uns liegen, könnte man zumindest vermuten, dass die aktiven ETFs den passiven noch einige Marktanteile streitig machen werden. Aktuell liegt ihr Marktanteil bei 3% – da ist also noch einiges an Luft.
Klassische passive ETFs gelten als sehr transparent. Gilt das denn für aktive ETFs genauso?
HS Aktive ETFs bieten tatsächlich die gleichen Vorteile wie die passiven, also beispielsweise die tägliche Transparenz des gesamten Portfolios. Das hat ja damals in der Finanzkrise auch den Siegeszug der ETFs eingeläutet, als wichtig wurde, zu wissen, welche Risiken in den Fondsportfolios enthalten sind.
Nutzen Sie bei Ihren aktiven ETFs auch künstliche Intelligenz für die Analyse?
Stefan Wörfel Wir haben inzwischen eine ganze Reihe hausintern entwickelter Tools in unsere Investmentplattform „Spectrum“ integriert, die die Vorteile der künstlichen Intelligenz nutzen und dem Fondsmanagement das Leben leichter machen. Sei es bei der Analyse großer Datenmengen, wenn wir etwa auf Analystenresearch der letzten rund 40 Jahre zugreifen, oder aber wenn es darum geht, Fehler bei der Bewertung zu identifizieren. Unsere Datenbasis ist ein ganz wichtiger Aspekt unseres aktiven Managements. Denn letztendlich bietet sie eine Unterstützung – so ähnlich wie ein Navigationssystem im Auto – für unsere Analysten und Fondsmanager.
HS Unsere mehr als 80 weltweit arbeitenden Research-Analysten sammeln seit fast vier Jahrzehnten täglich ihre Prognosen. Das sind rund 25 bis 30 Millionen Datenpunkte – ein echter Informationsvorteil. Mit künstlicher Intelligenz können wir diese Daten heute viel besser ausnutzen und die Differenz zwischen den aus unserer Sicht unter- und überbewerteten Aktien noch viel feiner analysieren – die Möglichkeiten sind praktisch endlos.
Ihre aktiven ETFs finden sich mittlerweile auch in Fondspolicen. Welche Vorteile bieten solche Produkte im Versicherungsmantel?
SW Neben der genannten Transparenz bietet der ETF-Mantel auch eine sehr große Flexibilität bei der Handelbarkeit, die börsentäglich und auch „intraday“ erfolgen kann. Und auch kostenseitig sind die aktiven ETFs sehr attraktiv.
Wie ist denn die Nachfrage vonseiten der Versicherer nach aktiven ETFs für deren Fondspolicen? Müssen Sie hier noch viel Eigeninitiative zeigen?
SW Einige Versicherungspartner haben die aktiven ETFs bereits aufgenommen, bei den anderen führen wir interessante Gespräche.
Wie bekommt man als Fondsgesellschaft eigentlich seine Produkte in Fondspolicen? Wie funktioniert hier die Zusammenarbeit mit dem Versicherer?
HS Grundsätzlich stehen wir in engem Austausch mit den verschiedenen Versicherungsgesellschaften und stellen ihnen regelmäßig neue, innovative Produktideen vor. Für die Versicherer haben diese Entscheidungen eine langfristige Tragweite, daher muss das Produkt langfristig aussichtsreich sein, um auch vom Vertrieb akzeptiert zu werden. Dies erleben wir gerade mit unseren aktiven ETFs. Die Entscheidung für ein bestimmtes Produkt oder einen Anbieter fällt die jeweilige Gesellschaft dann auf Basis ihrer hausinternen Researchprozesse. Unsere langjährige, häufig sogar über Jahrzehnte andauernde gute Zusammenarbeit mit vielen Versicherern bildet auf jeden Fall eine solide Grundlage für das Wissen, dass Innovationen aus unserem Haus Hand und Fuß haben.
Wie sieht es bei Fondspolicen mit aktiven ETFs mit der Rendite aus? Gerade wegen der steigenden Popularität von ETFs wird ja heute verstärkt auf die Kosten geblickt.
SW Die aktiven ETFs haben das Ziel, mittel- bis langfristig den Index zu übertreffen. Nehmen wir z. B. den JPM Global Research Enhanced Index Equity UCITS ETF. Dessen Ziel ist, aktienspezifische Erkenntnisse auf das globale Research-Enhanced-Index-(kurz: REI-)Portfolio zu übertragen, während die Struktur der Portfolios indexähnlich bleibt. Dies wird erreicht durch die Kombination unseres fundamentalen Researchs mit einem robusten Risikomanagement. Diese Erkenntnisse unseres globalen Analystenteams werden in ein indexähnliches Portfolio verpackt, in dem wir bestimmte Aktien leicht über- oder untergewichten. Das Endergebnis ist ein stilneutrales, sektorneutrales und regional neutrales ETF-Portfolio, das aus der Vogelperspektive dem MSCI-World-Index gleicht, gleichzeitig sehr diversifiziert ist und die Chance auf kleinen Mehrertrag bietet.
HS Die aktiven ETFs haben eine attraktive Preisstruktur, z. B. für den gerade genannten Global REI ETF 0,25% p. a. Seit Auflage 2018 haben wir die Benchmark, auch nach Abzug der Kosten, übertroffen – der echte Mehrwert in Form von Zusatzerträgen liegt bei 0,86% p. a. über fünf Jahre.
Inwiefern bilden Fondspolicen mit aktiven ETFs im Portfolio eine neue Chance für Versicherungsmakler und Anlageberater?
HS Eine Fondspolice – also Investments in Fonds oder ETFs auf der Basis von Versicherungslösungen – ist seit Jahren ein etabliertes und beliebtes Investment für den Vermögensaufbau und insbesondere die Altersvorsorge. Denn die steuerlichen Vorteile der Fondspolice, verbunden mit der Flexibilität von ETF-Investments, stellen eine attraktive Kombination dar. Ähnlich wie bei einem klassischen Fonds- oder ETF-Sparplan legen Anleger bei einer Fondspolice ihr Geld in Aktien oder Anleihen an, um von den Entwicklungen der Kapitalmärkte zu profitieren und damit für ihren Ruhestand vorzusorgen. Je nach Versicherungsanbieter gibt es inzwischen eine große Auswahl an verschiedenen Investmentfonds und zunehmend auch ETFs. Obwohl das Segment der aktiven ETFs überdurchschnittlich wächst, sind diese ETFs noch wenig bekannt. Die Vorstellung dieser neuen Produktwelt bietet einen guten Anknüpfungspunkt für das Kundengespräch.
SW Die Botschaft ist ja sehr einleuchtend: Aktive ETFs bieten die Möglichkeit, „cleverer als der Index“ zu investieren und das Beste aus beiden Welten zu kombinieren. Wer wird da nicht neugierig?
Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 03/2025 und in unserem ePaper.


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