Beweislastumkehr
Ist eine Beratungsdokumentation nicht vollständig oder fehlt sie ganz, hat der Vermittler ein Haftungsproblem, auch wenn er keinen Beratungsfehler begangen hat. Der BGH hat bereits vor einiger Zeit entschieden, dass die Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht des Versicherungsvermittlers zu Beweiserleichterungen des Versicherungsnehmers bis hin zu einer Beweislastumkehr führen kann.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt war zwischen den Parteien streitig und entscheidungserheblich, ob der beklagte Versicherungsvertreter den Kläger über die nachteiligen Folgen und Risiken der „Umdeckung“ einer bestehenden Lebensversicherung aufgeklärt hatte. Grundsätzlich müsse – so der Bundesgerichtshof (BGH) – der den Schadensersatz begehrende Versicherungsnehmer darlegen und beweisen, dass der Versicherungsvermittler seine Beratungspflicht verletzt habe.
Allerdings treffe den Versicherungsvermittler eine sekundäre Darlegungslast. Insoweit sei erheblich, dass der beklagte Vertreter im vorliegenden Fall die Beratung nicht dokumentiert habe. Dies habe Auswirkungen auf die Beweislastverteilung. Die Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht des Versicherungsvermittlers könne nämlich Beweiserleichterungen zugunsten des Versicherungsnehmers bis hin zu einer Beweislastumkehr nach sich ziehen. Die Funktion der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Dokumentationspflicht liege vornehmlich darin, dass der Versicherungsnehmer mit einer Beratungsdokumentation die wesentlichen Inhalte der Beratung vor Augen geführt und an die Hand bekomme. Hierdurch werde er in die Lage versetzt, seine Entscheidung des Näheren zu überprüfen und den ihm sonst kaum möglichen Nachweis über den Inhalt der Beratung zu führen. Werde ihm diese Nachweismöglichkeit durch das Fehlen einer Dokumentation abgeschnitten, so habe dies Auswirkungen auf die Verteilung der Beweislast.
Sei ein erforderlicher Hinweis von wesentlicher Bedeutung – wie im vorliegenden Fall – nicht, auch nicht im Ansatz, dokumentiert worden, so müsse grundsätzlich der Versicherungsvermittler beweisen, dass dieser Hinweis erteilt worden sei. Gelinge ihm dieser Beweis nicht, so sei zugunsten des Versicherungsnehmers davon auszugehen, dass der betreffende Hinweis nicht erteilt worden sei, der Versicherungsvermittler mithin pflichtwidrig gehandelt habe.
Lücken in der Beratungsdokumentation
Lücken in der Beratungsdokumentation indizieren demnach eine Lücke in der Beratung. Diese gilt es tunlichst zu vermeiden. Deshalb noch einmal der Hinweis: Die wesentlichen Beratungselemente im Vorfeld durchdenken, dabei die wichtigsten Punkte identifizieren und im Beratungsgespräch situativ thematisieren und vollständig dokumentieren.
Fazit
Es ist für Vermittler mehr als fahrlässig, auf die häufig als lästig empfundene Dokumentation ihrer Beratungsgespräche zu verzichten, weil dadurch ihre Beweissituation im Streitfall wesentlich verschlechtert wird. Aber keine noch so gute Beratungsdokumentation kann einen Beratungsfehler ungeschehen machen.
Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 01/2025 und in unserem ePaper.
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