Ein Artikel von Hans-Ludger Sandkühler
Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir uns im Rahmen dieser Kolumne mit Maklerverträgen beschäftigt haben. Offenbar hat das Thema Maklervertrag mittlerweile eine solche Dynamik erreicht, dass eine monatliche Kolumne bald nicht mehr ausreicht, es angemessen zu besprechen. Aktuell hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) einen Versicherungsmakler wegen mehrerer Klauseln in seinem Maklervertrag abgemahnt. Was nun?
Zahlreiche Makler arbeiten heute noch ohne (schriftlichen) Maklervertrag, andere vertrauen auf Mustertexte aus dem Kollegenkreis, wieder andere verwenden kostenlose Muster aus Textbausteinmaschinen, einige lassen sich für viel Geld individuelle Verträge erstellen. Vielfalt ist besser als Einfalt. Keine Frage. Ob aber die – im Zweifel gut gemeinte – Verwendung unterschiedlichster Vertragsmuster mit relevanten Qualitätsgefällen der Sache der Makler hilft, ist durchaus eine Frage. Für Unruhe sorgen auch Entscheidungen der Rechtsprechung.
Basics
Für den Abschluss des Maklervertrages bestehen keine gesetzlichen Formvorschriften. Es ist deshalb auch möglich und oft üblich, Maklerverträge mündlich oder durch schlüssiges Verhalten (konkludent) abzuschließen. Das Problem: Inhalt und Reichweite des Maklervertrages bleiben unbesprochen und unklar, sodass später Streitigkeiten darüber entstehen können. Zur Vermeidung späterer Streitigkeiten über Umfang und Inhalt sollten Maklerverträge grundsätzlich schriftlich oder in Textform vereinbart werden. Wichtige regelungsbedürftige Punkte sind zum Beispiel der Umfang der Maklerpflichten und Mitwirkungspflichten des Kunden.
Maklervertrag mit oder ohne AGB?
Die Ausgangsfrage ist schon falsch. Denn sobald ein Vertragsmuster mehrfach verwendet wird oder verwendet werden könnte, wird es von der Rechtsprechung regelmäßig als allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) beurteilt, die fast vollständig der gerichtlichen Inhaltskontrolle unterliegt. Praktisch bedeutet dies, dass im Zweifel jeder am Markt verwendete Maklervertrag sich einer gerichtlichen Inhaltskontrolle stellen können muss. Dabei macht es keinen Unterschied, ob ein Vertrag durchgeschrieben ist oder ob einem Vertrag AGB als Anlage beigefügt sind.
Früher waren kurze durchgeschriebene Maklerverträge üblich. Inzwischen gibt es zunehmend Maklerverträge mit separaten AGB und zunehmender Klauselflut. Die Idee dahinter: Die Maklerverträge lassen sich leicht und ohne ausdrückliche Kundenzustimmung anpassen. Die AGB enthalten eine sogenannte Erklärungsfiktion, mit der das Schweigen des Kunden auf die Änderungsankündigung als Zustimmung fingiert wird. Es liegt auf der Hand, dass die Erfolgsquote einer Vertragsänderung aufgrund der Zustimmungsfiktion deutlich höher liegen wird, als wenn eine ausdrückliche Zustimmung des Kunden erforderlich wäre. Diese Vorgehensweise hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits im vergangenen Jahr – zu Recht – kassiert. Dem BGH zufolge weicht die Erklärungsfiktion von wesentlichen Grundgedanken der §§ 305 Abs. 2, 311 Abs. 1, 145 ff. BGB ab, indem sie das Schweigen des Verwendungsgegners als Annahme eines Vertragsänderungsantrags qualifiziert, und benachteiligt so den Kunden unangemessen nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Aktuell abgemahnte Klauseln
Eine solche Erklärungsfiktion enthielt der nun vom vzbv abgemahnte Maklervertrag. Dazu wurden das in den AGB enthaltene Abtretungsverbot sowie die dort verwendete Rechtsnachfolgeklausel gerügt. Ein Abtretungsverbot ist in Verträgen mit Verbrauchern verboten. Eine Rechtsnachfolgeklausel ist sinnvoll und zulässig. Allerdings genügte die abgemahnte Klausel nicht den Anforderungen des BGB.
Zahlreiche andere Klauseln unwirksam
In anderen Verfahren haben Instanzgerichte zahlreiche weitere Klauseln in Makler-AGB für unwirksam erklärt. Das LG Leipzig hat bereits 2016 in einer Entscheidung gleich zwölf Klauseln beanstandet. Darunter zum Beispiel Einwilligung in Werbung, Vergütungsabreden für Betreuung, Haftungs- und Marktbeschränkungen.
Problem Direktversicherer und Verweigerungsversicherer
Kürzlich hat auch das LG Konstanz den Ausschluss von Direktversicherern im Maklervertrag für unwirksam erklärt. Darüber hinaus haben das LG Frankfurt (CHECK24) und das OLG Karlsruhe (Verivox) den beklagten Portalen untersagt, auf ihren Internetseiten Versicherungsverträge anzubieten oder abzuschließen, ohne Verbraucher ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass dem Vergleich nur eine eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl zugrunde gelegt wird und/oder Verbrauchern mitzuteilen, auf welcher Markt- und Informationsgrundlage die Vermittlungsleistung erbracht wird. Ein bloßer Hinweis in den AGB des Maklers reicht nach Auffassung des OLG Karlsruhe nicht aus. Die Berücksichtigung von Direktversicherern und Verweigerungsversicherern könne somit nicht im Maklervertrag ausgeschlossen werden. Die dogmatisch nachvollziehbaren Entscheidungen sind insbesondere für kleinere und mittlere Maklerbetriebe unbefriedigend, da die Einbeziehung von Direktversicherern und Verweigerungsversicherern in der Praxis kaum möglich ist. Bleibt das umständliche Hinweisverfahren zur eingeschränkten Beratungsgrundlage. Gute praktische Umsetzungsvorschläge dazu gibt es auf den Internetseiten von AfW und VOTUM. Bleibt zu hoffen, dass der BGH irgendwann zu einer praxisnäheren und differenzierten Erkenntnis gelangt. Formal sind CHECK24 und Verivox Versicherungsmakler. Ihr Auftreten in der Öffentlichkeit, insbesondere in den ausgesprochen albernen Werbespots, unterscheidet sie wesentlich vom Selbstverständnis eines echten Versicherungsmaklers.
Eine Frage des Blickwinkels
Ob es sinnvoll ist, in Maklerverträgen auf umfangreiche und im Zweifel häufig anpassungsbedürftige Klauselwerke zu setzen, ist letztlich eine Frage des Blickwinkels. Mit eristischer Fantasie, genügend Geduld und Akribie kann man sich ein Maklerleben lang mit der Optimierung des Maklervertrages beschäftigen. Dabei gilt: Je komplizierter und detaillierter der Maklervertrag, umso mehr Erklärungs- und Änderungsbedarf. Und je umfangreicher der Vertrag, desto eher unterschwellige Befürchtungen beim Kunden, eventuell übervorteilt zu werden. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass Verbraucherschützer nachteilige Klauseln aufs Korn nehmen. Das ist auch keineswegs ein Novum, wie teilweise angemerkt wird. Spätestens seit der Entscheidung des LG Leipzig im Jahr 2016 war damit zu rechnen. Dass nun früher als zweckmäßig und rechtssicher empfohlene Klauseln einem ständigen Nachbesserungsprozess ausgesetzt sind, erinnert ein wenig an eine Stelle aus der wunderschönen Ballade vom Zauberlehrling unseres großartigen Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe, in der es heißt: „Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister werd ich nun nicht los.“
Es ist deshalb durchaus überlegenswert, im Geschäftsverkehr mit Kunden mit einem auf das Wesentliche beschränkten Standardmaklervertrag zu operieren, der eine ausgewogene Risikoverteilung gewährleistet und doch nicht ständig geändert werden muss. Im Zuge der VVG-Reform hatte schon der kluge Professor Römer, zunächst Vorsitzender des Versicherungssenats beim BGH, dann erster Ombudsmann für Versicherungen, dafür plädiert, dem Kunden die wichtigsten Inhalte und Risiken eines Versicherungsvertrages auf einer Seite zu erklären. Vor nachteiligen Folgen des „Kleingedruckten“ würden im Zweifel die Gerichte schützen. Wenn ein Kunde die wichtigsten Punkte eines Maklervertrages verstanden und akzeptiert hat, ist die Basis für eine harmonische Zusammenarbeit gelegt.
Hans-Ludger Sandkühler
Hans-Ludger Sandkühler ist ausgewiesener Experte in Maklerfragen, gefragter Referent und Autor zahlreicher Veröffentlichungen. Außerdem ist er Mitinitiator des Arbeitskreises „Beratungsprozesse“ sowie Geschäftsführer des Instituts für Verbraucherfinanzen.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 06/2022, S. 78 f., und in unserem ePaper.
Bild: © pathdoc – stock.adobe.com
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können