Die Beschwerden über Versicherer nehmen zu. Die Geschäftsstelle des Versicherungsombudsmann e.V. hatte bereits im Januar berichtet, dass das Jahr 2024 durch weiter steigende Beschwerdezahlen geprägt war. Der Anstieg betrug beinahe 20%.
Insgesamt waren 21.548 Eingänge zu verzeichnen; davon waren 15.659 zulässig. Am Mittwoch hat die Versicherungsombudsfrau Dr. Sybille Kessal-Wulf weitere Details aus dem Jahresbericht 2024 vorgestellt. So hob sie hervor, dass die Schlichtungsstelle 2024 so viele Beschwerdevorgänge wie noch nie seit Gründung des Vereins im Jahr 2001 erreichten, was sie auch auf eine wachsende Bekanntheit der Schlichtungsstelle zurückführt.
Beschwerden über mangelnde Kommunikation
Dr. Kessal-Wulf attestierte den Versicherern grundsätzlich ein großes Interesse an außergerichtlichen Einigungen über die Schlichtungsstelle. Gleichzeitig sprach sie jedoch ein wachsendes Problem an: Immer mehr Versicherte begründen ihre Beschwerden ausschließlich mit ausbleibender oder stark verzögerter Kommunikation. Mal reagieren Versicherer gar nicht, mal erst nach langer Zeit auf Schadenmeldungen oder Rückfragen.
Insofern fiel im Berichtsjahr zunehmend auf, dass sich die Leistungsbearbeitung durch die Versicherer verzögerte. Wurden sie darauf angesprochen, zeigten sich viele Versicherer kooperativ – oft bereit zu einem Vergleich, einem besonderen Entgegenkommen oder sogar zur vollständigen Abhilfe, wie die Ombudsfrau im Jahresbericht darstellt. Kritik gibt es auch immer wieder an der Art der Leistungsablehnungen: Diese seien oft knapp, unklar oder für juristische Laien kaum nachvollziehbar.
Die Ombudsfrau relativiert jedoch gleichzeitig die Kritik und führt die Beschwerden der Versicherten teilweise auf deren überzogene Erwartungshaltung zurück. Ein Versicherer könne eben nicht so schnell reagieren wie etwa Unternehmen im Onlinehandel. Jedoch hatte erst kürzlich die BaFin die Versicherungsunternehmen zu einer zügigeren Schadenbearbeitung aufgefordert. Und fragt man Versicherungsmakler, kennen sie dieses Problem seit Langem. Die Versicherer wiederum verweisen auf Ursachen wie Fachkräftemangel und hohe Krankenstände.
Folgen: Kreditaufnahme für Tierbehandlung oder Mehrkosten für Mietwagen
Der Jahresbericht nennt konkrete Beispiele, in denen eine verspätete Leistungsbearbeitung schwerwiegende Folgen für den Versicherten haben kann: In der Tierkrankenversicherung sähen sich Versicherungsnehmer etwa wegen verzögerter Reaktionen der Versicherer gezwungen, Kredite aufzunehmen, um dringend nötige Behandlungen selbst zu finanzieren. In der Kfz-Versicherung entstünden Mehrkosten, etwa durch die Anmietung eines Ersatzwagens. Bei Schäden an Wohngebäuden sei das Bedürfnis der Eigentümer oder Bewohner nach zügiger Regulierung naturgemäß besonders dringlich.
Am meisten Beschwerden in der Kfz-Versicherung
Die Zunahme von Schlichtungsanträgen betraf fast alle Versicherungssparten. Starke Zuwächse hatte vor allem die Kfz-Versicherung (3.554; Vorjahr: 2.407) mit ihren Teilsparten Haftpflicht und Kasko. Mehr zulässige Beschwerden gab es auch in der Gebäudeversicherung und den „sonstigen Versicherungen“ wie Elektronik-, Tierkranken- und Reiseversicherung.
Bei den Eingängen in absoluten Zahlen führend waren ebenfalls die Kfz-Versicherungen, Haftpflicht und Kasko zusammengenommen, gefolgt von den Sparten Rechtsschutz und Leben.
Die Hauptthemen in der Kfz-Haftpflicht blieben gegenüber dem Vorjahr unverändert: Streit um Schadenfreiheitsklassen, deren Übertragung beim Versichererwechsel sowie umstrittene Schadenregulierungen zugunsten Dritter. In der Kaskoversicherung standen erneut Diebstähle und Differenzen zur Schadenshöhe im Fokus. Häufigster Auslöser bei Diebstahlsfällen blieb die unzureichende Begründung von Leistungsablehnungen – Versicherer verwiesen Kunden oft ohne nähere Erklärung auf den Rechtsweg.
Rechtsschutzversicherung: Scraping – Auslesen von Daten aus dem Internet
Im Berichtsjahr gingen bei der Schlichtungsstelle 2.936 zulässige Beschwerden zur Rechtsschutzversicherung ein. Der Anstieg hat zwei Hauptursachen: Zum einen ist die Sparte juristisch komplex und für Laien oft schwer verständlich. Zum anderen betrafen rund 300 Beschwerden den sogenannten „Scraping-Komplex“. In diesen Fällen forderten Nutzer von Social-Media-Plattformen Schadensersatz, Unterlassung oder Auskunft, weil ihre Daten durch ein Datenleck kompromittiert worden waren.
Erfolgsquote leicht gestiegen
Die Erfolgsquote der Schlichtungsanträge lag bei den Beschwerden zu den Versicherern über die Sparten hinweg (ohne Lebensversicherung) bei 52,4% und ist damit gegenüber dem Vorjahr leicht angestiegen. In der Lebensversicherung betrug sie immerhin 34,4% und bewegte sich damit nur geringfügig unter dem Niveau von 2023. In 31,9% aller Beschwerdefälle kam es zu einer Abhilfe durch den Versicherer; in der Sparte Leben half der Versicherer in 21,9% der Beschwerdefälle ab. Nach § 9 Absatz 2 VomVO kann die Ombudsfrau das Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen auch mit einem Schlichtungsvorschlag beenden. Dies geschah im Berichtsjahr in 169 Fällen. (bh)
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