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27. November 2024
Versicherungen im Umbruch: Wer sich nicht ändert, ist raus
Versicherungen im Umbruch: Wer sich nicht ändert, ist raus

Versicherungen im Umbruch: Wer sich nicht ändert, ist raus

„Die Zukunft beginnt jetzt – und HR hat den Schlüssel in der Hand“, meint Toygar Cinar. Dazu muss die Versicherungsbranche umdenken, um nicht den Anschluss zu verlieren. Mit harten Worten will der HR-Experte in seinem Kommentar wachrütteln und ruft zum sofortigen Handeln auf.

Ein Kommentar von Toygar Cinar, RHEINWEST HR Solutions Experte im Bereich HR

Drastisch formuliert: Die Versicherungsbranche steht am Abgrund, und viele merken es nicht mal. Alte Führungskulturen, verstaubte Recruitingmethoden und der demogra­fische Wandel treiben einige Unternehmen langsam, aber sicher in die Bedeutungslosigkeit. Und wer ist schuld? Eine HR, die sich selbst als Verwalter versteht, statt endlich zu gestalten. Wer die Zukunft sichern will, muss jetzt handeln. Vier Dinge stehen ganz oben auf der Liste: neue Führung, Gen Z richtig ansprechen, den demografischen Wandel endlich ernst nehmen und die Wertschöpfung auf Kurs bringen.

Neue Führung: Macht endlich Schluss mit Kontrolle

Versicherungsunternehmen sind „Kontrollfanatiker“. Führungskräfte, die alles überwachen und Entscheidungen nur von oben nach unten durchdrücken, ersticken Innovation im Keim. Schaut mal in eure Büros: Wie viele Führungskräfte halten krampfhaft an ihren Machtspielchen fest, anstatt ihren Leuten echte Verantwortung zu geben? Genau das ist das Problem. Führung im Jahr 2024 heißt: Kontrolle loslassen und den Mitarbeitenden Vertrauen schenken. Ja, Vertrauen – ein Wort, das in den Vorstandsetagen vieler Versicherer noch nicht angekommen ist. Könnt ihr euch noch an die Vertriebspeitschen erinnern? Diese etwas älteren Damen und Herren, die mit harter Hand die Umsätze hochtreiben und sich feiern lassen? Ja das klappte mal in den 90er-Jahren. Der Kunde hat sich geändert. Der Vertrieb hat sich geändert.

Wer es als HR ernst meint mit der Zukunft, sollte anfangen, diese Kontrollfreaks auszubilden oder sie loszuwerden. Und: Führungskräfte entwickeln, die ihre Teams inspirieren und nicht nur delegieren. Die Realität ist: Es gehen sonst die talentiertesten Köpfe verloren, und zwar schneller, als man „New Leadership“ buchstabieren kann. Die Zukunft gehört den Unternehmen, die ihren Leuten Freiraum geben, Risiken eingehen und die verstaubten Machtstrukturen endlich sprengen. Ihr wollt innovativ sein? Dann macht Platz dafür!

Gen Z: Wenn ihr die nicht versteht, könnt ihr gleich einpacken

Die Generation Z will eure langweiligen Bürojobs nicht. Diese Leute suchen nach Sinn, nicht nur nach Geld. Sie wollen wissen: Warum sollte ich gerade für euch arbeiten? Sicherer Job und gutes Gehalt reichen nicht mehr. Das klingt für die wie „langweilig und seelenlos“. Die Gen Z will Teil von etwas Größerem sein, sie will sehen, dass ihr Unternehmen eine Rolle in der Welt spielt – und nicht nur Profite maximiert.

Und jetzt kommt’s: Unternehmen sollten aufhören, Stellenanzeigen zu schalten, die nach 1990 klingen. Keine Menschenseele liest das. Die Gen Z ist auf TikTok, Instagram und LinkedIn unterwegs, und wer da nicht frisch, direkt und authentisch ist, hat schon verloren. Es ist die Aufgabe, eine Arbeitgebermarke zu schaffen, die cool, modern und relevant ist. Aber Achtung: Versprechen, die nicht gehalten werden, fliegen einem schneller um die Ohren, als man „Kulturwandel“ sagen kann. Also, seid ehrlich – und zeigt, dass euer Unternehmen auch wirklich so arbeitet, wie ihr es nach außen verkauft.

Und dann der Bewerbungs­prozess: Bei wem der immer noch aus Papierformularen und wochenlangen Rückmeldungen besteht, kann die Uhr danach stellen, wie schnell ihnen die Gen Z den Rücken kehrt. Sie erwarten Schnelligkeit, klare Kommunikation und vor allem Transparenz. Wer das nicht liefern kann, darf sich über leere Bewerbungseingänge nicht wundern.

Demografischer Wandel: Ihr werdet alt – und das ist euer Problem

Der demografische Wandel rollt mit voller Wucht auf die Versicherungsbranche zu, und die meisten tun so, als wäre das ein Problem von morgen. Falsch gedacht! Die Babyboomer verabschieden sich, die Belegschaften werden älter, und die jungen Talente kommen nicht in ausreichender Zahl nach. Unternehmen stehen vor einem gewaltigen Wissensverlust – und wer keine Strategie hat, wie das Know-how der älteren Generation gehalten werden kann, ist bald in der Klemme.

Alte Mitarbeiter raus, junge rein? So einfach ist das nicht. Die Älteren haben jahrzehntelange Erfahrung, die die Jungen nicht mal annähernd ersetzen können. Und die Jungen bringen frische Ideen, die die Alten oft nicht verstehen. Der Trick ist, diese beiden Welten zu verbinden. Mentoring-Programme, generationenübergreifende Teams und neue Arbeitszeitmodelle müssen her. Die älteren Mitarbeitenden wollen nicht mehr in die starre 40-Stunden-Woche gepresst werden. Gebt ihnen die Flexibilität, die sie brauchen, damit sie nicht das Unternehmen verlassen, bevor ihr die jüngere Generation auf den Job vorbereitet habt.

Wertschöpfung: Technologisch aufrüsten oder untergehen

Wer glaubt, dass die Versicherungsbranche noch lange mit den gleichen Geschäftsmodellen auskommt, hat den Knall nicht gehört. InsurTechs drängen mit Hochgeschwindigkeit in den Markt und ziehen anderen das Wasser ab. Technologien wie künstliche Intelligenz, Big Data und Automatisierung sind längst keine Spielwiese mehr, sondern das Fundament der Wertschöpfung von morgen. Wer da nicht mitzieht, verliert – Punkt.

Und HR? Ja, auch HR muss endlich in die Zukunft denken. Es reicht nicht, ab und zu eine IT-Schulung anzubieten. Lebenslanges Lernen muss der Standard sein, nicht die Ausnahme. Mitarbeitende müssen ständig weitergebildet werden – und zwar nicht nur in Sachen Technik. Soft Skills wie Kommunikation, Agilität und Innova­tionsfähigkeit sind mindestens genauso wichtig. Eine Belegschaft, die technisch fit ist und gleichzeitig menschlich überzeugt, ist der Schlüssel zur langfristigen Wertschöpfung.

Ach, und wer glaubt, dass die Mitarbeitenden in tristen Büros und nach starren Zeitplänen die besten Ergebnisse liefern: Moderne Arbeitsumgebungen, flexible Arbeitszeiten und Home-Office sind längst nicht mehr „nice to have“, sondern Pflicht. Wer seinen Leuten nicht die Arbeitsbedingungen bietet, die sie brauchen, wird in der nächsten Welle von Abwanderung und Burn-outs ertrinken. Und das trifft nicht nur die Produk­tivität, sondern auch die Wertschöpfung. Gute Mitarbeiter bleiben nur dort, wo sie sich wertgeschätzt und verstanden fühlen.

Die Zeit der Ausreden ist vorbei

Die Versicherungsbranche steht auf der Kippe, und HR ist jetzt in der Pflicht. Keine Ausreden, kein Schönreden! Entweder packt ihr die Themen mutig an, oder ihr bleibt einfach stehen, während andere überholen. Ihr müsst den Laden wachrütteln! Führung, die auf Vertrauen statt Kontrolle setzt. Eine Arbeitswelt, die junge Menschen anspricht, ältere Mitarbeiter bindet, und Kultur, die begeistert. Wer das nicht auf die Reihe kriegt, läuft in die Bedeutungslosigkeit.

HR ist Commitment und nicht Compliance. Bitte vergesst einmal die Bürokratie und gestaltet die Zukunft! Überzeugt das Management und baut die Zukunft, die ihr euch alle wünscht!

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © robsonphoto – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Toygar Cinar