Ein Artikel von Ulrich Welzel, Brain!Active UnternehmerBeratung Fachausbilder „Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht“ für soziale Träger und Finanzdienstleister
Das Brandenburgische Oberlandesgericht entschied am 02.04.2019 (Az.: 3 U 39/18), dass der vom Erblasser benannte bevollmächtigte Miterbe den anderen Miterben Auskunft über die Verwendung der erteilten Kontovollmacht geben muss. Diese Pflicht besteht unabhängig davon, ob Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des bevollmächtigten Miterben bestehen, sie ist generell gültig.
Aus der Urteilsbegründung geht klar hervor, dass der Kläger (Miterbe) ein Anrecht auf Auskunft und Rechenschaft über die Nutzung einer (Konto-)Vollmacht hat, und zwar für die gesamte Dauer ihrer Gültigkeit. Das während des Lebens der Vollmachtgeberin bestehende Auskunftsrecht geht im Todesfall auf die Erben über.
In einem anderen Urteil des Amtsgerichts Kitzingen verwendete der bevollmächtigte Enkel unrechtmäßig die Konten der verstorbenen Großmutter (Vollmachtgeberin) und hob Geld von Konten und Sparbüchern ab in der Annahme, die Ersparnisse von 21.000 Euro gehörten ihm. Da kein Testament vorlag und somit die gesetzliche Erbfolge galt, standen die 21.000 Euro jedoch den drei Kindern zu. Das Amtsgericht Kitzingen verhängte eine Bewährungsstrafe und ordnete die Rückgabe der 21.000 Euro an die Erben an.
Fazit der Urteile: Da Bevollmächtigte gegenüber dem Vollmachtgeber und den Erben für ihr Handeln verantwortlich sind, können sie für Fehler haftbar gemacht werden. Der Bevollmächtigte haftet grundsätzlich für Schäden, die dem Vollmachtgeber und den späteren Erben durch sein Handeln oder Unterlassen entstehen.
Wer muss wann und gegenüber wem Rechenschaft ablegen?
Wenn der Bevollmächtigte die Vollmacht für den Bereich der Vermögenssorge annimmt, ist er verpflichtet, gegenüber Dritten wie Banken, Versicherungen oder Sozialhilfeträgern im Namen des Vollmachtgebers zu handeln, sofern der Vollmachtgeber dazu nicht in der Lage ist.
Zunächst haftet der Vollmachtgeber im Außenverhältnis für die vom Bevollmächtigten vorgenommenen Aktionen, doch im Innenverhältnis haftet der Bevollmächtigte für mögliche Pflichtverletzungen, unabhängig davon, ob diese vorsätzlich oder „nur“ fahrlässig verursacht wurden.
Voraussetzung für eine Haftung ist, dass der Bevollmächtigte seine Pflichten schuldhaft verletzt hat, also vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Dabei ist zu beachten, dass der Bevollmächtigte auch für die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben verantwortlich ist.
Diese Pflichtverletzungen können vielfältig sein und beispielsweise durch Überschreitung der Befugnisse, Fahrlässigkeit, Missachtung der erforderlichen Sorgfalt oder Vorsatz entstehen und dann zu Schadensersatzansprüchen führen. In solchen Fällen haften Bevollmächtigte mit ihrem Privatvermögen, obwohl die Haftung in einer gesonderten Vereinbarung anders hätte geregelt werden können.
Schadensersatzansprüche gegen den Bevollmächtigten
Entsteht dem Vollmachtgeber durch das Verschulden des Bevollmächtigten ein Schaden, kann er Schadensersatzansprüche geltend machen. Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich nach dem entstandenen Schaden und kann sowohl materielle als auch immaterielle Schäden umfassen. Dabei müssen der Vollmachtgeber oder seine Erben nachweisen, dass der Bevollmächtigte die Pflichtverletzung verschuldet hat und der Schaden darauf zurückzuführen ist.
Was sind die ersten Aufgaben eines Bevollmächtigten?
Nach der Unterschrift unter die Vorsorgevollmacht ist im ersten Schritt eine detaillierte Vermögensaufstellung zu erstellen, also einschließlich aller Vermögenswerte und Schulden des Vollmachtgebers. Geben Vollmachtgeber keine Auskunft über ihren Vermögensstatus, ist zu überlegen, ob Bevollmächtigte die Aufgabe überhaupt annehmen, weil das notwendige Vertrauen nicht vorhanden zu sein scheint. Haftung für etwas zu übernehmen, von dem der Bevollmächtigte keine Kenntnis hat, kann große Gefahren hervorrufen und deshalb ist so ein Vertrag mit größter Vorsicht einzugehen. Für Ehepartner als Bevollmächtigte gelten weichere Haftungsregeln.
Die Aufgaben eines Bevollmächtigten variieren je nach Art der Vollmacht und den spezifischen Bedürfnissen des Vollmachtgebers. Im Allgemeinen kann von einem Bevollmächtigten erwartet werden, dass er die finanziellen Angelegenheiten im Sinne und nach dem Risikoprofil des Vollmachtgebers verwaltet.
Darüber hinaus sollte der Bevollmächtigte, insbesondere wenn er Geschäfte für den Vollmachtgeber abwickeln muss, alle Transaktionen sorgfältig dokumentieren. Es empfiehlt sich, ein detailliertes Aufzeichnungssystem zu führen, das alle Einnahmen und Ausgaben des Vollmachtgebers genau auflistet. Belege für alle Transaktionen sollten sicher aufbewahrt werden. Sollte es zu Unstimmigkeiten mit den Erben des Vollmachtgebers kommen, ermöglicht eine gründliche Dokumentation dem Bevollmächtigten, seine Handlungen nachzuweisen.
Weitere Verpflichtungen
Als Bevollmächtigter kann es notwendig sein, verschiedene Verträge abzuschließen oder zu kündigen, einschließlich Mietverträgen, Versicherungsverträgen, Verträgen mit Pflegediensten oder Heimverträgen. Bei der Auflösung einer Wohnung könnte es auch notwendig sein, Rückerstattungen von Kautionen oder anderen geleisteten Zahlungen sicherzustellen. Ist der Vollmachtgeber verschuldet, sollten sich Bevollmächtigte Unterstützung bei Schuldnerberatungen suchen.
Erbt der Vollmachtgeber vor seinem Tod, hat der Bevollmächtigte die Erbschaftsangelegenheiten zu regeln, sofern der Vollmachtgeber nicht dazu in der Lage ist. Überprüft werden muss z. B. die Erbannahme, was bei einem überschuldeten Nachlass bis zur Erbausschlagung gehen kann. Treten dabei Fragen oder Probleme auf, ist das Hinzuziehen eines Fachanwalts für Erbrecht sinnvoll. Der Fachanwalt wird aus dem Vermögen des Vollmachtgebers bezahlt.
Auch steuerliche Pflichten fallen in den Verantwortungsbereich des Bevollmächtigten, wozu z. B. die Erstellung und fristgerechte Einreichung der Steuererklärung des Vollmachtgebers zählen, wobei erfahrungsgemäß großes Haftungspotenzial besteht. Empfehlenswert ist das Hinzuziehen eines Steuerberaters, dessen Honorar ebenfalls aus dem Vermögen des Vollmachtgebers zu zahlen ist.
Haftungsbeschränkungen und Haftungsausschlüsse
In bestimmten Fällen kann die Haftung des Bevollmächtigten beschränkt oder ausgeschlossen werden. Die Haftung bei Ehegatten ist eingeschränkter. Um potenzielle Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, könnte der Bevollmächtigte auch in Betracht ziehen, zusätzliche Vereinbarungen zu treffen, die seine Verpflichtung zur Rechenschaft gegenüber den Erben des Vollmachtgebers ausschließen.
Dies kann beispielsweise durch eine entsprechende Regelung in einem zusätzlichen Dokument zur Vorsorgevollmacht erfolgen, wo jedoch juristische Beratung empfohlen ist. Allerdings darf die Haftungsbeschränkung nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßen oder den Vollmachtgeber unangemessen benachteiligen. Zudem ist eine Haftungsbeschränkung bei vorsätzlichem Handeln des Bevollmächtigten unwirksam.
Zusätzliche Absicherung des Bevollmächtigten
Auch wenn die Privathaftpflicht die meisten Schäden einer Bevollmächtigung abdeckt, ist eine strikte Trennung von Aufgabe und Absicherung zu empfehlen. Der Abschluss einer separaten Vermögensschadenhaftpflichtversicherung ist ratsam, die vom Vollmachtgeber bezahlt wird. Wird keine Trennung vorgenommen und kommt es zu einem Vermögensschaden z. B. von über 100.000 Euro, kann der Privathaftpflichtversicherer des Bevollmächtigten eine Kündigung aussprechen. In diesem Fall kann es für den Bevollmächtigten schwierig werden, einen neuen Versicherer zu finden.
Im Zweifelsfall rechtlichen Rat einholen
Sollten Unklarheiten hinsichtlich der Rolle oder den Pflichten des Bevollmächtigten bestehen, ist es immer ratsam, vor der Annahme der Aufgabe rechtlichen Rat einzuholen. Dies kann beispielsweise bei einem Anwalt, einem Notar oder einer entsprechenden Beratungsstelle erfolgen. Wie jeder Vertrag kann auch die Vorsorgevollmacht „gekündigt“ beziehungsweise gelöst werden.
Fazit: Rolle, Rechte und Pflichten kann des Bevollmächtigten
Die Rolle eines Bevollmächtigten ist eine verantwortungsvolle und zeitaufwendige Aufgabe, die viel Sorgfalt und Aufmerksamkeit erfordert. Gleichzeitig bietet sie aber auch die Möglichkeit, einen geliebten Menschen in einer schwierigen Lebensphase zu unterstützen. Daher sollte die Entscheidung, diese Rolle zu übernehmen, gut überlegt sein. Die Pflichten und Verantwortlichkeiten, die damit einhergehen, sollten klar verstanden werden. Sollte der Bevollmächtigte diese Rolle annehmen, ist es wichtig, stets transparent und ehrlich in seinen Handlungen zu sein, um den Interessen und dem Wohl des Vollmachtgebers gerecht zu werden.
Durch die genaue Kenntnis seiner Rechte und Pflichten kann der Bevollmächtigte dazu beitragen, das Wohl und die Interessen des Vollmachtgebers bestmöglich zu wahren, Streit in der Familie zu vermeiden und sich frühzeitig gegen Vermögensschäden abzusichern.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2023 und in unserem ePaper.
Bild: © andranik123 – stock.adobe.com
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