Wer in diesen Tagen auf den Internetseiten der großen Zeitungsverlage unterwegs ist, stolpert über scheinbar redaktionell bearbeitete Texte wie: „EXKLUSIV: Experte warnt: Privatpatienten werden leiden“. Unter der Headline ein smartes Foto, Datum, Ort, weiterer Text: „Ein Insider verrät, dass es künftig zu weiteren starken Beitragserhöhungen kommen wird. Wer schon viel zahlt, sollte jetzt handeln. Zumal es einen attraktiven Ausweg aus der Beitragsspirale gibt … mehr“. Oder: „EXKLUSIV: Anwälte üben scharfe Kritik an Privatpatienten!“ Unter der Headline ein smartes Foto, Datum, Ort, weiterer Text: „Versicherungsanwälte sind empört, wie fahrlässig das Tarifwechselrecht nach § 204 VVG ignoriert wird. Viele zahlen immer noch enorm viel in alten Tarifen, obwohl … mehr“. Klickt der Leser auf „mehr“, landet er auf einer Internetseite, auf der mit vollmundigen Worten Tarifwechsel beworben werden: „durchschnittlich bis 43% günstiger, auch bei Krankheit, Alter spielt keine Rolle, alle Versicherungsgesellschaften möglich, kostenlose Recherche“. Der Anbieter geriert sich dabei als unabhängiger Versicherungsexperte. Im Falle des Tarifwechsels wird eine an der Ersparnis orientierte „Servicegebühr“ fällig. Erst ein Blick auf das Impressum zeigt, dass ein Versicherungsmakler die Website betreibt.
Auch Versicherungsberater sind bei ihrer werblichen Ansprache nicht zimperlich: „Kanzlei xy, Rechtsberatung zur Krankenversicherung“. Auf der ganzen Website erscheint die Bezeichnung „Versicherungsberater“ nicht. Lediglich im Impressum ein dezenter Hinweis auf eine Registrierung nach § 34e GewO. Die Vergütung errechnet sich aus der monatlichen Ersparnis. Ein anderer Versicherungsberater bezeichnet sich als „erster aktuarieller Rechtsberater für PKV-Kunden“ (?). Und dann gibt es noch „Verbraucherportale“, die Leads an Vermittler verkaufen.
Unterschied Versicherungsberater und Versicherungsmakler
Das Geschäftsmodell der Versicherungsberater und Versicherungsmakler überschneidet sich in großen Teilen, unterscheidet sich aber in einem wesentlichen Punkt. Die Geschäftsbesorgung des Versicherungsmaklers ist die Vermittlung von Versicherungsverträgen. Unter Vermittlung ist jede auf Abschluss oder Änderung eines konkreten Versicherungsvertrags gerichtete Tätigkeit zu verstehen. Die Vergütung wird für den Vermittlungserfolg gezahlt und ist deshalb erfolgsabhängig. Wenn die Vermittlungsbemühungen des Maklers nicht zum Abschluss eines Versicherungsvertrages führen, wird keine Vergütung fällig. Die Geschäftsbesorgung des Versicherungsberaters ist die Beratung zu Versicherungsverträgen. Seine Vergütung ist erfolgsunabhängig. Sie wird (immer) für die Beratung fällig. Zuwendungen von Versicherern sind dem Versicherungsberater verboten.
Versicherungsmakler bei der Tarifwechselberatung
Soweit die Tätigkeit des Versicherungsmaklers bei der Tarifwechselberatung auf die Vermittlung eines Versicherungsvertrages gerichtet ist, bewegt sich der Makler in seinem üblichen Geschäftsbereich. Denn auch die auf Änderung eines bereits bestehenden Vertrages gerichtete Tätigkeit des Maklers unterfällt der Versicherungsvermittlung. Zutreffend weist ein Merkblatt des DIHK zur PKV-Tarifwechselberatung durch Versicherungsvermittler darauf hin, dass es zum Berufsbild des Versicherungsmaklers gehört, auch bestehende Verträge darauf zu überprüfen, ob sie dem Bedürfnis und Interesse des Versicherungsnehmers entsprechen. Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob der Versicherungsmakler den zu überprüfenden Versicherungsvertrag ursprünglich selbst vermittelt hat oder erst später mit der Vermittlung einer Vertragsänderung beauftragt wird. Da Versicherer für die Vermittlung eines Tarifwechsels in der Regel keine Courtage zahlen, kann der Versicherungsmakler nach den Grundsätzen des Nettotarifs mit dem Versicherungsnehmer eine erfolgsabhängige Vergütung für die Vermittlung einer Vertragsänderung vereinbaren. Auch wenn diese Fallgestaltung am Markt teilweise fälschlich als „Honorarberatung“ bezeichnet wird, bleibt es rechtlich bei einer Vergütung für den Änderungserfolg. Vereinfacht gesagt zahlt bei der Vermittlung von Nettotarifen der Kunde und nicht der Versicherer die Courtage.
Gemäß § 61 Abs. 1 VVG sind alle Versicherungsvermittler verpflichtet, den Versicherungsnehmer nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen, ihn zu beraten und die Gründe für jeden Rat anzugeben. Die Beratung durch den Versicherungsmakler ist deshalb integraler und notwendiger Bestandteil jeder Versicherungsvermittlung. Soweit die Tarifwechselberatung als Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) anzusehen ist, unterfällt dies dem Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 RDG. Danach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Die Tarifwechselberatung des Versicherungsmaklers ist notwendiger Bestandteil der Vermittlung einer Vertragsänderung. Deshalb ist der Zusammenhang hier gegeben. Das sehen mittlerweile auch Entscheidungen einiger Instanzgerichte so.
Problematisch ist es dagegen, wenn der Versicherungsmakler mit dem Kunden ein erfolgsunabhängiges Honorar (Tätigkeitsvergütung) vereinbart. Dann ist die Tätigkeit des Maklers nicht als Vermittlung, sondern als Beratung anzusehen. Es entfällt der Zusammenhang mit der Vermittlung, sodass die Voraussetzungen des § 5 RDG nicht gegeben sind. Die mit der Erlaubnis zur Tätigkeit als Versicherungsmakler gemäß § 34d Abs. 1 Satz 3 GewO verbundene Befugnis, Dritte gegen gesondertes Entgelt bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen rechtlich zu beraten, setzt voraus, dass der zu beratende Dritte nicht Verbraucher ist. Das ist bei der Tarifwechselberatung nicht der Fall, weil private Krankenversicherungen dem privaten und nicht dem geschäftlichen Bereich der Versicherungsnehmer zugeordnet werden. Wenn Tarifwechselberatung als Rechtsdienstleistung eingestuft wird, läuft der Makler im Falle der Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Vergütung Gefahr, auf verbotenen Pfaden unterwegs zu sein. Deshalb sollten Makler diese Variante besser meiden.
Versicherungsberater bei der Tarifwechselberatung
Gemäß § 68 VVG gelten für Versicherungsberater die Beratungspflichten der Versicherungsvermittler entsprechend. Insoweit sind die Beratungspflichten des Versicherungsmaklers im Rahmen der Vermittlung und die Beratungspflichten (ohne Vermittlung) des Versicherungsberaters bei der Tarifwechselberatung identisch. Dem Versicherungsberater ist es aber – anders als dem Versicherungsmakler – erlaubt, für seine Beratung ein erfolgsunabhängiges Honorar zu vereinbaren. Denn seine Erlaubnis gemäß § 34e GewO umfasst auch die Befugnis, Verbraucher bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen rechtlich zu beraten. Umgekehrt ist es Versicherungsberatern nicht erlaubt, mit dem Kunden erfolgsabhängige Vergütungen (Ersparnis!) zu vereinbaren. Versicherungsberater vereinbaren ihre Vergütung in Anlehnung an das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Danach ist die Vereinbarung eines Erfolgshonorars grundsätzlich unzulässig. Hier laufen also Versicherungsberater Gefahr, unerlaubte Pfade zu betreten. Deshalb sollten Versicherungsberater Erfolgshonorare besser meiden.
Fazit
Die Welt der Tarifwechselberatung ist bunt, aber ein interessantes Geschäftsfeld für Versicherungsmakler und Versicherungsberater. Die Rechtsfragen sind im dargestellten Rahmen beherrschbar. Die Beratung zu § 204 VVG verlangt allerdings vom Vermittler/Berater höchste Expertise. Die Thematik selbst ist hochkomplex. Wer sich darin verliert, hat automatisch erhebliche Haftungsprobleme.

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