Interview mit Stefanie Schlick, Vorstandsvorsitzende der Sparkassen-Versicherung Sachsen
Frau Schlick, Sie sind seit Kurzem Vorstandsvorsitzende der Sparkassen-Versicherung Sachsen. Was kommt da in der nächsten Zeit auf Sie zu? Was planen Sie? Und wo streben Sie denn besonders große Veränderungen an?
Die deutsche Versicherungswirtschaft in Gänze befindet sich seit Jahren in einem Transformationsprozess, der von Digitalisierung und verändertem Kundenverhalten geprägt ist und Versicherer verstärkt in digitale, skalierbare und flexible Technologien führt. Diesen Veränderungsprozess in der Sparkassen-Versicherung Sachsen weiter fortzusetzen und erfolgreich zu gestalten, ist unsere Hauptaufgabe als Vorstandsteam.
Regionale Relevanz, Kundenzufriedenheit und wirtschaftliche Beständigkeit bilden unsere drei strategischen Schwerpunkte, die unser Geschäftsmodell als öffentlicher, regional aufgestellter Versicherer unterstreichen und weiter prägen sollen. Das heißt z. B., dass wir als Serviceversicherer auch zukünftig für Kunden und Vertriebspartner persönlich greif- und erlebbar sind. Dass wir hier vor Ort agieren und präsent sind, ist nicht nur für unsere Kunden und Vertriebspartner ein besonderes Asset. Denn wir gehören zu den größten Arbeitgebern in Dresden und stärken damit die Region als Wirtschaftsstandort. Gleichzeitig stellen wir uns hier vor Ort dem Wettbewerb um Fachkräfte, was insbesondere bezogen auf die jüngeren Generationen ein hohes Maß an Offenheit und Kreativität erfordert.
Mit Ihrem Werdegang können Sie als Vorbild für viele Frauen gelten. Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Meilensteine bzw. Faktoren, um Ihre Karriere voranzubringen?
Neben dem Streben nach persönlicher Weiterentwicklung in erster Linie wohl der eigene Anspruch an mich selbst, eine wirksame Balance zwischen den Anforderungen von Arbeit und Familie zu leben. Dafür einen für sich richtigen Weg zu finden, betrifft aus meiner Sicht Frauen und Männer, also Mütter und Väter gleichermaßen. Ich persönlich habe dabei die gesellschaftlich und familiär gebotenen Rahmenbedingungen genutzt, also eine zuverlässige Infrastruktur wie Kita und Schule und den privaten Background. Daneben hatte ich auch fast immer Vorgesetzte, die mich unterstützt haben, Karriere und Familie zu vereinbaren.
Seit ich bei der Sparkassen-Versicherung Sachsen bin, erlebe ich stärker denn je, dass Karriere bei Frauen kein „No way“ ist. Drei unserer sechs Vorstandsmitglieder sind Frauen mit Kindern. Auch auf den ersten beiden Führungsebenen haben wir mindestens eine paritätische Verteilung. Für mich ist das ein perfektes Beispiel, wie Infrastruktur und persönliches Mindset eine diverse Unternehmenskultur positiv prägen.
Eines Ihrer Hauptthemen ist der Vertrieb der Zukunft. Wie sieht der für Sie aus?
Ich denke, dass die Zukunft des Versicherungsvertriebs in der erfolgreichen Symbiose aus digitalen Prozessen und persönlicher Beratung liegt. Der Faktor Mensch wird im Kaufprozess von Finanz- und Versicherungsprodukten noch eine sehr lange Zeit eine sehr bedeutende Rolle spielen. Menschen suchen Sicherheit und wollen Erfahrungen – vor allem schlechte – nicht selbst machen, sondern von den (positiven) Erkenntnissen ihrer Mitmenschen partizipieren, insbesondere, wenn es um die Themen Geld, Vorsorge, Vermögensaufbau und Eigentumsschutz geht. Nicht umsonst ist beim Online-Shopping- Erlebnis die Kundenbewertung entscheidungsrelevant.
Umso wichtiger wird es sein, die Bindung zu unseren Kunden zu vertiefen, die Möglichkeiten des Marketings auszuschöpfen, mit entsprechender Kommunikation die Aufmerksamkeit der Kunden zu erlangen und durch positive Erlebnisse bei der Schadenbearbeitung eine hohe Weiterempfehlungsbereitschaft zu erreichen.
Als Schlüsselkompetenz eines Unternehmens bezeichnen Sie, neue Technologien in bestehende Prozesse zu integrieren. Wo arbeitet bei Ihnen bereits künstliche Intelligenz (KI) in den Prozessen mit? Und wo könnte das demnächst noch passieren?
Kunden und Vertriebspartner erwarten einfache, schnelle Prozesse, sodass die technologische Transformation und der Einsatz von KI essenziell für unsere Wettbewerbsfähigkeit sind. Dabei vollziehen sich deren Entwicklung und Einsatz sehr dynamisch und erfordern entsprechende Investitionen, um Schritt halten zu können. Wir testen aktuell im Marketing und setzen KI u. a. in der Schriftgutverarbeitung und Schadenbearbeitung ein.
Im letzten Jahr sind wir eine Partnerschaft mit Microsoft zur gemeinsamen Weiterentwicklung des CRM-Systems für die Versicherungsbranche eingegangen. In diesem Zusammenhang wird sich der Einsatz in mehreren Use Cases ergeben. Ziel ist, durch eine höhere Automatisierung unserer Prozesse mehr Zeit für die wichtigen Themen mit unseren Kunden zu gewinnen. Hierbei ist für mich selbstverständlich, dass KI eine rein unterstützende Funktion hat, um Prozesse effizienter zu machen, also Chancen eröffnet, Arbeit zu verändern, aber nicht die Mitarbeitenden an sich zu substituieren.
Und auf welche Themen legen Sie sonst noch einen besonderen Fokus?
Wir verstehen unsere Regionalität als sehr wertvolles Asset. Als öffentlicher Versicherer pflegen wir einen engen Verbund mit den regionalen Sparkassen. Sie sind unser wichtigster Geschäftspartner vor Ort und bieten eine einzigartige, strategisch wertvolle Kundenschnittstelle. Diese traditionsreiche, sehr erfolgreiche Zusammenarbeit möchte ich gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen und allen Mitarbeitenden pflegen und zeitgemäß weiterentwickeln. Zur Stärkung unseres Unternehmens werden wir aber auch die Zusammenarbeit mit Maklern weiter forcieren.
Ihr Unternehmen hat seinen Sitz in Dresden. Was verbindet Sie denn mit dieser Region? Was schätzen Sie an ihr und welche Herausforderungen bringt dieser Standort mit sich?
Der Freistaat Sachsen und Dresden im Besonderen bieten ein sehr hohes Maß an Lebensqualität. Die Stadt genießt weltweit einen Ruf als Kunst- und Kulturstadt. Landschaftlich wunderschön eingebettet ist sie ein international anerkannter Forschungs-, Bildungs- und Wirtschaftsstandort. Uns als einziger sächsischer Versicherung bietet die Stadt sehr gut ausgebildete, hoch motivierte und kreative Mitarbeitende. Um der Herausforderung des Fachkräftemangels zu begegnen, verfolgen wir eine unternehmenseigene Ausbildung mit dualen Studiengängen für Finanzwirtschaft-Versicherungsmanagement und Wirtschaftsinformatik und betreiben eine eigene Berufsschule an unserem Standort in Dresden.
Zudem sind Sie auch gesellschaftlich in Sachsen engagiert. Wie können wir uns das vorstellen?
Wir unterstützen finanziell und durch ehrenamtliche Mitwirkung Kunst- und Kultureinrichtungen, Sportvereine und soziale Einrichtungen. Dazu gehören neben kulturellen Leuchttürmen wie z. B. den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden natürlich viele gemeinnützige Vereine im gesamten Freistaat Sachsen. Dabei ist uns – wie bei unserem Kerngeschäft Versicherung – Verlässlichkeit besonders wichtig. Seit unserer Gründung 1992 sind wir z. B. Partner der Kinderarche Sachsen e. V., die Kindern und Jugendlichen ein behütetes Zuhause und individuelle Förderung bietet.
In Ihrem Team setzen Sie auf Co-Kreation und agile Methoden. Was bedeutet das? Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, wie das funktioniert?
Co-Kreation ist für unser Unternehmen eine seit vielen Jahren geübte Zusammenarbeit bei der Produkt- und Vertriebsprozessentwicklung, d. h., wir stehen im ständigen Dialog mit den Sparkassen und der Außendienstorganisation. Agile Methoden sind mittlerweile Grundlage jeder Prozessentwicklung, um unsere Produkte noch einfacher und die Prozesse noch kundenorientierter zu gestalten. Aktuell überarbeiten wir daher verschiedene Abschlussprozesse, um für unsere Kunden und Vertriebspartner noch besser zu werden.
Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 09/2024 und in unserem ePaper.
Bild: © Stefanie Schlick, Sparkassen-Versicherung Sachsen
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