Die jährlichen Standmitteilungen, die die deutschen Lebensversicherer an ihre Bestandskunden verschicken, erfüllen nun fast überall eindeutig die gesetzlichen Vorgaben, die sich aus der Neufassung des § 155 VVG im Juli 2018 ergeben. Das stellt Policen Direkt in der vierten Auflage ihrer Transparenzstudie fest. Demnach haben im Jahr 2021 weitere Gesellschaften ihre Standmitteilung vollkommen überarbeitet, um ihren Kunden mehr und verständlichere Informationen über ihre Verträge zu liefern.
Bei der Verständlichkeit hapert es noch
Dennoch seien trotz zahlreicher Informationen wichtige Werte nicht leicht zu berechnen oder nicht nachvollziehbar. Henning Kühl, Leitender Aktuar von Policen Direkt, kommentiert: „Allerdings sollten die erforderlichen Werte nicht nur vorhanden sein, sondern auch transparent und verständlich vorliegen. So reicht es bei den Rückkaufswerten nicht aus, nur die Höhe der Überschüsse zu nennen. Um die Vertragsentwicklung nachvollziehen zu können, werden oft noch weitere Angaben benötigt.“
Transparenz lässt oft zu wünschen übrig
Gerade bei der Höhe der Bewertungsreserven, den Überschüssen von im Vertrag enthaltenen Zusatzversicherungen oder bei Rentenpolicen mit Anwartschaften liege die Darstellung weiter im Ermessen des Versicherers und sei oft weder ausreichend vollständig transparent noch verständlich genug erklärt. Dabei hätten diese Komponenten einen großen Einfluss auf den Auszahlungswert. „Nur wer weiß, was sein Vertrag heute wert ist, was er jetzt und später damit sicher erzielen kann, und die ihm zur Verfügung stehenden Alternativen kennt, kann eine bewusste Entscheidung über seine Lebensversicherung treffen.“, so Kühl weiter.
Besonders transparente Gesellschaften weisen nicht nur auf die Stelle auf der Website hin, wo gemäß § 15 der Mindestzuführungsverordnung (MindZV) über die Beteiligung an den Ertragsquellen informiert wird, sondern auch, wo die CSR-, Geschäfts- und Solvenzberichte zu finden sind.
Die Überschussmitteilungen dürften jedoch auch nicht mit Informationen überladen werden. Die Werte sollten verständlich und vollständig, am besten jeweils tabellarisch, dargestellt werden. Denn: Je mehr Informationen ein Dokument enthalte, desto schwieriger sei es oft, diese zu verstehen.
Wichtige Ergebnisse in Kürze
Der aktuellen Policen-Direkt-Transparenzstudie zufolge erfüllen 70 von 74 (2020: 66 von 74) untersuchte Unternehmen die seit 2018 geltenden gesetzlichen Mindestanforderungen für alle untersuchten Verträge vollständig. 56 (39) erfüllen dazu sämtliche BaFin-Anforderungen zu den Bewertungsreserven. 20 (17) Lebensversicherer teilen ihren Kunden diese gesetzlichen Pflichtangaben und sämtliche weitere für die Transparenz notwendigen Angaben mit.
Und: Von den 68 Lebensversicherern, die nicht nur die garantierte, sondern auch die prognostizierte Ablaufleistung mitteilen, machen der Transparenzstudie zufolge nur 29 auch Angaben über die Zusammensetzung der zukünftigen, noch unsicheren Überschüsse.
Als wichtige Angabe in der Standmitteilung bewertet Policen Direkt auch die Information über die aktuelle Höhe des zusätzlichen Versicherungsschutzes. Immerhin bei 61 von 74 Versicherern können diesbezüglich entsprechende Angaben gefunden werden. Allerdings geben aktuell nur zwölf Versicherer die Höhe der Überschüsse aus den Zusatzversicherungen zum Stichtag in der Standmitteilung an, und wenn, dann häufig nur an wenig promienten Stellen des Dokuments, wie die Studienautoren feststellen. Da es sich um nicht garantierte Überschüsse handelt, wäre hier mehr Transparenz wünschenswert.
Corona kein großes Thema, Nachhaltigkeit schon
Die Studienautoren stellten darüber hinaus fest, dass die Pandemie kein größeres Thema in den Standmitteilungen war, obwohl das Thema Covid-19 natürlich auch im Jahr 2021 eine wichtige Rolle gespielt hatte.
Dagegen informieren immer mehr Gesellschaften über ihre Aktivitäten zur Nachhaltigkeit: Bei 14 (2020: 10) Lebensversicherern können nun die Kunden in der Standmitteilung etwas über den Umfang der Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage lernen. Inzwischen werden Policen Direkt zufolge bei den ersten jährlichen Überschussmitteilungen Blätter beigelegt, die über den Umgang mit den Nachhaltigkeitsrisiken informieren und erläutern, in welchen Bereichen aus Nachhaltigkeitsgründen nicht mehr investiert wird.
Über die Studie
Die Policen-Direkt-Transparenzstudie zu den Standmitteilungen umfasst die vier Bereiche gesetzliche Mindestanforderungen, wichtige Optionale Informationen, weitere sinnvolle Bonus-Angaben und Verständlichkeit der Standmitteilung. Bei der aktuellen Transparenzstudie gibt es für eine Standmitteilung 87 Punkte für den Fall, dass alle gesetzlichen und notwendigen Informationen enthalten sind.
Über 100 Gesamtpunkte erreichen aktuell Alte Leipziger (103), Concordia (120), HUK-COBURG (103), Öffentliche Lebensversicherung Sachsen-Anhalt (107) und Provinzial Hannover (107).
Weitere Informationen gibt es hier. (ad)
Bild: © freshidea – stock.adobe.com
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