„Stürmische Zeiten“ – so wird die aktuelle Versicherungsstudie der zeb.rolfes.schierenbeck.associates gmbh zur Lage unter den deutschen Versicherern betitelt. Die Management- und IT-Beratung hat in der Studie zahlreiche deutsche Versicherer auf u. a. Umsatzstärke und Profitabilitätskennzahlen untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass die Assekuranz in der Bundesrepublik über weite Strecken gut und krisenfest aufgestellt ist – trotz der getrübten Stimmung in der Versicherungsbranche durch die Pandemie, den Klimawandel, den Krieg in der Ukraine und die Inflation. Wie AssCompact berichtete, meldete auch eine Assekurata-Studie ein eher pessimistisches Stimmungsbild.
Über einen Zeitraum von zehn Jahren waren verschiedene Versicherer unterschiedlicher Größe mit hohen Wachstumsraten und überdurchschnittlicher Profitabilität erfolgreich. Gleichzeitig habe auch das Schadenmanagement in allen Organisationen deutlich an Bedeutung gewonnen. Dr. Jan Hendrik Sohl, Partner bei zeb, räumte allerdings ein, dass die andauernde Pandemie und steigende Umweltschäden Spuren hinterlassen hätten. Vor allem Schaden- und Unfallversicherer, aber auch Lebensversicherer hätten hier zu kämpfen gehabt. Weniger betroffen seien die Krankenversicherer gewesen, die bisher vergleichsweise unbeschadet durch die Krise gekommen seien.
Fokussierte Geschäftsmodelle zahlen sich aus
Bei den untersuchten Erstversicherern mit einem Prämienvolumen von über 50 Mio. Euro gebe es laut der Studie durchaus „kleinere Champions“, die überdurchschnittliches Wachstum mit einer überdurchschnittlichen Profitabilität verbinden konnten. Durchschnittlich lag das Wachstum z. B. bei Schaden- und Unfallversicherern über die letzte Dekade jährlich bei mindestens 3,5% und die durchschnittliche Combined Ratio (Schaden/Kosten-Quote) bei unter 94,7%. Doch die „Champions“ schnitten, so zeb, deutlich besser ab, darunter beispielsweise Wertgarantie SE.
Die Branchengrößen kommen, so heißt es in der Studie, überwiegend nur auf durchschnittliche Werte, vor allem kleinere Versicherer schlagen den Markt. „Bei kleineren Versicherern reicht ein vergleichsweise geringes absolutes Wachstum aus, um deutlich schneller zu wachsen als der Markt.“ Die Großen hätten dennoch nicht schlecht gewirtschaftet, sie seien aber unter den Spitzenreitern eher die Ausnahme. Nur vier von 14 überdurchschnittlich profitabel gewachsenen Versicherern hätten einen Marktanteil von mehr als 2%. Grund dafür seien die fokussierten Geschäftsmodelle: Die kleineren Wachstums- und Profitabilitätschampions hätten oft sehr erfolgreich eine Nische besetzt, wie eben beispielsweise Wertgarantie, die vor allem auf Fahrrad- und Geräteversicherungen setzt.
Von den größeren Unternehmen, die den Markt kontinuierlich schlagen, seien die Erfolgsgeschichten „umso bemerkenswerter“, so z. B. bei der Stuttgarter. Diese sei in den letzten zehn Jahren in einem stagnierenden Unfallmarkt jedes Jahr gewachsen, etwa wegen der Fokussierung auf das private Unfallversicherungsgeschäft und mit der Entwicklung eines Produktes speziell für junge Erwachsene zwischen 18 und 40 Jahren, „Unfallvorsorge aktiv“. Die VHV sei ihrerseits in der Schaden- und Unfallversicherung erfolgreich gewesen aufgrund ihrer Zukäufe im Ausland, u. a. in Österreich, der Türkei, Frankreich und Italien. So konnte sie ihr Traditionsgeschäft mit Versicherungen für die Baubranche stärken. Außerdem habe die VHV sich mit einer „klaren Digitalstrategie“ zukunftsfähig aufgestellt, beispielsweise 2020 mit der Übernahme des Spezialisten Eucon.
Umgekehrtes Spiel bei den Lebensversicherern
Bei den Lebensversicherern sind laut der Studie dagegen die größeren Unternehmen besser aufgestellt. Dort schafften es insbesondere diese unter die Wachstums- und Profitabilitätschampions, lediglich ein kleiner Versicherer hält sich darunter auf (InterRisk). Das Gros der kleinen Versicherer erzielte in den vergangenen zehn Jahren eine unterdurchschnittliche Rohüberschussquote.
Insgesamt sei der Lebensversicherungsmarkt in diesem Zeitraum im Schnitt um 1,8% im Jahr gewachsen. Durchschnittlich lag die Rohüberschussquote bei 12%. Die großen Marktteilnehmer treiben hier das Wachstum und die Profitabilität. Schon ohne die Allianz würde das durchschnittliche Wachstum auf nur noch 1,1% und die Rohüberschussquote auf 11,0% sinken.
Krankenversicherungen: Marktführer haben zu kämpfen
Insgesamt sei das Krankenversicherungsgeschäft nach den Ergebnissen der Studie ein wachsender Markt mit einem durchschnittlichen Wachstum von 2,7% jährlich, die Profitabilität liegt bei knapp 13% – gemessen an der versicherungsgeschäftlichen Ergebnisquote. 30% der Krankenversicherer schafften es, in beiden Bereichen besser zu sein als der Markt. Vor allem taten sich aber die großen Versicherer schwer. Keiner der Marktführer schaffte es in die Gruppe der Wachstums- und Profitabilitätschampions, lediglich kleine und mittelgroße Versicherer.
Inflation erhöht Druck auf Schadenmanagement
Die Studienautoren konstatieren bei ihrer diesjährigen Analyse insbesondere im Schaden- und Leistungsmanagement einen erheblich gestiegenen Druck auf die deutschen Versicherer. So werden bei den Schaden- und Unfallversicherern sowie bei den Krankenversicherern inzwischen über 70% der Bruttobeiträge für Schadenleistungen aufgewendet. Schaffen es Versicherer, hier wenige Prozentpunkte einzusparen, würde sich das direkt positiv niederschlagen. Grundsätzlich sei dies nicht neu, allerdings sei der Druck auf das Schadenmanagement seit Anfang 2022 angesichts einer explodieren Inflation nochmals deutlich gestiegen. In einigen Bereichen führe dies zu erheblichen Preiserhöhungen, so etwa bei Ersatzteilen für Pkw. Steigerungen von 70% seien keine Seltenheit gewesen.
Laut Silke Liedtke, Senior Managerin bei zeb, werde das Schadenmanagement mehr denn je über Wachstum und Profitabilität des eigenen Unternehmens entscheiden: „Geben Versicherer ihre zusätzlichen Schadenaufwände direkt weiter, drohen sie Kunden zu verlieren und weniger Neukunden zu gewinnen. Sie müssen die Belastungen anderweitig auffangen. Das Schadenmanagement wird damit zu einem zentralen Handlungsfeld für Versicherer.“ (mki)
Bild: © Dilok – stock.adobe.com
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