Alexander Retsch ist seit mehr als zwölf Jahren bei vfm als Umstiegsbegleiter tätig. Im Frühjahr 2020 hat der vfm-Syndikusanwalt auch eine Broschüre herausgegeben, die Tipps und Tricks für den Umstieg von gebundenen Vermittlern in die Maklerschaft zusammenfasst (Link zur Broschüre). In seinem Vortrag auf der DKM digital.persönlich hat er anhand von zwei typische Beispielen aus seinem Arbeitsalltag erklärt, welche Stolperfallen auf AO-Vermittler lauern, die in die Maklerschaft wechseln wollen.
Fall 1: Agenturübertragung auf den Sohn scheitert
Im ersten und weniger komplexen Fall ging es um einen Ausschließlichkeitsvertreter, der seine Agentur auf seinen Sohn übertragen wollte. Nachdem der Agenturvertreter auf das Versicherungsunternehmen zugegangen war, um das weitere Vorgehen zu besprechen, reagierte der Versicherer zuerst gar nicht. Doch auch die Antwort, die den beiden auf Nachfrage präsentiert wurde, stellte sowohl Vater als auch Sohn nicht zufrieden. Der Sohn sollte nach dem Willen des Versicherers lediglich einen kleineren Bestand zu schlechteren Konditionen übernehmen. Da reichte es den beiden. Der Vater beschloss gemeinsam mit seinem Sohn ein Maklerunternehmen zu gründen.
Ideale Konstellation zum Übergang im Familienunternehmen
An diesem Punkt verwies Retsch darauf, dass eine schnellstmögliche Kündigung der Zusammenarbeit mit dem Versicherer selten die beste Lösung sei. Hier werde nach Aussage des Anwalts häufig die ideale Konstellation verspielt. Häufig empfiehlt es sich in so einem Fall, dass der Vater den Bestand als Ausschließlichkeitsvertreter weiter betreut, während der Sohn parallel mithilfe des Vaters ein Maklerunternehmen aufbaut. Vielen möglicherweise auftretenden Konflikten könne somit aus dem Weg gegangen werden.
Fall 2: Generalagentur kündigt Zusammenarbeit auf
Im zweiter Fall, den der Syndikusanwalt exemplarisch vorbrachte, war die Situation komplexer. In ihm ging es um eine große Generalagentur mit mehreren angestellten Mitarbeitern. Die Generalagentur befand sich bereits seit drei Generationen im Familienbesitz. Nachdem das kooperierende Versicherungsunternehmen jedoch angekündigt hatte, seinen Versicherungsvertrieb an eine andere Vertriebsgesellschaft zu verkaufen, sah das Familienunternehmen seinen guten Ruf in Gefahr. Die Gesellschaft bot dem Generalvertreter im Zuge der Änderungskündigung die Zusammenarbeit mit besagtem Strukturvertrieb an, doch der lehnte ab. Da die Kündigung vom Versicherer ausging, stand dem Generalvertreter ein Ausgleichsanspruch zu.
Gesellschaften suchen nach Fehlverhalten des Vertreters
Doch um den zu erhalten, galt es einiges zu beachten, bemerkte Retsch in seinem Vortrag. Nach der Kündigung wurde der Agenturvertreter freigestellt und durfte 12 Monate lang nicht mit dem Versicherer in Konkurrenz treten. Die Bestände lagen im Zuge der Kündigungsfrist also noch beim freigestellten Agenturvertreter, durften jedoch nicht zum Aufbau des Maklerunternehmens genutzt werden. Und darauf achten die Gesellschaften in der Regel sehr genau, so Retsch, denn wenn dem Vertreter ein Fehlverhalten vorgeworfen werden kann, seien die Gesellschaften nicht verpflichtet, ihm eine Ausgleichszahlung zu leisten.
Maklerunternehmen wird parallel aufgebaut
In dem speziellen Fall, den Retsch vortrug, nutzten die Frau des Vertreters sowie seine Tochter die Zeit, um ein Maklerunternehmen zu gründen. Angestellte, Räume und sogar Telefonnummern konnten übernommen werden. Ein leitender Angestellter übernahm einstweilen die Geschäftsführung, da er über die notwendige Gewerbeerlaubnis verfügte. Nachdem der freigestellter Vertreter die Bestände 12 Monate nicht angefasst hatte, sicherte er sich damit das Recht auf Ausgleichszahlungen von Seiten des Versicherers und konnte schließlich wieder Teil des Maklerunternehmens werden. (tku)
Die DKM digital.persönlich läuft noch bis zum 29.10.2020. Hier ist eine Anmeldung möglich. Wenn Sie schon angemeldet sind, gelangen Sie hier direkt auf die digitale Messeplattform.
Textänderung: In einer früheren Fassung des Textes hieß es im zweiten Fall, der Generalvertreter habe dem Versicherer gegenüber gekündigt. Das war nicht korrekt. Der Ausgleichsanspruch kam durch die Änderungskündigung des Versicherers zustande. Außerdem ist Alexander Retsch erst seit zwölf Jahren bei vfm.
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