Die Zinswende schlägt Wellen – allmählich auch bei der Zinspolitik der Banken. Diese bemühen sich nämlich derzeit gehörig, neue Kunden zu gewinnen. Laut einer Untersuchung der Bundesbank seien die Banken bei der Weitergabe der Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank eher träge unterwegs.
Die ING allerdings ist derzeit fleißig dabei, die Zinsen auf ihr Tagesgeldkonto, das „Extra-Konto“, zu erhöhen. Jetzt liegen sie bei 3,5% p. a. für Neukunden, befristet auf sechs Monate. Danach gilt der variable Zinssatz von 0,6%.
Kampf um Kundschaft
Das Handelsblatt zitiert ING-Privatkundenchef Daniel Llano von seiner Tagung Zukunft Retail Banking: „Der Wettbewerb um Einlagen wird intensiver.“ Außerdem verfolge die ING mit dem neuen Angebot das Ziel, die Zahl ihrer Kundinnen und Kunden weiter auszubauen. Laut Llano hätten in den letzten Monaten mehr Menschen nach attraktiven Zinsangeboten gesucht und dann auch die Bank gewechselt. Er rechne in den kommenden Monaten mit noch mehr Wechseln.
Die Deutsche Bank und die Commerzbank haben, so das Handelsblatt, die Zinsen ebenfalls zuletzt angehoben. Commerzbank-Privatkundenchef Thomas Schaufler kommentiert die Erhöhungen damit, dass man in Summe für den Kunden ein attraktives Angebot stellen müsse, sonst gehe er zum freundlichen Mitwerber. Und danach würden sich eben auch die Konditionen richten.
Tages- oder Festgeld?
Bei der Kundengewinnen mit Zinsen gibt es jedoch auch die andere Stellschraube: das Festgeld. Die Commerzbank (2,75% p. a. für sechs Monate als Neukunde) und die ING zahlen ihren Kunden mehr Zinsen aufs Tages- als aufs Festgeld – weil Kunden eine „gewisse Flexibilität“ haben wollen, so Schaufler. Im Gegensatz dazu setzt die Deutsche Bank eher auf Festgeld, mit 3% für zwölf Monate. Lars Stoy, verantwortlich für das Privatkundengeschäft der Deutschen Bank, sagt im Handelsblatt, dass dieses Angebot bisher gut angenommen werde. Er gehe außerdem davon aus, dass die Bank in den nächsten Monaten damit viele neue Einlagen anziehen werde, bedingt dadurch, dass ein Jahr nicht „ewig lang“ sei und kaum kürzer als die durchschnittliche Verweildauer auf Tagesgeldkonten.
Banken erhöhen Sparzinsen langsamer als gedacht
„Deposit Beta“ ist der Branchenbegriff für den Anteil an den Notenbankzinsen, den Banken an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben. Dieser sei in den vergangenen Monaten branchenweit gestiegen. Man habe jedoch mit einem schnelleren Anstieg gerechnet, so wird Deutsche-Bank-Finanzchef James von Moltke im Handelsblatt von einer Analystenkonferenz zitiert. Laut Nikolas Glusac, Partner bei der Unternehmensberatung Bain, liege dies daran, dass der deutsche Privatkunde gemeinhin eher wenig wechselbereit sei und viele Zinsangebote zeitlich und mengenmäßig begrenzt seien.
Mittelfristig rechne die Commerzbank allerdings damit, dass alle Banken einen größeren Anteil der Notenbankzinsen an ihre Kunden weitergeben müssten. Traditionell lag das Deposit Beta je nach Zinsniveau zwischen 35% und 45%, so Finanzchefin Bettina Orlopp. Hintergrund sei auch die Digitalisierung, die es einfacher mache, Einlagen von einer zur anderen Bank zu verschieben.
ING auf Platz 3
Die ING ist bei den Tagesgeldzinsen häufig vergleichsweise weit vorne mit dabei. Mit nun 3,5% ist sie Verivox zufolge nun auf Platz 3 bei den Tagesgeldzinsen für Neukunden. Höhere Zinsen zahlen derzeit nur die Raiffeisenbank im Hochtaunus mit 3,55% p. a. und die Suresse Direkt Bank, die zur spanischen Großbank Santander gehört, mit 3,7% p. a. In Spanien ist durch das EU-Recht eine Einlagensicherung von bis zu 100.000 Euro vorgeschrieben. In der Zeitschrift Finanztest taucht das Angebot im monatlichen Tages- und Festgeldranking dennoch nicht auf, da spanische Banken nicht als empfehlenswert betrachtet werden.
Die Top 3 bzw. 4 bei Bestandskunden sind laut Handelsblatt, welches sich auf ein Ranking der FMH-Finanzberatung bezieht, die J&T Direktbank (3,3%), comdirect (3,25%) und die BMW Bank sowie NIBC mit je 3%. (mki)
Bild: © MrPanya – stock.adobe.com
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