Das Provisionsmodell ist das gängigste Geschäftsmodell in der Versicherungsvermittlung – daher ist es klar, dass mit ordentlichem Gegenwind aus der Branche zu rechnen ist, wenn die Politik, wie bei der EU-Kleinanlegerstrategie, ein Provisionsverbot für Beratungen in Erwägung zieht.
Jüngst gab es jedoch eine Stimme, die zumindest im Leben-Bereich einen Provisionsdeckel für sinnvoll erachtet – und die kam von niemand Geringerem als Thomas Billerbeck, dem Präsidenten des Bundesverbands Deutscher Versicherungsmakler e. V. (BDVM). Der Vorschlag beinhaltet einen Provisionsdeckel bei der Abschlussvergütung in Höhe von 25 Promille. Gleichzeitig sollen laufende Provisionen erhöht werden.
Welche Wellen würde solch ein Provisionsdeckel in der Branche schlagen? Wie könnte man sich anders orientieren? Und wäre die Erhöhung der Bestandscourtage ein geeigneter Ausgleich? AssCompact hat bei mehreren Gewinnern, Finalisten und Teilnehmern des Jungmakler Awards nachgefragt, denn sie haben noch viele Jahre in der Branche vor sich und müssen auf nachhaltige Veränderungen, die auch das Geschäftsmodell beeinflussen, reagieren.
In Provisionen steckt der Umsatz
Auch bei den Jungmaklern wird ein großer Teil des Umsatzes durch Abschlussprovisionen generiert – allen voran vermutlich beim „Finanzcop“ Kai Buczinski. Für ihn seien Abschlussprovisionen sehr relevant, denn 90% des Umsatzes kommen durch Neuabschlüsse zustande. Auch der „Finanzballer“ Benedikt „Bene“ Deutsch schreibt ihnen eine hohe Bedeutung zu. Bis Anfang des Jahres seien sie für ihn „überlebenswichtig“ gewesen. Er sei außerdem überzeugt davon, dass „viele Jungmakler mit einer geringen AP-Courtage nicht mehr am Markt wären oder gar nicht starten würden“. Dazu zählt Deutsch auch sich selbst, wie er gegenüber AssCompact berichtet.
Ähnlich stark wären bei Benedikt Deutsch auch die Auswirkungen auf sein Geschäft, falls ein Provisionsdeckel kommen sollte. In diesem Fall würden seine Umsätze durch Abschlussprovisionen um fast 50% zurückgehen. Mit Stornoreserven und Vertrauensschadenhaftpflicht on top könnte er dann zwar überleben, müsste aber „zwei Gänge runterschrauben“ und wäre wieder weit davon entfernt, eine neue Innendienstkraft einstellen zu können.
Erschwert ein Provisionsdeckel den Start?
Einig sind sich die Jungmakler vor allem darin, dass ein Provisionsdeckel den Start in die Branche erheblich erschweren könnte. Hava Misimi von Femance Finanzen, Gewinnerin des Jungmakler Awards 2021, sieht in jedem Fall den Nachteil, dass manche Ideen sicherlich mehr externes Kapital bräuchten, um zu wachsen – wenngleich ein Provisionsdeckel auch dafür sorgen könnte, dass sich auch nur die Geschäftsmodelle durchsetzen, die auch wirklich „ein Kundenproblem lösen“, so Misimi. Ähnlich sieht es auch Christoph Steinberger von Finanzen Steinberger: „Für Gründer und Start-ups hätte ein Provisionsdeckel unterschiedliche Auswirkungen. Positiv wäre, dass diese Maßnahme die Transparenz und das Vertrauen in die Branche erhöht. Negativ wäre, dass es neuen Unternehmen schwerer fiele, initiale Einnahmen zu generieren und sich zu etablieren.“
Bene Deutsch gibt außerdem zu bedenken, dass ein Provisionsdeckel auch einen negativen Einfluss auf das Angebot an Beratung hätte: „Die Wahrheit liegt darin, dass wir die Einstiegshürde immer und immer größer machen würden, in unserer Branche zu starten, und wir uns so selbst in der Vielfalt beschneiden würden. Meine Kunden sind im Schnitt 25,6 Jahre alt. Da ist neben einer Haftpflicht oftmals nur eine BU möglich, da Gebäude oder Gewerbe, wo man Bestandsprovisionen aufbauen, um davon zu leben, einfach kein Thema sind.“
Alternative Honorarberatung – und was noch?
Die wohl offensichtlichste Alternative zur „klassischen“ Provisionsberatung dürfte wohl die Honorarberatung sein – einige der befragten Jungmakler praktizieren diese auch schon. Hava Misimi bspw. bietet sie bereits proaktiv ihren Kundinnen und Kunden – für das nachhaltige Geschäft. Aus ihrer Sicht sollte man beides anbieten, mit der Qualität der Beratung und dem Kunden an erster Stelle. Da Misimi die Honorarberatung bereits im Repertoire hat, sagt sie gegenüber AssCompact auch, dass, obwohl die Abschlussprovisionen einen großen Teil ihres Umsatzes ausmachen würden, ein Provisionsdeckel einen eher geringen Effekt auf ihr Geschäft hätte.
Ähnlich verhält es sich beim „Käpsele“ Adrian Schmidt, Finalist von 2023. Bei ihm würden Abschlussprovisionen etwa 40% des Gesamtgeschäftes ausmachen, weswegen sich der Provisionsdeckel „natürlich“ auswirken würde, allerdings nicht signifikant, da Schmidt das Geschäft dann eben noch stärker auf den Honorarbereich fokussieren würde. „Ärgerlich“ wäre der Einbruch aber trotzdem.
Neben der Honorarberatung hat Adrian Schmidt aber noch andere Möglichkeiten in petto. Er plant, mit Käpsele bis 2028 ohnehin unabhängig von Abschlussprovisionen zu werden. Infrage kämen hier auch Alternativen wie Kapitalanlageimmobilien, das Depotgeschäft und „eventuell auch Coaching oder Paid Community Memberships“.
Das geht auch in die Richtung der Angebote, die Kai Buczinski und Christoph Steinberger nennen, nämlich dass man sich mehr mit Servicemodellen beschäftigen und Mehrwerte anbieten müsste, die über die reine Vermittlung hinausgehen. Steinberger sieht eine sinnvolle Alternative darin, ratierliche Vergütungsmodelle und Servicehonorare stärker auf die langfristigen Bedürfnisse der Kunden auszurichten – bei seinem Unternehmen stünden langfristige Kundenbeziehungen ohnehin schon im Vordergrund.
Eigener Vergütungsstandard aus der Branche?
AssCompact wollte von den Jungmaklern auch wissen, ob es für die Branche sinnvoll wäre, wenn sie einen eigenen Vergütungsstandard formulieren würde, sozusagen einen „Code of Conduct“. Generell befürworten die Jungmakler dies, Kai Buczinski ist sich jedoch nicht sicher, ob sich alle daran halten würden. Für Adrian Schmidt wäre er vor allem in Bezug auf Honorar sinnvoll, „da hier der Gestaltungsspielraum der Vermittler enorm ist. Im Provisionsbereich benötigt es das meiner Meinung nach nicht, da die Versicherer selbst ein Interesse daran haben, die Kosten durch den Vermittler gering zu halten und der Kostenwettbewerb unter den Versicherern hoch genug ist“.
Auch Bene Deutsch findet zumindest im Provisionsbereich die „aktuelle Lösung in Ordnung“. Denn so etwas wie einen Vergütungsstandard gebe es dort auch heute schon, da Provisionen „plus/minus“ bei fast jedem Anbieter ähnlich seien.
Sowohl Christoph Steinberger als auch Hava Misimi jedenfalls sehen einen solchen Vergütungsstandard primär aber auch als sinnvolles Mittel, um das Image der Branche zu stärken. Für Steinberger könnte er zur „weiteren Professionalisierung und zur Stärkung des Vertrauens in unsere Dienstleistungen beitragen. Ein solcher Standard sollte jedoch flexibel genug sein, um verschiedene Geschäftsmodelle und Unternehmensgrößen zu berücksichtigen.“ (mki)
Bild: © BrAt82 – stock.adobe.com
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