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11. Juni 2024
Private Equity: Wichtige Alternative zu den öffentlichen Märkten

Private Equity: Wichtige Alternative zu den öffentlichen Märkten

Diversifikation ist eine essenzielle Komponente bei der Geldanlage. Doch welche Anlageklassen greift man sich? Möglichkeiten gibt es viele, auch abseits der Börse. Eine davon könnte künftig u. a. durch die neue ELTIF-Regulierung einen Aufwind erfahren: Private Equity. Was sind die Vor- und Nachteile?

Ein Beitrag von Stefan Becker, Senior Vice President und Relationship Manager Intermediaries bei Neuberger Berman

Private Equity („PE“) ist eine Investition in ein Unternehmen, das sich in Privatbesitz befindet. Private Unternehmen gibt es in allen Branchen, in nicht-­zyklischen wie der Industrie, zyklischen wie Verbrauchsgüter oder aufstrebenden wie Technologie. Auch gibt es sie in allen Größen, von Start-ups und Risikokapital bis hin zu kleinen, mittelgroßen und sogar großen, etablierten Unternehmen.

Private Equity etabliert sich in den Portfolios

In der Vergangenheit wurde Private Equity hauptsächlich für institutionelle Anleger oder sehr wohlhabende, vermögende Privatpersonen eingesetzt. Dies war vor allem auf hohe Mindestinvestitionen und strenge Zulassungsvoraussetzungen zurückzuführen.

Da sich Private Equity weiterentwickelt und sich die Regulierung geändert hat, ist die Anlageklasse mittlerweile zugänglicher geworden. Heute ist PE in den Portfolios von Institutionen, Intermediären und Privatpersonen weltweit zu finden. Die Gesamtallokationen in PE-Anlagen sind ebenfalls gestiegen. Der Sektor hat sich von einer kleinen, spezialisierten Allokation innerhalb eines Portfolios zu einer Kernbeteiligung für alle Anlegertypen entwickelt.

Die zunehmende Akzeptanz von Privatmärkten ist weitgehend auf ein wachsendes Verständnis der Anlageklasse und des Gesamtwerts, den sie für ein Portfolio bringt, zurückzuführen. Weitere wachstumsfördernde Faktoren sind die Zunahme von Produktanbietern, die regulierte und liquidere Anlagevehikel entwickeln, sowie neue Technologien, die Investitionen erleichtert haben. Ein Hauptgrund für das Wachstum der Anlageklasse ist ihre Funktion, die sie in ein Portfolio einbringen kann. Zum Beispiel:

Diversifikation

Das Anlageuniversum für Private-Equity-Anlagen ist groß und nicht über die öffentlichen Märkte zugänglich. Das macht PE zu einer guten Ergänzung zu einer öffentlichen Allokation. Es bietet Anlegern Zugang zu mehr Unternehmen als den öffentlichen Märkten, und das ohne Überschneidungen. In den USA beispielsweise machte PE im Jahr 2023 fast zwei Drittel des investierbaren Universums aus, gemessen an der Anzahl der Unternehmen. Um sich in der breiteren US-Wirtschaft zu engagieren, muss man sich in PE engagieren, da die öffentlichen Märkte nur einen kleinen Teil des gesamten US-Unternehmensuniversums ausmachen.

Eine weitere Möglichkeit, wie PE zur Diversifizierung beitragen kann, ist das Engagement in Unternehmen unterschiedlicher Größe. Das durchschnittliche Private-Equity-Unternehmen ist kleiner als der Median der börsennotierten Unternehmen. Mit anderen Worten: Die öffentlichen Märkte bieten ein Engagement in Large-Cap-Unternehmen, aber nicht so sehr in Small-Cap-Unternehmen, bei denen der größte Teil des Zugangs nur durch PE-Investitionen erreichbar ist. Auch bleiben Unternehmen länger privat, gehen nie an die Börse oder nehmen mehr privates Vermögen auf, um zu wachsen. Wenn Unternehmen länger privat bleiben, sind die Bewertungen tendenziell viel höher, wenn sie später an die Börse gehen. Als solches kann PE potenziell Zugang zu erfolgreichen Unternehmen zu einem früheren Zeitpunkt in ihrem Lebenszyklus bieten.

Die Fähigkeit, Werte freizusetzen

PE hat die Fähigkeit, Veränderungen in den zugrunde liegenden Portfoliounternehmen zu beeinflussen, die den Wert der Investition und damit die Rendite für die Anleger steigern können. Die erste Gelegenheit bietet sich beim Kauf – auf den öffentlichen Märkten hat jeder den gleichen Zugang zu Chancen und Informationen. Für PE ist der Markt weniger effizient – wenn Sie einen Informationsvorsprung haben, können Sie bessere Entscheidungen darüber treffen, was Sie kaufen, wie viel Sie bezahlen und wie Sie dafür bezahlen. Während der Haltedauer haben öffentliche Anleger nur begrenzte Möglichkeiten, Änderungen vorzunehmen.

PE-Investoren hingegen haben die Kontrolle über die Unternehmen, in die sie investieren, was es ihnen ermöglicht, operative und strukturelle Verbesserungen in den Unternehmen vorzunehmen. Das steigert die Erträge und macht diese Unternehmen grundsätzlich wertvoller. Es gibt auch relativ gesehen weniger Bürokratie, wenn es darum geht, diese Änderungen umzusetzen. Beispiele für Wertschöpfung können die Implementierung eines neuen Managements sein, Software und Technologie, Partner in der Lieferkette oder ein vollständiger Turnaround des Unternehmens. Private-Equity-Firmen schaffen einen greifbaren Wert, der das Unternehmen dann wertvoller macht. Die Langfristigkeit von PE-Strukturen ermöglicht es Managern, nicht nur den Zeitpunkt des Kaufs, sondern auch den Zeitpunkt des Verkaufs zu planen, um das Renditepotenzial zu maximieren. Sie können auch wählen, wie sie verkaufen möchten – zum Beispiel über einen Börsengang oder einen strategischen Verkauf.

Starke relative Performance

Private-Equity-Anlagen stellen über Marktzyklen hinweg eine attraktive Anlagemöglichkeit dar und haben sich langfristig im Durchschnitt um mehrere Hundert Basispunkte besser entwickelt als die öffentlichen Märkte. Fonds des ersten Quartils weisen eine noch stärkere Outperformance auf. Insgesamt gesehen kann das Gesamtrisiko-Rendite-Profil des Portfolios durch die Aufnahme von Privatmärkten verbessert werden.

ELTIF-Regulierung

Wie bei den meisten Anlagen gibt es auch bei Investitionen in Privatmärkte Risiken. Die Anlageklasse ist in der Regel illiquide und es gibt eine gewisse Ungenauigkeit bei den Bewertungen, die oft nur vierteljährlich und mit Verzögerung verfügbar sind. Auch das Cash-­Management kann für manche eine Herausforderung sein, da PE das Kapital in der Regel nicht sofort investiert, sondern es im Laufe der Zeit „abruft“ und Ausschüttungen unvorhersehbar sein können.

Neuere Strukturen haben jedoch versucht, diese Herausforderungen zu reduzieren. So ist beispielsweise der European Long-Term Investment Fund („ELTIF“) ein europaweites System, das einem breiteren Spektrum von Anlegern, einschließlich Kleinanlegern, den Zugang zu Private Equity ermöglicht. Dies erfolgt über eine regulierte und transparente Struktur, die über ausgewählte Banken verfügbar ist. Zu den Vorteilen von ELTIF-Vehikeln gehören eine niedrige Mindestzeichnung, vereinfachte Zeichnungsprozesse sowie kürzere Anlagezeiträume und -laufzeiten.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 06/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Egor – stock.adobe.com; Porträtfoto: © Neuberger Berman

 
Ein Artikel von
Stefan Becker