Interview mit Thomas Giessmann, Inhaber von Fahrsicherung
Herr Giessmann, fahren Sie gerne Rad oder wie kommt es zur Spezialisierung auf die Absicherung von Fahrrädern?
Ja, tatsächlich war die Anschaffung eines E-Bikes vor vielen Jahren der Auslöser für die Spezialisierung in dem Bereich.
Damals habe ich, quasi als Endkunde, mitbekommen, wie aufwendig es ist, sein Bike gut zu versichern, da es zu dem Zeitpunkt noch kein Vergleichsportal zu dem Thema gab. Ungefähr 2016 muss es gewesen sein, da gab es nur wenige Versicherer, die das Thema losgelöst von der Hausratversicherung betrachtet haben. Allein die Suche nach diesen Versicherern und dann noch das Vergleichen von Preis und Leistung war zeitraubend und schwierig. Tatsächlich habe ich es dann auch gelassen und mein Bike damals nur gegen Diebstahl versichert.
Es gab einen regelrechten Fahrrad- und E-Bike-Hype. Lässt der allmählich nach?
Es gibt einige Anzeichen dafür, allerdings noch in kleinem Maße. Viele unserer kooperierenden Händler leiden immer noch unter den Lieferschwierigkeiten – die Nachfrage ist da, ein Bike aber nicht. Aber es ist schon entspannter als im letzten Jahr. Wie stark der Rückgang sein wird, ist für mich noch nicht absehbar, dafür gibt es momentan noch zu wenig vorrätige Angebote.
Hausratversicherung oder Fahrradversicherung – die Frage bleibt wohl immer bestehen. Nach welchen Kriterien sollte ausgewählt werden?
Der große Mehrwert der Fahrradversicherung ist der Kasko-Schutz. Stürze, Elektronikschäden und sogar Verschleißschäden lassen sich versichern. Unsere Schadenstatistiken zeigen eindeutig, dass der Verschleißschaden mit 51% der meistgenutzte Baustein ist, gefolgt von Unfall- und Sturzschäden. Nur 14% der Schäden in unserem Bestand sind Diebstahlschäden. Bei den Schadenhöhen hat natürlich der Diebstahlschaden den höchsten Wert, aber es zeigt klar, dass der Kunde den Kaskoschutz braucht – oder zumindest möchte.
Viele Kunden nutzen aktiv den Verschleißbaustein, was dann zur Einreichung von Kleinstschäden führt.
Ich vermute und hoffe, dass die Versicherer ihren Preiskampf bald einstellen werden und die Beiträge für eine Versicherung, die Verschleiß enthält, wieder nach oben gehen. Denn vor rund drei Jahren war die Versicherung im Durchschnitt noch etwa 20 Euro teurer, obwohl die Leistungen deutlich schlechter waren.
Sie betreiben einen Vergleichsrechner, haben aber vor Kurzem auch eigene Versicherungspakete entwickelt. Worauf haben Sie dabei Wert gelegt?
Der Entschluss entstand, da einige Leistungen nachgefragt waren, es aber kein Angebot gab. Vor einigen Jahren war es beispielsweise noch schwierig, einen Carbonrahmen zu versichern, inzwischen ist es in fast jedem Basisschutz enthalten. Das ist nur eines von sehr vielen Beispielen. Die Versicherer befanden sich im Fahrradbereich in einem noch neuen Segment und sind deswegen meist vorsichtiger vorgegangen. Das ist durchaus nachvollziehbar, aber irgendwann kann man anhand von Schadenstatistiken erkennen, dass es zum Teil grundlose Sorgen sind, und dann sollte man es ändern. Die Einsicht kam bei einigen Versicherern aber durchaus zu spät, sodass wir mit unserem Deckungskonzept in den Markt gegangen sind und diese „grundlosen Sorgen“, die den Kunden schlechterstellen, beseitigt haben und die Nachfrage gestillt haben.
Einige Versicherer sind gefolgt, sodass es jetzt insgesamt ein hohes Leistungsniveau gibt. Wäre der Preiskampf zwischen den Versicherern nicht, würde ich sagen, dass sich das Fahrradprodukt sehr gesund entwickelt hat, sowohl für den Kunden als auch für den Versicherer.
Wo sind dann noch klassische Fallstricke bei Fahrrädern oder auch bei E-Bikes?
Tatsächlich sind die Fallstricke im Premiumbereich mit der Zeit immer weniger geworden, ich würde sagen, dass fehlende Unterlagen noch das größte Problem sind. Wenn ich mir den Basisschutz anschaue, stolpert der Kunde ab und zu noch über Anschließpflichten, bei einigen Versicherern sogar über Zeit- statt Neuwertentschädigungen. Aber diese „schlechten Leistungen“ werden immer seltener, wir haben in unserem Bereich meiner Meinung nach ein sehr hohes Leistungsniveau, was auch der Grund ist, weswegen ich mit meinem Leistungsvergleich immer mehr Details vergleiche. Denn wenn jeder eine 1,0-Bewertung hat, ist ein Vergleich unnütz und langweilig. Also mussten wir noch tiefer in die Bedingungswerke einsteigen und dort entscheidende Punkte miteinander vergleichen.
Fahrradkonzepte gibt es schon länger, aber das Angebot hat stetig zugenommen. Wie sieht denn der Markt aktuell aus?
Definitiv, immer mehr Versicherer, vor allem digital aufgestellte und InsurTechs, stürzen sich auf den Bereich. Die Fahrradversicherung entwickelt sich langsam zum „Einstiegsprodukt“, um den Kunden in die App zu bekommen und die Marke bekannter zu machen.
Sie arbeiten mit Händlern und Werkstätten zusammen. Ausgezeichnet wurden Sie aber auch für Ihr Online-Marketing. Wie kommen Sie zu Ihren Kunden?
Im Onlinebereich arbeiten wir mit Branchenmagazinen zusammen, die auch Artikel über das Thema Versicherungen schreiben. Das ist nicht unbedingt eine reine Affiliate-Zusammenarbeit, denn wir liefern auch fachlichen Input, halten die Artikel aktuell und informieren über wichtige Änderungen und Dinge aus der Praxis.
Außerdem ist Google für uns ein sehr wichtiger Kanal, um Direktgeschäft zu erzielen.
Der Onlinebereich macht im Moment noch den größten Teil unseres Wachstums aus. Ich schätze, in zwei Jahren werden wir aber mehr Geschäft mit Händlern und Herstellern machen als im Onlinebereich.
Hier gibt es sehr viel Potenzial: Onlinehändler binden unsere Abschlussmöglichkeiten beispielsweise in den Bestellprozess mit ein. Hersteller liefern das Bike zum Beispiel direkt mit Paketbeilagen an den Endkunden aus. Der stationäre Handel bietet uns direkt im Geschäft an oder verschickt über uns ein Angebot nach dem Kauf an den Kunden.
Aber auch diverse Dienstleister wie GPS-Tracker, Leasinggeber und Fahrradverbände sind wertvolle Kooperationen, die ihren Kunden einen echten Mehrwert mit auf den Weg geben möchten.
Gehen Sie auch Kooperationen mit Maklern und Maklerpools ein?
Wir arbeiten mit Maklern zusammen, inzwischen sind auch unsere Systeme um „laufende Courtagen“ erweitert worden, sodass die Abrechnung problemlos möglich ist. Das war der letzte Schritt bei uns, um Geschäft mit Maklern und Maklerpools anbinden und größtenteils automatisiert abwickeln zu können.
Eine derartige Versicherung kostet zwischen 50 und 70 Euro – in etwa? Eigentlich will man sich in der Beratung nicht allzu lange damit aufhalten, oder?
Unser Jahresbruttobeitrag liegt im Durchschnitt bei 102 Euro, das bietet tatsächlich nicht viel Spielraum für eine Beratung, vor allem da die Schadenfrequenz in dem Bereich ziemlich hoch ist. Allerdings ist es durch gute Prozesse und einige Direktabschlüsse ohne vorherige Anfragen durchaus möglich, das Thema zu monetarisieren.
Wenn man jedes Jahr nur wenige Anfragen in dem Bereich hat und sich dann erst mal einarbeiten muss, dann ist es vermutlich ein Minusgeschäft. Aber dafür gibt es dann ja auch die Kooperationsmöglichkeit mit uns. Wir sind inzwischen dazu übergegangen, dass wir auch die komplette Beratung für den Makler übernehmen, wenn er es sich wünscht. Dafür nehmen wir aber einen größeren Overhead, als wenn er nur unsere Software nutzt. Insgesamt also eine Win-win-Situation wirtschaftlich betrachtet und der Makler kann sich aussuchen, wie er mit dem Thema umgehen möchte.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 09/2022, S. 52.
Bild: © Thomas Giessmann, Fahrsicherung bzw. fotohansel – stock.adobe.com
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