Ein Fachbeitrag von Gisa Schuh, Expertin für schriftliche Unternehmenskommunikation mit Schwerpunkt Versicherungsbranche
Auch im Zeitalter der digitalen Automatisierung bleibt der persönliche Kontakt zu Kundinnen und Kunden ein entscheidender Faktor. Und weiterhin ist das gefragt, was den Eins-zu-eins-Kontakt unterstützt: Die E-Mail und tatsächlich auch noch der Brief bleiben wichtige Eckpfeiler für eine transparente und wertschätzende Kommunikation.
Was ist aus Sicht von Kundinnen und Kunden gewünscht?
„Ich benötige keine langen Telefonate oder Nachrichten auf meiner Mailbox. Bitte schreiben Sie mir einfach eine kurze Mail. Das ist nach meinem Verständnis Ihr Job als Makler, die Sache unkompliziert mit der Versicherung zu klären und mich zu informieren.“
Diese Worte sprechen Bände: Einfach soll es sein, möglichst mit dem berühmten Dreizeiler. E-Mail-Kommunikation ist in der Regel unkompliziert und erleichtert den schnellen Austausch.
Leseverhalten im Wandel
Durch die Masse an Informationen und die wachsende Digitalisierung verarbeiten wir Texte nicht mehr in der gewohnten Tiefe. Was bleibt also beim Überfliegen wirklich hängen? Serviceorientierung bedeutet, Nachrichten so zu verpacken, dass die Konzentration auf der anderen Seite aufrechterhalten bleibt und alles möglichst auf Anhieb verstanden wird.
Schreibverhalten nicht gleich Leseverhalten
Wenn man eine E-Mail öffnet, entscheidet das Gehirn in Sekundenschnelle darüber, wie aufmerksam diese gelesen wird – oder in welcher Grundstimmung man mit dem Lesen startet. Unser Gehirn sucht im ersten Augenblick blitzschnell nach Orientierung. Ein gut aufgebautes Schreiben lebt von optischen Leseankern als Navigationshilfe. Heißt: Ein Fließtext hilft hier nicht wirklich weiter. Während wir beim Schreiben eine E-Mail von oben nach unten aufbauen, wird diese auf der anderen Seite noch lange nicht genauso gelesen. Wir lesen die Nachricht zwar an. Relativ schnell pickt sich das Auge dann aber das Wichtigste heraus und springt munter durch den Text.
Fallen Sie mit der Tür ins Haus: Oben vor unten!
In einer optimal strukturierten E-Mail gehört das Wichtigste nach oben. Das entspricht dem Augenverlauf beim Lesen. Setzen Sie zum Beispiel das Ergebnis von Prüfungen an den Anfang. Erst dann erklären Sie das Warum. Das erspart Leserin und Leser zeitaufwendiges Suchen.
Aufzählungen – Einfach und wirkungsvoll
Setzen Sie Aufzählungen konsequent ein. Der Vorteil: Wichtige zu erledigende Punkte können auf der anderen Seite erledigt und abgehakt werden. Tipp: Geben Sie Ihren Aufzählungspunkten einen einheitlichen Aufbau, zum Beispiel nur Stichwörter oder nur ausformulierte Sätze.
Sinneinheiten markieren
Es hilft dem schnellen Erfassen wenig, wenn im Text nur einzelne Wörter und vielleicht ja auch nur Negationen wie nicht/kein hervorgehoben sind. Und die Stimmung hebt es auch nicht gerade. Markieren Sie also eine Wörtergruppe, die in sich Sinn macht. Und schon weiß die andere Seite blitzschnell, worum es im Wesentlichen geht.
Die Königsklasse: Zwischenüberschriften
Überschriften sind in einem Fließtext wie „Steine im Fluss“ – echte Leseanker, die es möglich machen, schnell durch einen Text zu navigieren.
- Was wir jetzt für Sie tun können:
- Was wir noch von Ihnen benötigen:
- Was sind die nächsten Schritte?
- Was bedeutet das jetzt konkret für Sie?
- Wie geht es jetzt weiter?
Ein floskelfreier Einstieg ist die halbe Miete
Fast jede E-Mail beginnt mit: „Vielen Dank für ….“ – nett gemeint und gleichzeitig doch eintönig. So bringt man Abwechslung ins Spiel:
- Ihre Unterlagen helfen uns weiter. Vielen Dank.
- Mit Ihren Angaben können wir jetzt die nächsten Schritte veranlassen. Danke schön.
- Ihr Schreiben vom … enthält wichtige Informationen, um in der Sache voranzukommen. Herzlichen Dank für Ihre Mithilfe.
Gerade nach einem persönlichen Kontakt im Telefonat können Sie punkten. Das bedeutet das Aus für wie soeben telefonisch besprochen:
- gut, dass wir miteinander gesprochen haben.
- das heutige Gespräch mit Ihnen hat sehr wichtige Punkte geklärt. Vielen Dank für Ihre Zeit.
- gleich nach unserem Gespräch habe ich die nächsten Schritte veranlasst:
Und wenn mal etwas schiefgelaufen ist, bringen Sie doch Ihre ganz individuelle Note in den Einstieg. Das schafft Sympathie und wärmt die Beziehungsebene auf.
- Zunächst einmal tut es mir leid, dass es hier zu solch einer Verzögerung und obendrein anscheinend zu einer grundsätzlichen Unklarheit kam. Aber der Reihe nach.
Mit einem floskelfreien Ausstieg das Schreiben abrunden
Runden Sie Ihr Schreiben mit einem freundlichen und floskelfreien Satz ab:
- Ihre Fragen beantworte ich gern.
- Ihre Fragen sind willkommen – rufen Sie mich gern an!
Sätze wie „Vielen Dank für Ihr Verständnis/Wir bitten um Ihr Verständnis“ lesen wir viel zu häufig. Alternativen mit einem anderen Fokus:
- Wir hoffen, dass wir die Gründe/Rechtslage transparent gemacht haben.
- Uns war es wichtig, Klarheit in die Angelegenheit zu bringen. Melden Sie sich, wenn noch etwas offen ist.
Standardschreiben modernisieren
Große Unternehmen arbeiten mit Standardschreiben – das geht natürlich schneller und oft möchte man dadurch Fehlerquellen minimieren. Wichtig für standardisierte Texte: moderne, verständliche Sprache und Ein- und Ausstiege, die frei ergänzt werden können. Und eigentlich selbstverständlich: fehlerfreies Schreiben nach aktueller Rechtschreibung. Ein daß statt dass entlarvt den Textbaustein als uralt und verstaubt.
Verben im Text: Lebendig statt stocksteif
Substantive durch Verben zu ersetzen, ist und bleibt ein wirkungsvolles sprachliches Mittel. Das Schreiben liest sich schneller und klingt unbürokratischer.
- Ausgleich vornehmen = ausgleichen
- Leistung erbringen = leisten
Ein Gedanke – Ein Satz
Kurze Sätze helfen, komplexe Sachverhalte auf den Punkt zu bringen. Hier gilt die Regel: maximal 15 Wörter. Und wenn der Grundgedanke formuliert ist, dann kommt ein Punkt oder mindestens ein Doppelpunkt zum kurzen Durchatmen beim Lesen.
Du oder Sie?
Was vor Jahren gerade in der Versicherungsbranche noch undenkbar war: die Versicherungsnehmenden duzen. Lange galt die Branche als viel zu traditionell oder gar konservativ für den Trend, der sich in vielen Bereichen abzeichnet. Wer sich im Internet tummelt, wird fündig: Hol dir deine Kfz-Versicherung auf dein Handy! Wichtig: Der gesamte Auftritt muss stimmen – und dazu gehört dann auch eine schriftliche Ansprache, die zum du passt: einfach erklärt, kurze Sätze, wenige Substantive, flott und seriös zugleich.
Automatisierter Zwischenbescheid einmal anders!
Digitale und automatisierte Vertriebswege werden zunehmen – das ist sicher. Aber auch hier kann eine lebendige, freundliche Ansprache erhalten bleiben. Wie wäre es zum Beispiel mit diesem automatischen Zwischenbescheid?
- Ihre E-Mail ist bei uns eingegangen. Schön, dass Sie uns Ihr Vertrauen schenken.
- Sie ahnen es sicher schon: Sie lesen gerade eine automatische Nachricht. Wir kümmern uns in Kürze um Ihr Anliegen. Geben Sie uns bitte ein wenig Zeit, dies für Sie zu erledigen. Vielen Dank.
Menschliche Versicherungsprofis, die – bildlich gesprochen – den Stift in die Hand nehmen, wird es auch in Zukunft geben. Vor allem komplexe Produkte brauchen oftmals mehr Erklärung und eine individuelle Beratung. Hinterlassen Sie über serviceorientierte und lesefreundliche Schreiben einen Eindruck, der positiv hängen bleibt: Wer schreibt, bleibt! Was Sie schreiben, bleibt erst recht!
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 07/2022 und in unserem ePaper.
Bild: © Song_about_summer – stock.adobe.com
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