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5. Mai 2023
Partielles Provisionsverbot: Wird es den Neobrokern schaden?
Partielles Provisionsverbot: Wird es den Neobrokern schaden?

Partielles Provisionsverbot: Wird es den Neobrokern schaden?

Für Finanzberater ist ein Provisionsverbot vorerst vom Tisch – nicht aber für „Execution-Only“-Geschäfte. Das könnte Simon-Kucher zufolge u. a. das Geschäftsmodell von Neobrokern stark beeinträchtigen. Trade Republic und Scalable Capital haben sich gegenüber AssCompact geäußert.

Die EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness verkündete Ende April, dass vorerst kein EU-weites Provisionsverbot für Finanzberater eingeführt werden soll (AssCompact berichtete: EU-Kommission verzichtet auf Provisionsverbot – vorerst). Die EU-Kleinanlegerstrategie, die am 24.05.2023 vorgestellt werden soll, werde ihren Angaben zufolge zwar eine Revisionsklausel enthalten, um ein Provisionsverbot auch hinterher noch durchsetzen zu können, für den Moment jedoch ist die Debatte vom Tisch.

Zumindest für Provisionen für Finanzberater. An anderer Stelle will die EU-Finanzkommissarin dennoch regulieren, so z. B. bei sogenannten „Execution-Only“-Geschäften, bei denen die Finanzdienstleister ohne jegliche Beratungsdienstleistung eine reine Orderausführung übernehmen. Nach Ansicht von Partner Max Biesenbach und Senior Director Sonia King von der globalen Strategieberatung Simon-Kucher könne dies für „spürbare Konsequenzen für Finanzdienstleister und Verbraucher“ sorgen.

Provisionsverbot bei „Execution-Only-Geschäften“

Die oben beschriebenen „Execution-Only“-Geschäfte werden in erster Linie von den im deutschen Onlinebroker-Markt führenden Direktbanken sowie den extrem erfolgreich gewachsenen Neobrokern durchgeführt. Je nachdem, wie umfassend die EU-Kommission ein „Provisionsverbot“ für diese Geschäfte auslegt, wären jeweils beim Kauf eines Fonds anfallende Ausgabeprovisionen, jährlich wiederkehrende Bestandsprovisionen für das Halten von Fonds im Bestand, aber ggf. auch die bei Neobrokern besonders umsatzrelevanten und jeweils beim Kauf von ETFs anfallenden Kickbacks betroffen, so heißt es von Simon-Kucher.

Sollten neben „Execution-Only“-Geschäften auch beratungsfreie Transaktionen vom Provisionsverbot betroffen sein, wäre insbesondere das Geschäftsmodell der Neobroker, also bspw. Trade Republic und Scalable Capital, von diesem Schritt betroffen. Simon-Kucher hält eine Einführung von monatlichen Abogebühren oder auch die Erhöhung von Transaktionsgebühren für denkbare Folgen. Doch nicht nur Direktbanken und Neobroker wären betroffen, auch klassische Filialbanken könnten die „drastischen Auswirkungen“ auf ihr Geschäftsmodell spüren, sollte die EU-Kommission auch die im Rahmen eines beratenen Wertpapierdepots anfallenden beratungsfreien Geschäfte mit einem Provisionsverbot versehen. Simon-Kucher zufolge sei es heute weit verbreitete Praxis, dass Anleger beratene und beratungsfreie Transaktionen in einem einzigen Wertpapierdepot mischen. Wenn die Filialbanken ihre Erträge sichern wollen, dann hätte ein Provisionsverbot für diese Transaktionen eine deutlich stärkere Trennung dieser Geschäfte und auch eine unterschiedliche Bepreisung zur Folge.

Das sagen Trade Republic und Scalable Capital

Auf Nachfrage von AssCompact haben sich die beiden großen deutschen Neobroker zu der Thematik geäußert. Trade Republic möchte derzeit noch nicht mit einem medialen Statement in den Prozess eingreifen, da sich die „Ausgestaltung des Provisionsverbots vonseiten der EU-Kommission noch im Verhandlungsmodus“ befinde. Das Berliner Unternehmen versicherte AssCompact jedoch, dass es die aktuellen Entwicklungen rund um ein potenzielles Verbot von „Execution-Only“ intensiv beobachte.

Scalable Capital wurde etwas deutlicher. Für die Münchner sei ein solcher Vorschlag „nicht im Einklang mit den Zielen der Kommission, neue Möglichkeiten für Sparer:innen und Anleger:innen zu schaffen und die EU zu einem noch sichereren Ort für langfristiges Sparen und Investieren zu machen“. Es sei bereits mit den bestehenden gesetzlichen Regelungen sichergestellt, dass Zuwendungen ausschließlich für qualitätsverbessernde Maßnahmen verwendet und offengelegt werden. Ein einseitiges Verbot von Zuwendungen wäre zum Nachteil von Millionen von Privatanlegerinnen und -anlegern und würde eine Vergrößerung der Rentenlücke riskieren, so Scalable Capital. Das Unternehmen verfolge die Debatte dazu ebenfalls eng und werde den Vorschlag der Kommission bewerten und sich weiterhin für Privatanlegerinnen und -anleger einsetzen. (mki)

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