Interview mit Yasemine Kanwischer und Lukas Raschke, Gründer und Geschäftsführer von Ankerfinanz
Hi, Yase, hi, Lukas, ihr beide beratet Paare zum Thema Altersvorsorge – und seid außerdem selbst eins. Wie seid ihr darauf gekommen, zusammen ein Maklerunternehmen zu führen?
Lukas Raschke Als wir aus dem Strukturvertrieb raus sind, gab es verschiedene Gedanken. Wir wollten in der Branche bleiben und haben uns gefragt, wie wir das am besten gemeinsam machen können. Wir haben auch kurz überlegt, jeder für sich eigenständig als Makler aufzutreten. Das fanden wir aber beide komisch und so haben wir dann entschieden, gemeinsam Ankerfinanz zu gründen. Bis vor Kurzem waren wir noch zwei Einzelunternehmen, sind aber aktuell dabei, diese auch offiziell in ein Unternehmen zusammenzulegen.
Funktioniert das immer gut? ;)
Yasemine Kanwischer (lacht) Natürlich nicht. Gerade die Anfangszeit war herausfordernd. Die meisten, die hören, dass wir ein Paar sind, auf 75 m2 leben und arbeiten, sind erst einmal schockiert. Das führt zu ganz anderen Herausforderungen als bei „klassischen“ Paaren. Wir haben tendenziell immer zu viel Zeit miteinander und die Zeit alleine geht da manchmal unter. Mittlerweile haben wir uns eingespielt, wissen, worauf wir achten müssen und wie wir den anderen am besten ärgern können. ;)
Beim Jungmakler Award hattet ihr euch noch mit der Zielgruppe ITler und deren Partnerinnen beworben. Warum genau diese Zielgruppe und ist das noch aktuell?
LR Tatsächlich haben wir uns nach dem Jungmakler Award noch einmal stark mit unserer Zielgruppe auseinandergesetzt. Die ITler selbst haben wir gestrichen, die Paare sind jedoch geblieben und wir nennen sie liebevoll unsere Nestbauer. Die Zielgruppe hat sich einfach ergeben, ohne dass wir es zu Beginn fokussiert hatten. Meist habe entweder ich den Partner oder Yase die Partnerin in der Beratung. Im Verlauf hat sich gezeigt, dass der jeweilige Gegenpart auch Beratungsbedarf hat, und somit hatten wir alle Parteien in der Beratung. Als die ersten gemeinsamen Themen wie Schwangerschaft oder eine Hausfinanzierung im Raum standen, haben wir festgestellt: Es ist besser, wenn wir alle zu viert an einem Tisch sitzen.
Abgesehen davon sind wir unsere eigene Zielgruppe und stehen aktuell vor denselben Herausforderungen wie unsere Kunden. Wir haben gemerkt, dass die Kunden sich bei uns beraten lassen, nicht weil wir uns auf ITler konzentrieren, sondern weil wir menschlich sehr ähnlich denken. Und genau das haben wir ausgebaut. Neben den Nestbauern (Pärchen) haben wir als zweite Zielgruppe die Workaholics zwischen 25 und 35 Jahren sowie die Ruhestandsplaner ab 55 Jahren. Bei denen spielt es auch keine Rolle, ob es ein Pärchen, Single oder eine ganze Familie ist, die dahinter steht.
Habt ihr eine strikte Aufteilung, wer von euch beiden welchen Kunden berät?
YK Das darf sich der Kunde selbst aussuchen, wobei es klare Tendenzen gibt, dass die Frauen bei mir und die Männer bei Lukas sind. Aktuell entwickeln wir uns auch intern immer mehr in Spezialisierungen, da wir nicht jeweils alles abdecken können. Perspektivisch werden die Kunden also je nach Themengebiet von einem von uns beraten.
Was sind denn klassische „blinde Flecken“, die Paare bei ihrer Altersvorsorge gerne haben?
YK Häufig muss die Frau in der Schwangerschaft mit maximal 1.800 Euro Elterngeld auskommen. Das ist in der Regel deutlich weniger, als sie vorher verdient haben. Da ist dann häufig die erste Reaktion, dass die Frau in dieser Zeit nicht mehr spart und die Absicherungen pausieren lässt. Gerade dann ist es umso wichtiger, dass die Frau (oder natürlich der Mann) weiter vorsorgt, denn in dieser Zeit erhält die jeweilige Person deutlich weniger Rentenpunkte. Viele Pärchen sehen sich zwar als Einheit, wenn es jedoch um die Absicherungen der Frau geht, sollen diese häufig während der Schwangerschaft/Elternzeit ausgesetzt werden. Aber wieso? Hat die Frau nicht auch das Recht, weiter zu sparen?
Oft unterscheiden sich bei Paaren auch die finanziellen Vorstellungen und die Risikobereitschaft. Findet man hier immer eine Strategie, die beide zufriedenstellt?
LR Das funktioniert bei uns tatsächlich sehr gut. Jeder Partner wird als eigenständige Person betrachtet. Wir wissen ja nicht, was die Zukunft bringt. Beim Thema Risiko legen wir den Fokus auf eine vernünftige Beratung. Wir durften häufig feststellen, dass fehlendes Wissen einfach zu Unsicherheit führt. Also nehmen wir uns die Zeit, alle Fragen zu beantworten und alles ausführlich zu besprechen.
Ist bei solch emotionalen Themen wie Geld und Altersvorsorge umso mehr Fingerspitzengefühl nötig, wenn man Paare berät?
YK Fingerspitzengefühl wird immer benötigt, zumindest bei den meisten Kunden. In vielen Köpfen ist noch der Gedanke, dass das Eigenheim ja auch eine Art der Altersvorsorge ist und man deshalb auf Teufel komm raus ein Haus kaufen muss. Unserer Erfahrung nach wird hier besonders viel Fingerspitzengefühl benötigt, da es um ein sehr emotionales Thema geht, das bei vielen Kunden ein langersehntes Ziel ist. Leider können sich objektiv betrachtet viele Pärchen kein Haus in ihrer Vorstellung leisten oder es würde auf der anderen Seite extrem starker Verzicht in anderen Lebensbereichen bedeuten. Den Kunden hier die Augen zu öffnen, dass das Eigenheim keine Altersvorsorge darstellt, ist nicht immer so einfach.
Apropos Risikobereitschaft: Die Börse hat in letzter Zeit sehr gut performt. Beratet ihr bei der Vorsorge dadurch stärker in Richtung Kapitalmärkte? Sollten Makler das?
LR Ich glaube, der Kapitalmarkt sollte Standard in der Beratung sein. Allerdings haben aktuelle Entwicklungen am Kapitalmarkt höchstens eine kleine Rolle als Hinweis am Rande oder wenn der Kunde Fragen dazu hat.
Wir machen dem Kunden deutlich, dass wir über seine Altersvorsorge reden, die er im besten Fall für die nächsten 40 Jahre bespart. Da ist es auch egal, ob aktuell eine Corona-Krise herrscht oder wer in den USA gewählt wird. Wir zeigen dem Kunden, dass er sehr vermutlich auch in 40 Jahren noch mit Klamotten auf die Straße geht und vermutlich auch noch von A nach B möchte. Daher ist der Kapitalmarkt für die Altersvorsorge unabdinglich.
Es wird aus aktuellem Anlass viel über staatliche Förderung der Rente gesprochen. Welche Formen der Rente zu fördern lohnt sich eurer Meinung nach denn am meisten?
LR Auch hier finde ich das wieder sehr individuell. Die verschiedenen Formen der Rente hängen ja von der Situation des Kunden ab. Grundlegend sollte es unserer Meinung nach immer kapitalmarktorientiert sein. Am besten wäre natürlich auch eine kapitalmarktorientierte gesetzliche Rente. Sobald die Kunden realisieren, wie viel sie monatlich für die gesamte Rente sparen und was der hochgerechnete Output sein wird, sind sie meistens erst einmal schockiert. Vielleicht könnte man einen Weg finden, indem man den Beitrag zur gesetzlichen Rente minimieren kann, wenn man erwiesenermaßen privat vorsorgt. Das würde dem Kunden auch wieder Luft und mehr Kapital zum Leben ermöglichen. Allerdings sind wir auch keine Politiker und uns ist bewusst, dass da natürlich noch deutlich mehr Themen dranhängen.
Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 04/2025 und in unserem ePaper.


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