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15. Mai 2024
Ombudsmann: In diesen Sparten gab es die meisten Beschwerden

Ombudsmann: In diesen Sparten gab es die meisten Beschwerden

Über 13% mehr Beschwerden als im Vorjahr erreichten die Schlichtungsstelle. In fast allen Sparten ist die Anzahl der Beschwerden gestiegen, besonders hohe Zuwächse gab es in der Kfz- sowie Unfallversicherung. Die Beschwerden gegen Vermittler dagegen sind im Jahr 2023 zurückgegangen.

Während einer digitalen Pressekonferenz stellte die neue Ombudsfrau für Versicherungen, Dr. Sybille Kessal-Wulf, gemeinsam mit ihrem Vorgänger, Dr. Wilhelm Schluckebier, diese Woche den Jahresbericht der Schlichtungsstelle für das Jahr 2023 vor. Demnach gingen im vergangenen Jahr insgesamt 18.037 Beschwerden ein, eine Zunahme von 13,4% gegenüber dem Vorjahr, als es 15.907 Beschwerden waren. Zulässig waren davon 13.205 Beschwerden, 11% mehr als im Vorjahr.

Mit dem Anstieg liegt die Anzahl der eingegangenen Beschwerden wieder auf dem Niveau der Vorjahre – im Jahr 2022 hatte es pandemiebedingt einen Rückgang gegeben. Laut Angaben des ehemaligen Ombudsmannes Schluckebier, der Ende März 2024 sein Amt niederlegte, waren in keiner Sparte zahlenstarke Sondereffekte zu verzeichnen. Bis auf eine Sparte sind alle Sparten von der Steigerung der Beschwerdezahlen betroffen. Insgesamt bewegt sich das Niveau laut des Berichts leicht über dem Fünfjahresdurchschnitt. Die Anzahl der Beschwerden gegen Vermittler hingegen ist von 444 im Jahr 2022 auf 318 im Berichtsjahr gesunken. Dass die Beschwerden über Vermittler zurückgegangen sind, sei umso erstaunlicher, da sich ja das gesamte Beschwerdeaufkommen erhöhte, kommentierte Michael H. Heinz, Präsident beim Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK). Die Zahlen zeigten eindrucksvoll, dass wiederkehrende Forderungen für eine noch strengere Regulierung und Aufsicht für Vermittler keine Datengrundlage hätten, betonte der BVK-Präsident.

Unfallversicherung, Kfz-Versicherung mit höherem Beschwerdeaufkommen

Den höchsten Zuwachs bei den Beschwerden verzeichnet die Unfallversicherung. Hier hat die Anzahl der zulässigen Beschwerden im Vergleich zum Vorjahr um 39% zugenommen. Auch in der Kfz-Versicherung beschwerten sich Verbraucher häufiger: In der Kfz-Haftpflicht gingen die zulässigen Beschwerden um 27% nach oben, in der Kfz-Kasko-Versicherung sogar um 30%.

Auch mehr Beschwerden im Vergleich zum Vorjahr gab es in der Hausratversicherung (+20%), der Privathaftpflichtversicherung (+22%) sowie in den „sonstigen Versicherungen“, zu denen unter anderem Elektronik-, Tierkranken und Reiseversicherungen zählen (+20%). Lediglich in der Wohngebäudeversicherung gab es einen Rückgang der Beschwerden um 14%. Hier waren in den Jahren 2021 und 2022 zahlenstarke Sondereffekte am Werk, die im vergangenen Jahr keine Auswirkung mehr auf das Beschwerdeniveau hatten, so Schluckebier.

Riester, Datenlecks verantwortlich für Beschwerden in Lebens- und Rechtsschutzversicherung

Zahlenmäßig bleibt weiterhin die Lebensversicherung der Spitzenreiter unter den Beschwerden. Wie auch im vergangenen Jahr standen in dieser Sparte die Fälle des Widerspruchs oder des Widerrufs von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen im Fokus der Beschwerdebearbeitung. Zudem traten 2023 auch erstmals Beanstandungen an den Abschlusskosten für die im Anschluss an Riesterbanksparplänen von Banken oder Sparkassen abgeschlossenen Rentenversicherungsverträgen auf. Hier beanstandeten Verbraucher vor allem die zu Eintritt der Auszahlungsphase als sehr hoch empfundenen Abschlusskosten, die vom Kapital abgezogen werden.

In der Rechtsschutzversicherung waren, anders als in den Vorjahren, kaum noch Beschwerden in Bezug auf die Diesel-Abgasaffäre zu verzeichnen. Dafür standen hier vor allem Datenlecks im Zusammenhang mit Social-Media-Plattformen im Fokus, für die Verbraucher Rechtsschutzdeckung für die Geltendmachung von Schadenersatz-, Unterlassungs- und Auskunftsansprüchen verlangten.

Themen in der Kfz-Versicherung ähnlich wie in den Vorjahren

In der Kfz-Versicherung nahm sich die Verbraucherschlichtungsstelle vor allem gleichbleibender Themen wie in den Vorjahren an, so Schluckebier. Unklarheiten im Zusammenhang mit der Einstufung in Schadenfreiheitsklassen und der Übertragung dieser Einstufung bei Versicherungswechsel sei ein dauerhafter Beschwerdegrund von Verbrauchern, so der ehemalige Ombudsmann.

In der Sparte Hausrat lag der Schwerpunkt mit etwa einem Viertel der Beschwerden in dieser Sparte auf Einbruchdiebstählen. Auch ausgetretenes Leitungswasser sei wieder ein Thema gewesen. Zwei Themen, mit dem sich die Ombudsstelle in Zusammenhang mit der Hausratversicherung im letzten Jahr wesentlich häufiger beschäftigen musste, waren Fahrraddiebstähle und sogenannte Phishing-Fälle. Gerade in Zusammenhang mit Letzteren zeige sich, dass es sich für Kunden lohnen würde, zu prüfen, ob die bei Vertragsabschluss vereinbarten Bedingungen noch zeitgemäß seien, so Schluckebier.

Höheres Beschwerdeniveau in der Tierkranken- und Reiseversicherung

Ein bemerkenswerter Anstieg bei der Anzahl der Beschwerden gab es in der Tierkrankenversicherung. Hier habe sich die Anzahl der Beschwerden seit dem Jahr 2020 nahezu vervierfacht. In der Reiseversicherung mache sich die Reisewelle im Nachklang der Corona-Pandemie bemerkbar.

Die Erfolgsquote der Schlichtungsanträge bei Unternehmensbeschwerden lag in der Lebensversicherung bei 35%, in anderen Sparten insgesamt bei 50,8%. Damit ist die Erfolgsquote in Vergleich zum Vorjahr leicht angestiegen. Insgesamt dauerten die Verfahren der zulässigen Beschwerden von der Zeit des Beschwerdeeingangs bis zur Resolution im Schnitt 2,4 Monate. (js)

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