Der Versicherungsombudsmann, Dr. h. c. Wilhelm Schluckebier, hat im Rahmen seines Tätigkeitsberichts 2021 Rechenschaft über seine Schlichtungsarbeit abgelegt und aktuelle Zahlen präsentiert.
Leichter Anstieg bei Anträgen insgesamt, mehr Beschwerden über Versicherungsvermittler
Demnach ist die Zahl der eingegangenen Anträge im Vergleich zum Tätigkeitsbericht im Vorjahr leicht nach oben gegangen und beträgt insgesamt 18.344. Davon richteten sich 677 gegen Versicherungsvermittler, 560 davon wurden als zulässig beendet, 36 befanden sich zum Jahresende 2021 noch in Bearbeitung. Im Vorjahresbericht hatte die Anzahl der Beschwerden, die sich gegen Versicherungsvermittler und -berater gerichtet hatten, insgesamt noch bei 298 gelegen.
Bewegung gab es auch in der Rangliste der Versicherungssparten, auf die sich die Beschwerden bezogen: Spitzenreiter ist diesmal die Lebensversicherung mit insgesamt 3.963 eingegangenen Anträgen vor der Rechtsschutzversicherung (3.566) und der Gebäudeversicherung (2.285).
Im Tätigkeitsbericht 2020 war die Gebäudeversicherung noch abgeschlagen hinter Lebens-, Rechtsschutz-, Kfz-Haftpflicht und -Kaskoversicherung sowie der zusammengefassten Rubrik „Sonstige Versicherungen“ gelandet.
Gebäudeversicherungen: Assekuradeur mit konfliktbehafteter Umdeckung
Den starken Antragsanstieg bei den Gebäudeversicherungen führt der Ombudsmann laut seinem aktuellen Tätigkeitsbericht auf eine „konfliktbehaftete Umdeckung“ von Verträgen zu Sachversicherungsverträgen durch einen Assekuradeur“ zurück, die hauptsächlich aus der Wohngebäude- aber auch aus der Hausratsparte stammten. Es kam dem Ombudsmann zufolge zu hunderten von Beschwerden, da von Versicherungsnehmern Beiträge zu zwei Verträgen, nämlich jeweils dem alten und dem neuen, gefordert wurden. Im Schlichtungsverfahren habe sich nicht endgültig klären lassen, ob die Altverträge wirksam gekündigt worden waren. Wie dem aktuellen Tätigkeitsbericht zu entnehmen ist, habe sich der Assekuradeur auf der einen Seite als Makler von den Versicherungsnehmern zur Umdeckung bevollmächtigen lassen, daneben habe aber der alte wie auch der neue Versicherer die Verwaltung der Verträge inklusive Policierung, Beitragsinkasso und Schadenregulierung auf den Assekuradeur ausgelagert und ihn seinerseits mit umfangreichen Vollmachten ausgestattet. Trotz intensiver Bemühungen sei es nicht gelungen, so der Ombudsmann, zwischen den heftig zerstrittenen Parteien Vorversicherer und Assekuradeur eine Regelung zu vereinbaren, die den unverschuldet in diese Streitsituation geratenen Versicherungskunden unproblematisch eine Entscheidung für das künftige Versicherungsverhältnis ermöglicht hätte.
Die Lebensversicherung und das „ewige Widerrufsrecht“
In der aktuellen Beschwerden-Spitzenreitersparte Lebensversicherungen rührt die große Anzahl an Antragseingängen laut Ombudsmann von der als „ewiges Widerrufsrecht“ bekannte Thematik her: Die Vertragserklärung soll nach Jahren, teils auch nach weit über einem Jahrzehnt und teils zu bereits längst gekündigten Verträgen widerrufen werden, weil ein Mangel in der Widerrufsbelehrung des Vertragspartners vorgelegen haben soll. Laut dem aktuellen Tätigkeitsbericht des Versicherungsombudsmanns wurden derartige Schlichtungsanträge fast ausschließlich durch auf diese Thematik spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien und in dreistelliger Größenordnung eingereicht.
Über die Schlichtungsstelle
Auf der Grundlage unterschiedlicher Verfahrensordnungen werden beim Versicherungsombudsmann e. V. zwei Arten von Beschwerdeverfahren geführt: Für die Beschwerden, die sich gegen Versicherungsunternehmen richten (Verfahrensordnung des Versicherungsombudsmanns, VomVO) ist die Schlichtungsstelle seit Oktober 2001 zuständig. Für Beschwerden über Versicherungsvermittler und -berater (Verfahrensordnung für Beschwerden im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen, VermVO) seit Mai 2007.
Neuer Geschäftsführer ab Februar 2022
Mit Wirkung zum 01.02.2022 übergibt Dr. Horst Hiort die Führung der Geschäfte des Versicherungsombudsmann e. V. an Constantin Graf von Rex. Über 18 Jahre arbeitete Hiort in seiner Funktion als Geschäftsführer des Versicherungsombudsmann e. V. mit drei Ombudsmännern, Prof. Wolfgang Römer, Prof. Dr. Günter Hirsch und aktuell Dr. h. c. Wilhelm Schluckebier, Richter des Bundesverfassungsgerichts a. D., zusammen. (ad)
Bild: Dr. Wilhelm Schluckebier, Constantin Graf von Rex LL. M., und Dr. Horst Hiort (v. l. n. r.) © Dietmar Gust
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