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25. Februar 2025
Offener Immobilienfonds: Gericht kippt Risiko-Einstufung
Offener Immobilienfonds: Gericht kippt Risiko-Einstufung

Offener Immobilienfonds: Gericht kippt Risiko-Einstufung

Verbraucherschützer klagten gegen die niedrige Risikoklassifizierung des „UniImmo: Wohnen ZBI“ – nun gibt ihnen das LG Nürnberg-Fürth recht. Die ZBI darf den bisherigen Risikoindikator nicht weiterverwenden. Das Gericht hat aber eine Berufung zugelassen.

Verbraucherschützer hatten im vergangenen Jahr gegen die aus ihrer Sicht zu niedrige Risikoklassifizierung des „UniImmo: Wohnen ZBI“ geklagt. Die ZBI Fondsmanagement GmbH, ein Unternehmen der Union Investment Gruppe, hatte für den offenen Immobilienfonds in ihren Anlegerinformationen einen Risikoindikator von 3 oder niedriger angegeben. Bereits im November gab es hierzu ein Versäumnisurteil. Nun hat das Landgericht Nürnberg-Fürth (LG) bestätigt, dass die ZBI es künftig zu unterlassen hat, den bisherigen Risikoindikator zu verwenden. Aus Sicht der Klägerin, der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. wäre ein Risikoindikator 6 angemessen.

Gericht bestätigt Zweifel an niedrigem Risikoindikator

„Das Landgericht Nürnberg-Fürth ist der Rechtsauffassung von ZBI, wonach die börsentägliche Errechnung eines Rückgabepreises ausreichend sei, um eine niedrigere Risikoeinschätzung vorzunehmen, entschieden entgegengetreten. Aus Sicht des Gerichts ist für eine mindestens monatliche Preisfestsetzung die Bestimmung des sogenannten Nettoinventarwertes, das heißt eine Bewertung aller Vermögensgegenstände des Fonds, erforderlich. Eine Bewertung der Immobilien wird bei offenen Immobilienfonds aber regelmäßig nur alle drei Monate vorgenommen“, erläutert TILP-Anwalt Christian Palme. Das Gericht bestätige damit die Rechtsauffassung von TILP.

Schadenersatzansprüche aus Anlageberatung?

Das LG Nürnberg-Fürth hat zwar nicht über Schadenersatzansprüche entschieden, dennoch stärkt das Urteil die Position der Anleger. „Das Risiko ist ein entscheidendes Kriterium für die Anlageentscheidung. Daher muss der Anleger im Rahmen einer ordnungsgemäßen Anlageberatung auch über die bestehenden Risiken genau aufgeklärt werden. Werden die Risiken verharmlost, können den Anlegern Schadenersatzansprüche entstanden sein“, so Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser, der bereits geschädigte Anleger des UniImmo Wohnen ZBI vertritt.

Berufung zugelassen

Stefan Loipfinger, Analyst des grauen Kapitalmarkts, bezeichnet das Urteil als eine Lawinengefahr im Bereich der offenen Immobilienfonds. Auf investmentcheck.de schreibt er unter anderem: „Offene Immobilienfonds sind kein risikoloses Produkt. Die über Jahre vorgetäuschte Sicherheit ist nur durch eine fragwürdige Auslegung der PRIIP-Verordnung möglich. Das Risiko von fremdkapitalfinanzierten Immobilieninvestments ist keinesfalls niedrig.“ Deutlich werde dies insbesondere immer dann, wenn die Wahrheit über die Immobilienwerte durch Verkäufe auf den Tisch kommt, so Loipfinger.

Das Urteil des LG Nürnberg-Fürth ist noch nicht rechtskräftig. Innerhalb eines Monats kann Berufung eingelegt werden. Auf investmentcheck.de wird ein Sprecher von Union Investment zitiert: „Wir können die Entscheidung des Gerichts nicht nachvollziehen, weil wir überzeugt sind, die Risikoklassifizierung des ‚UniImmo: Wohnen ZBI‘ entsprechend den Vorgaben der PRIIPs-Verordnung und der durch die Aufsicht bislang akzeptierten Praxis vorgenommen zu haben. Wir werden zunächst die Entscheidungsgründe analysieren und anschließend Berufung beim Oberlandesgericht Nürnberg einlegen.“ (bh)

LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 21.02.2025 – Az: 4 HK O 5879/24