„Wir sagen klar nein zu der Pflichtversicherung als alleiniges Mittel.“ Das sind die Worte von Dr. Norbert Rollinger, Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV), während der GDV-Jahresmedienkonferenz am vergangenen Donnerstag.
Den Pressetermin nahm der GDV erneut zum Anlass, um zu verdeutlichen, dass der Branchenverband – anders als die Länder – kein Befürworter einer Versicherungspflicht gegen Elementarschäden ist. Die Diskussion um genau diese war in den letzten Wochen aufgrund der jüngsten Hochwasser in Nord- und Mitteldeutschland um den Jahreswechsel herum wieder entfacht.
Schadenausmaß der jüngsten Überschwemmungen „kleiner als befürchtet“
Das Schadenausmaß des jüngsten Ereignisses sei „kleiner als befürchtet“, so der GDV. 200 Mio. Euro versicherte Schäden haben die Überschwemmungen angerichtet. Davon entfallen rund 180 Mio. Euro auf Elementarschäden an Gebäuden, der Rest geht an die Sachversicherung wie Kfz und Hausrat. Personenschäden seien glücklicherweise nicht zu verzeichnen gewesen.
Dass die Summen relativ niedrig sind, liegt – neben der vergleichsweise geringen Elementarschadendeckung im am schlimmsten betroffenen Niedersachsen – auch daran, dass die Deiche dieses Mal gehalten haben. Ob das auch beim nächsten Mal wieder so sein werde, sei angesichts ihres Zustands jedoch alles andere als sicher, so GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.
Bei Schäden von über 30 Mrd. Euro soll Staat einspringen
Künftig könnten mit dem fortschreitenden Klimawandel weitaus höhere Schäden auf die Branche zukommen, warnt Rollinger. Dabei würde man über kurz oder lang an die Grenzen präventiver Versicherungskapazitäten stoßen. Der Branchenverband sprach sich daher für eine öffentlich-private Partnerschaft bei Naturkatastrophen aus. „Unser Vorschlag lautet, dass wir Versicherer die Schäden einer Naturkatastrophe bis zu einer Grenze von 30 Mrd. Euro tragen und danach der Staat einspringt.“
Rollinger nennt Frankreich, Belgien und Großbritannien als Beispiele für Länder, die eine solche Partnerschaft bereits abgeschlossen haben. Eine solche würde „bezahlbaren Versicherungsschutz langfristig möglich machen“, argumentiert er.
Die Summe von 30 Mrd. Euro kommt aus der Modellierung eines 200-jährigen Elementarereignisses in Deutschland, teilt der GDV auf AssCompact-Anfrage mit. Zum Vergleich: Die bisher teuerste Naturkatastrophe für deutsche Versicherer war Sturmflut „Bernd“ im Jahr 2021, die den Unternehmen mit knapp 9 Mrd. Euro zu Buche schlug.
Opt-out-Lösung bei Elementarschutz erhöht Bestand
Des Weiteren betonte der Branchenverband, dass das „Nein“ zur Versicherungspflicht nicht bedeute, dass eine möglichst flächendeckende Elementardeckung nicht wichtig sei. Diese möchte der Branchenverband mit einem sogenannten Opt-out erreichen. Dabei müssen Immobilienbesitzer den Elementarschutz aktiv abwählen. Bei der R+V Versicherung, wo Rollinger Vorstandsvorsitzender ist, könne man so im Neugeschäft Quoten von Verträgen mit Elementardeckung von etwa 80% erzielen und damit den Bestand jedes Jahr etwas nach oben schrauben.
Als weitere Elemente des vom GDV vorgeschlagenen Gesamtkonzepts nennt Rollinger klimaangepasstes Bauen und Sanieren, eine verpflichtende Klimagefährdungsbeachtung bei Baugenehmigungen, Flächenentsiegelung sowie ein bundesweites Naturgefahrenportal und einen Baustopp in Hochwassergebieten. (js)
Bild: © Thorsten Schier – stock.adobe.com
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