Hohe Hürden für Versicherer, was die Begründung angeht – typische Stolperfallen
Häufiger Streitpunkt, hier liegen auch die typischen „Stolperfallen“, an denen die Wirksamkeit scheitern kann, sind die formellen Anforderungen an die Nachprüfungsentscheidung. An die (schriftliche) Begründung stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen. Denn sie soll dem Versicherten die für die Einschätzung seines Prozessrisikos erforderlichen Informationen geben und muss nachvollziehbar sein. Eine formell ordnungsgemäße Nachprüfungsentscheidung ist Voraussetzung dafür, dass die Leistungspflicht des Versicherers endet (bzw. enden kann).
Gerade die (behauptete) Gesundheitsverbesserung ist in der Praxis fordernd: Zu einer nach der Rechtsprechung erforderlichen Vergleichsbetrachtung (Zustand bei Eintritt des Versicherungsfalls, Zustand nun) gehören auch die aus medizinischen Erkenntnissen gezogenen berufsbezogenen Schlussfolgerungen. Eine Bezugnahme auf ein eingeholtes Gutachten kann ausreichen, wenn dies hinreichend transparent erfolgt und das Gutachten für sich genommen schlüssig ist.
Im Licht des Transparenzgebotes kann eine Begründung allerdings auch zu umfangreich geraten und auch eine mangelhafte Gestaltung kann im Einzelfall zu Unwirksamkeit führen. So hatte das Landgericht Waldshut-Tiengen eine formelle Unwirksamkeit damit begründet, dass die Mitteilung mit über acht Seiten, noch dazu in kleiner Schrift und engem Zeilenabstand, viel zu umfangreich und damit unzumutbar geraten war, auch da sie jedwede Gliederung vermissen ließ. Hier besteht also aus Sicht der Versicherer tatsächlich das sprichwörtliche „Spannungsfeld“, die Entscheidung einerseits nachvollziehbar und in den wesentlichen Aspekten zu begründen, aber den Versicherten zugleich nicht mit zu umfangreichen Ausführungen zu überfordern. Wenn die Ausführungen in der Erstprüfung eher knapp waren, muss der Versicherer zumeist die Begründung in der Nachprüfung ausführlicher gestalten. Formelle Mängel kann der Versicherer in der Regel „heilen“, dann aber nur für die Zukunft.
Schonfrist
Je nach Bedingungswerk beginnt die durch die Leistungsentscheidung begründete Leistungsfreiheit nicht vor Ablauf eines Monats, bei neueren Verträgen nicht vor Ablauf des dritten Monats nach der Erklärung des Versicherers. Maßgeblich für den Fristbeginn ist der Zugang der Nachprüfungsentscheidung, den der Versicherer nach allgemeinen Grundsätzen zu beweisen hat.
Fazit: Bedingungswerk kennen
Welche konkreten Rechte und Pflichten im Rahmen einer Nachprüfung bestehen, wie sich der Versicherte konkret verhalten sollte, worauf der Versicherer seinerseits insbesondere bei der Begründung achten muss, ist im Lichte umfangreicher Rechtsprechung eine nicht nur komplexe, sondern auch sehr spannende Fragestellung. Unabdingbar ist hierbei stets, das maßgebliche Bedingungswerk zu kennen.
Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 05/2024 und in unserem ePaper.
Bild: © Simon Coste – stock.adobe.com