Versicherungsnehmer müssen keine Verwaltungsrechtsexperten sein
Einige Versicherer argumentieren zudem damit, dass viele staatliche Maßnahmen mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage oder wegen eines fehlerhaften Gesetzgebungsprozesses rechtswidrig gewesen sein sollen. Zutreffend hat dagegen der BGH entschieden, dass es für die Frage der Leistungspflicht des Versicherer nicht auf die Rechtmäßigkeit der behördlichen Maßnahme ankommt (Urteil vom 18.01.2023 – Az. IV ZR 465/21). Jedenfalls dann nicht, wenn die Versicherungsbedingungen die Rechtmäßigkeit nicht ausdrücklich voraussetzen. Das ist richtig, weil der (durchschnittliche) Versicherungsnehmer mangels Vorkenntnissen im Bereich des öffentlichen Rechts in der Regel nicht erkennen kann, ob eine behördliche Schließungsverfügung rechtmäßig ist oder nicht. Selbst wenn Versicherungsbedingungen ausnahmsweise die Rechtmäßigkeit der Schließungsanordnungen voraussetzen, zeigen die jüngsten Entscheidungen des BVerwG, dass der Staat im IfSG nicht nur eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der Corona-Verfügungen hatte, sondern auch einen weiten Handlungsspielraum bei der Ausgestaltung der Schutzmaßnahmen – einschließlich der Schließung von Betrieben.
BGH weist auch Amtshaftungsgesichtspunkte vom Tisch
Teilweise verweigern Betriebsschließungsversicherer ihre Leistungen außerdem mit einer Klausel in den Versicherungsbedingungen, die eine Beschränkung des Anspruchs der Versicherten insoweit vorsieht, als der Versicherungsnehmer Schadenersatz gegen den Staat aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Entschädigungsanspruchs beanspruchen kann. Solche Entschädigungsansprüche setzten grundsätzlich voraus, dass der Staat rechtswidrig handelt. Die jüngsten Urteile des BVerwG zeigen, dass die Corona-Verordnungen der Bundesländer mit Blick auf die Maßnahmen gegenüber Gastronomen und Hoteliers größtenteils rechtmäßig sein dürften. Auch lehnte bereits Anfang 2022 der für Amtshaftungsansprüche zuständige BGH einen Entschädigungsanspruch eines Betriebes gegen den Staat ab, der wegen einer Allgemeinverfügung im ersten Lockdown 2020 schließen musste (Urteil vom 17.03.2022 – Az. III ZR 79/21). Ist die Verordnung, die der Betriebsschließung zugrunde liegt, rechtmäßig, scheide ein Anspruch gegen den Staat unter Amtshaftungsgesichtspunkten aus, so der BGH.
Ungeachtet dessen ist die Verweigerung der Versicherer bereits aus versicherungsrechtlichen Gründen unhaltbar. Dem (durchschnittlichen) Versicherungsnehmer kann nicht zugemutet werden, ein gegebenenfalls langwieriges verwaltungsgerichtliches Verfahren durchzuführen, um erst anschließend Leistungen gegen den Versicherer geltend machen zu können.
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