Zur Orientierung, wie hoch eine Mieterhöhung ausfallen darf, kann unter anderem auf einen einfachen Mietspiegel zurückgegriffen werden. Ob ein Gericht in so einem Fall zusätzlich noch ein Sachverständigengutachten zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete einholen darf, musste nun der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden. Die Bundesrichter klärten in ihrer Urteilsbegründung auch, für welchen Zeitpunkt die ortsübliche Vergleichsmiete bestimmt werden muss.
Miete soll steigen
Bei den Beklagten handelt es sich um die Mieter einer 80 m² großen Vierzimmerwohnung in Berlin. Mit Schreiben vom 20.07.2017 forderte die Vermieterin die Mieter auf, einer Erhöhung der Nettokaltmiete ab dem 01.10.2017 zuzustimmen. Die Miete sollte von 588 Euro auf 655 Euro steigen und somit nach Mieterhöhung ungefähr 8,10 Euro pro Quadratmeter betragen. Für das Mieterhöhungsverlangen bezog sich die Vermieterin auf den Berliner Mietspiegel von 2017.
Mieter stimmen der Mieterhöhung nicht zu
Die Einordnung der Wohnung nach Alter, Wohnlage, Ausstattung und Wohnfläche ergab eine mögliche Nettokaltmietenspanne von 5,52 bis 9,20 Euro pro Quadratmeter. Obwohl die erhöhte Miete immer noch von der Spanne umfasst gewesen wäre, stimmten die Mieter der Mieterhöhung nicht zu. Die Vermieterin wollte die Mieterhöhung jedoch weiterhin durchsetzen und zog vor Gericht.
Prozessverlauf
Das Amtsgericht hatte die Klage erstinstanzlich abgewiesen. Anhand der „Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung“ für den Berliner Mietspiegel 2017 gelangte es zu dem Ergebnis, die ortsübliche Vergleichsmiete liege unterhalb der bereits entrichteten Nettokaltmiete. Gegen diese Entscheidung legte die Vermieterin Berufung ein. Im Berufungsverfahren holte das Landgericht Berlin ein zusätzliches Sachverständigengutachten über die ortsübliche Vergleichsmiete ein und entschied zugunsten der Vermieterin. Dagegen wiederum zogen die Mieter im Revisionsverfahren vor den BGH.
Gericht darf Gutachten einholen
Gegen die Einholung eines zusätzlichen Sachverständigengutachtens hatte der BGH nichts einzuwenden. Ein Gutachten einzuholen sei auch dann zulässig, wenn ein Mietspiegel inklusive Mietspannenangabe und Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung der Wohnung vorliege.
Stichtag ist der Tag der Zustellung
Das Berufungsgericht habe aber den maßgeblichen Stichtag für die ortsübliche Vergleichsmiete rechtsfehlerhaft bestimmt. Das Gericht hat in seiner Urteilsbegründung auf den 01.10.2017 abgestellt – den Zeitpunkt, ab dem die erhöhte Miete gegebenenfalls fällig wäre. Der Stichtag wäre nach Überzeugung der Bundesrichter aber der Tag der Zustellung des Mieterhöhungsverlangens gewesen (20.07.2017). Dementsprechend wird das Verfahren an das Landgericht zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. (tku)
BGH, Urteil vom 28.04.2021 – VIII ZR 22/20
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