Die „Zukunft der privaten Krankenversicherung“ hat die zweite Ausgabe der gleichnamigen Deloitte-Studie untersucht. Sie wirft einen Blick auf den Status quo der Branche, aber auch auf Markttrends und Zukunftspotenziale. Insgesamt zeigt sich, dass private Krankenversicherer sich weiter vom reinen „Kostenerstatter“ zum kundenorientierten Gesundheitspartner transformieren. Jedoch leiden sie laut Studie unter regulatorischen Vorgaben, niedrigen Nutzerzahlen und schwacher Datenqualität.
Eher Kostenerstatter als Gesundheitspartner?
„Viele der Befragten fühlen sich von ihren Kundinnen und Kunden nach wie vor als „Kostenerstatter“ wahrgenommen. Diese vertrauen in Gesundheitsfragen auf Ärztinnen und Ärzte und binden ihren Krankenversicherer erst spät in den Prozess ein“, sagt Stefanie Kampmann, Partnerin und Sektor-Leiterin Insurance Consulting bei Deloitte. „Um sich erfolgreich als Gesundheitspartner zu positionieren, müssen Krankenversicherer frühzeitig das Vertrauen ihrer Kundinnen und Kunden gewinnen. Präventive Serviceangebote können ein Weg sein, langfristige Bindungen aufzubauen und nicht erst im Moment des Leistungsfalls in Erscheinung zu treten.“ Gesundheitsservices werden laut Versicherern bisher wenig genutzt, wenn sie auch als wichtig erachtet werden. Die Annahme variiere allerdings je nach Krankenversicherer.
Zufriedenheit bei Geschäftsentwicklung, Zurückhaltung bei Pflege
84% der Versicherer sind mit der Geschäftsentwicklung in der Krankenvollversicherung zufrieden. Bei der Pflegezusatzversicherung geben allerdings 79% der befragten Unternehmen an, mit den Entwicklungen unzufrieden zu sein. Als Gründe werden schlechte Absatzzahlen, hohe Beitragsanpassungen und unsichere politische Rahmenbedingungen genannt.
Potenzial von Krankenzusatzprodukten
Als Wachstumsfeld werden gemäß den Ergebnissen von 90% der Befragten Krankenzusatzprodukte angesehen. Auch betriebliche Produkte liegen demnach im Potenzialfeld. In den letzten Jahren haben 47% der Unternehmen neue Produkte in der betrieblichen Krankenversicherung gestartet.
Zwei gesellschaftliche Entwicklungen im Fokus der Versicherer
Insgesamt werden laut der Befragung zwei gesellschaftliche Entwicklungen besonders in den Blick genommen, da sie immer relevanter werden: die wachsende Nachhaltigkeitsorientierung und der Fachkräftemangel. Bei Ersterem geht es um den Umweltaspekt von Kapitalanlagen und Prozessen und auch die soziale Komponente der Produkte. Beim zweiten Thema sorgen sich 94%, dass die Suche nach qualifizierten Arbeitskräften in den kommenden Jahren zur Herausforderung wird.
Digitalisierung läuft weiter
Nicht nur, aber auch wegen des Fachkräftemangels spielt die Digitalisierung von Prozessen, IT und Kundenschnittstellen weiterhin eine große Rolle. Vor allem im Leistungsmanagement gebe es digitales Optimierungspotenzial. Die Dunkelverarbeitung soll demnach bei den Krankenversicherern in den nächsten fünf Jahren stark ansteigen, und zwar auf Zielquoten zwischen 60 und 80%.
Hürden bei Verbesserung der digitalen Services
Bei rund 80% der Unternehmen ist außerdem geplant, „Predictive Analytics“ einzusetzen, um auf Basis von Leistungsdaten die Services zu verbessern. Größte Herausforderung dabei: Die Datenverfügbarkeit und -qualität. Denn Bestandsgrößen und Datenmengen einzelner Krankenversicherer sind häufig zu klein, um valide Prognosen zu machen. Dazu kommen regulatorische Vorgaben, z. B. BaFin-Auflagen oder Datenschutzbestimmungen. Gefragt seien hier kundenfreundliche und systematische Ansätze, so Kampmann.
Über die Studie
Die Deloitte-Studie „Zukunft der PKV“ wird zusammen mit dem Institut für Versicherungswissenschaft an der Universität zu Köln (IVK) und der Wiesbaden Business School durchgeführt. Zwischen Mai und August 2022 wurden Entscheidungsträgerinnen und -träger 19 privater Versicherungsunternehmen zu ihrer Positionierung im Geschäftsumfeld befragt. Die Studienteilnehmer repräsentieren 66% der Bruttoprämien des deutschen PKV-Marktes. (lg)
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