In Anbetracht des 2020 erneut gesunkenen Zinsniveaus und der hohen Unsicherheit der weiteren Kapitalmarktentwicklung empfiehlt die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) dem Bundesfinanzministerium, den Höchstrechnungszins für Neuverträge in der Lebensversicherung zum 01.01.2022 auf 0,25% zu senken. Seit 2017 liegt der Wert bei 0,9%. Die Aktuare hatten sich bereits für 2021 für eine Senkung ausgesprochen. Empfohlen hatten sie eine Zinshöhe von 0,5%. Das Bundesfinanzminister hat sich aber nicht rechtzeitig für eine Änderung entschieden, so dass es beim alten Wert geblieben ist. Gleichzeitig hatte sich die BaFin aber dahingehend geäußert, dass der Höchstrechnungszins keine Verpflichtung sei und Lebensversicherer bei der Kundenbeteiligung mit Augenmaß vorgehen sollten.
An der Form der Zinsfestlegung rüttelt der DAV nicht. „Der Höchstrechnungszins ist unverändert ein wichtiges Instrument zur Sicherstellung der dauernden Erfüllbarkeit der handelsrechtlichen Zinsverpflichtungen. Für die Unternehmen und ihre Verantwortlichen Aktuare ist diese politische Vorgabe die entscheidende Richtschnur für die unternehmensspezifische Festlegung des jeweiligen Garantie- und Rechnungszinses“, erläutert der DAV-Vorstandsvorsitzende Dr. Guido Bader die Notwendigkeit eines vom Bundesfinanzministerium festgelegten Höchstrechnungszinses.
Absenkung von Beitragserhaltungsgarantien
Die DAV plädiert zudem dafür, zusammen mit der Absenkung des Höchstrechnungszinses auch den vollständigen Beitragserhalt bei der Riester-Rente sowie der Beitragszusage mit Mindestleistung in der betrieblichen Altersversorgung (BZML) zu reformieren und die Garantien abzusenken. „Denn Produkte mit einer 100-Prozent-Beitragsgarantie sind in der heutigen Negativzinswelt aktuariell nicht mehr sinnvoll. Sie verengen die Spielräume für eine Kapitalanlage im Sinne der Versicherten“, so Dr. Bader weiter. Außerhalb der rechtlich vorgegebenen Garantien in der bAV und bei Riester haben einige Versicherer, darunter die Allianz, bereits angekündigt, im neuen Jahr Produkte mit sogenannten zeitgemäßen Garantien anzubieten. Auch von anderen Versicherern weiß man schon, dass sie 2021 mit derartigen Altersvorsorgeprodukte auf den Markt gehen werden.
Frühzeitige Entscheidung gefordert
Der DAV drückt auch deshalb auf‘s Gas, weil die Versicherer für die Realisierung einer Reform Vorlaufzeit benötigen. Nach Ansicht der Aktuare sollten die politischen Entscheidungsträger unbedingt bereits im Laufe des ersten Quartals 2021 eine Entscheidung treffen, damit eine geordnete Umsetzung zum Jahreswechsel 2021/2022 erfolgen kann. „Denn diese tief greifenden Veränderungen erfordern eine Neukalkulation der gesamten Produktpalette. In der Vergangenheit haben die Unternehmen allein für die Umstellung des Höchstrechnungszinses je nach Größe und Produktbreite 1.000 bis 5.000 Personentage investieren müssen“, erklärt dazu Dr. Bader. (bh)
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